Großer Bahnhof im südlichen Brasilien: als vor nicht langer Zeit der GREAT BRAZIL EXPRESS seine Eröffnungsfahrt absolvierte, war jede der bedienten Städte im wahrsten Sinne des Wortes „aus dem Häuschen“ und hatte vom Bürgermeister bis zur Ministerin, von der Volkstanzgruppe über Blasorchester und Karnevalsgruppen bis zum Kirchenchor alles aufgeboten, um den ersten Fahrgästen dieses Luxuszuges wie wahre VIPs zu empfangen
hier in den kleinen Städten ist der Tourist noch König und ehrlich und ungekünstelt zeigen die Nachkommen der europäischen Auswanderer aus Deutschland, den Niederlanden, Polen, Russland, der Ukraine und Italien, dass die Traditionen gepflegt werden.
Nichts tat Freude noch Gastfreundschaft Abbruch, auch nicht die Verspätung des Zuges. Was sind schon einige Stunden im Vergleich zu den 20 Jahren, in denen hier kein Personenschienenverkehr mehr existiert? Nun ist Zeit für Brasilianer nicht unbedingt eine Marginalie und auch der GREAT BRAZIL EXPRESS ob seiner Größe und Geschwindigkeit eher ein „Expessinho“, so, wie Brasilianer ihn wohl verniedlichend, aber keinesfalls gering schätzend nennen würden.
Hier ist denn auch der mit jeglichem Luxus ausgestattete Weg Teil des zu den vielen interessanten Eindrücken der Strecke führenden Ziels dieser Reise. Was zählt ist das überall zu fühlende Herzblut, das drei erwachsenen Männer und Eisenbahn-Enthusiasten mit der Entwicklung und Realisierung Ihres „Spielzeugs“ vergossen haben.
Rund zwei Millionen brasilianische Real (etwa 700.000 €) investierten der Brasilianer Adonai Aires de Arruda, Thierry Nicholas aus Belgien und Thomas Glenndahl aus Schweden in die Konstruktion von zwei Waggons mit jeweils 22 Plätzen. Einer der bekanntesten brasilianischen Designer, Paulo Peruzzo, wurde mit der Ausstattung beauftragt und schuf mit minutiös gestalteten Sesseln und Tischen, Lampen, Öfen und Gardinen ein koloniales Ambiente. Die Namen der Pullmann-Wagen „Foz (do Iguaçu)“ und „Copacabana“ erinnern an die weltbekannten Postkartenmotive Brasiliens und schaffen gleichzeitig eine Verbindung zu den Orten, an denen eine Reise mit dem GREAT BRAZIL EXPRESS beginnen oder enden könnte.
Freilich wird es noch dauern, bis diese Vision der Erfinder dieses ersten südamerikanischen Luxuszuges Wirklichkeit wird. Erst eine aufwendige Renovierung der wenigen überhaupt existierenden und seit Jahren oder gar Jahrzehnten brach liegen Schienentrassen wird zu einer nachhaltigen Wiederbelebung des Personenbahnverkehrs führen. Heute beginnt oder endet die Eisenbahn-Reise noch im als zur lebenswertesten Stadt Brasiliens gekürten Curitiba.
Staatliches Engagement war bis zur Initiative der europäisch-brasilianischen Entrepreneure, die bereits rund 500 km wieder befahrbar machten, Fehlanzeige, und so führt die Fahrt mit dem GREAT BRAZIL EXPRESS am anderen Ende der Reise derzeit (nur) bis zum rund zweieinhalb Autostunden von Foz do Iguaçu entfernten Städtchen Cascavel.
