Leipzig, Deutschland (Weltexpress). Seit 20 Jahren lebt der griechische Komponist Aristides Strongylis in Leipzig. Der 45-Jährige hat in Athen und Leipzig Musik studiert. Nach der Uraufführung „Engel der Hoffnung“ zum 275. Geburtstag des Gewandhausorchesters 2018 steht jetzt die nächste Uraufführung bevor. Dabei handelt es sich um ein Chorstück für den Leipziger Synagogalchor für Solostimme, Chor und Orgel. Der Titel „Adonai! Kyrie! Lord! Herr!“ bedeutet die Anrufung Gottes auf Hebräisch, Griechisch, Englisch und Deutsch. Uraufführung ist am 10. November, 18 Uhr, in der Thomaskirche, anlässlich des ökomenischen Gedenkgottesdienstes zum Novemberpogrom.
Der Musiker aus Leidenschaft arbeitet streng nach Plan. „Ich bin Frühaufsteher, weil ich schnell zu meinem Tagwerk kommen will, das muss alles geplant und vorbereitet sein, sonst schafft man das Pensum nicht.“ Jeder Baustein brauche Zuwendung. Den Urlaub verbringt er zu Hause in Griechenland bei seiner Familie, die verstreut lebt. „Aber in den Schulferien arbeite ich, dann habe ich keinen Unterricht und kann in Ruhe komponieren.“ Als Freiberufler heißt es, die Zeit zu nutzen, wann immer es geht.
Im Auftrag des MDR wirkt er an einem Beethoven-Experiment mit. Das ist ein bundesweites Projekt der ARD zu Beethovens 250. Geburtstag. „Es liegt mir sehr am Herzen, weil Jugendliche gemeinsam mit mir ein Musikstück entwickeln“, sagt der 45-Jährige. „In Workshops versuche ich, Schüler der 9a des Gymnasiums in Bischofswerda dahin zu bringen, ein Stück zu kreieren. Sie lernen das, was sie auf ihren eigenen Instrumenten spielen, auswendig. Ich nehme das auf und arbeite bei mir zu Hause weiter daran, indem ich die Musik der Schüler für Orchester umschreibe.“ Am 26. Januar 2020 wird das Stück vom MDR-Sinfonieorchester in einem Konzert im Gewandhaus uraufgeführt.
Aber Strongylis will nicht nur komponieren, sondern auch dirigieren. Deshalb hat er die Leitung des Kammerorchesters musica viva übernommen. „Es geht darum, selbst Musik zu machen, ein Orchester von innen heraus kennen zu lernen, mit einzelnen Instrumentalisten zu arbeiten, das Dirigieren zu üben.“ An der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig, an der Strongylis Komposition studierte, hat er zudem einen Lehrauftrag in der Abteilung Musikpädagogik. Dort unterrichtet er angehende Musiklehrer in Tonsatz und lässt auch Kompositionspädagogik einfließen.
In Leipzig fühle er sich der Komponist sehr wohl, „ich habe hier viele tolle warmherzige Menschen kennen gelernt.“ Und die Stadt biete alles, was ein Komponist braucht, Konzertsaal, Oper, Orchester und Chöre. „Ich bin bemüht, mich voll und ganz zu integrieren. Dabei hilft das Medium Musik. Schon immer wollte ich der Musik dienen.“ Und es hilft die Sprache, schon in Athen habe er mit seinem jüngeren Bruder privat deutsch gelernt. Und Griechenland? „Den griechischen Chip habe ich im Herzen und im Kopf“, sagt Aristides Strongylis, der seit 2018 neben dem griechischen auch den deutschen Pass hat. Die deutsche Staatsbürgerschaft habe er beantragt, „damit ich in Deutschland wählen kann. Wählen ist für Griechen sehr wichtig.“ Sonst fühle er sich wie amputiert.
Im Herbst 2020 gibt es bereits eine weitere Uraufführung, dann in Koblenz. Von der Rheinischen Philharmonie Koblenz bekam Strongylis den Auftrag für ein Orchesterwerk, an dem er gerade arbeitet. Uraufführung wird am 18. Oktober 2020 sein.