Dazwischen kümmert sich die freundliche Crew um den Gast all-inklusive. Sämtliche Getränke und die Verköstigung im Zug sind genau so Bestandteil der sieben- bis zehntägigen Reisepakete wie die Unterkunft in ausgesuchten Hotels, leckere Mahlzeiten mit regional typischer Küche, den Transfers zwischen den Zugfahrten und begleiteten Exkursionen im Luxusbus. Manch einen Wunsch liest das Personal darüber hinaus von den Augen ab, und hier darf der Eisenbahn-Freak den Zug auch schon mal auf offener Strecke für ein paar gelungene Schnappschüsse hin- und herfahren lassen. Schließlich wissen Thierry und Adonai als eingefleischte „Eisenbahner“, was ihren Kunden Freude bereitet.
Während Monsieur Nicholas als Präsident der Transnico International Group auch auf Kuba einen Touristenzug erfolgreich entwickelt und nebenbei ein Archiv von über 100.000 Eisenbahnfotos aus mehr als 140 Ländern geschaffen hat, verwaltet Senhor Aires de Arruda seit elf Jahren den als „Serra-Verde-Express“ bekannten Zug auf der über 100 Jahre alten und nunmehr in das Produkt GREAT BRAZIL EXPRESS integrierten Strecke von Curitiba über Morretes nach Paranaguá an der brasilianische Küste
Bei über 90% zufriedenen Gästen scheint er mit der nach den Wasserfällen von Iguaçu zweit meist besuchten Attraktion in Paraná auf die richtige Spur gesetzt zu haben, wäre er sonst wohl bei erstgenannten „den Bach herunter gegangen“.
Und so warten die Bürger der Kleinstädte von Paraná geduldig auf die neuen Ankömmlinge, die in allem Komfort den Luxus der Langsamkeit genießen, während „die drei von der brasilianischen Eisenbahn“ bereits ihr drittes Projekt auf die Schiene heben. Seit dem Frühjahr fährt nun auch ein Touristenzug ab Campo Grande ins Pantanal, einem der weltweit größten Binnenland-Feuchtgebiete und UNESCO-Weltnaturerbe.
Reisepakete mit dem GREAT BRAZIL EXPRESS sind zu buchen bei Gateway Brazil, Arbachtalstraße 6, 72800 Eningen, Telefon 07121 / 69 62 34, Fax 69 62 33, Web: www.gateway-brazil.de. Weitere Informationen zu den Zügen www.greatbrazilexpress.com, www.serraverdeexpress.com.br, www.pantanalexpress.com, www.transnico.com
Sightseeing mit dem GREAT BRAZIL EXPRESS
Curitiba: Botanischer Garten und í“pera do Arame in eleganten Glas-Stahl-Konstruktionen, Museu Oscar Niemeyer, Parque Tangüá
Morretes: interessante Zugfahrt von Curitiba durch 14 Tunnel, über 30 Brücken und viele Viadukte zum Atlantischen Regenwald; gut erhaltene Altstadt
Antonina: verträumtes Städtchen mit hübschen Kolonialhäusern an der Uferpromenade der Bahia do Paranaguá
Vila Velha: bizarre, von Wind und Wetter wie gigantische Skulpturen geformte Felsenlandschaft
Tibagi: mit 32 km sechstlängster Canyon der Welt im Staatspark von Guartelá; Farmaufenthalte auf der Fazienda Itaytyba
Castro/Castrolanda: gepflegte Altstadt und prosperierende holländische „Kolonie“ mit einer der weltgrößten Mühlen
Irati: großartige Waldlandschaften mit schönen Wasserfällen; schmackhafte Küche mit polnisch-ukrainischem Einfluss
Guarapuava: farbenprächtige Kathedrale; 196 m hohe Kaskade im Parque Ambiental São Francisco da Esperança
Cascavel: Zugfahrt von Guarapuava durch landschaftlich reizvolles Gebiet; große Kathedrale mit beeindruckender Jungfrauenstatue
Foz do Iguaçu/Itaipu: 275, bis zu 90 m hohe Wasserfälle auf einer Breite von 2,7 km; größtes Wasserkraftwerk der Welt mit gigantischem Staudamm
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