1. FC Union Berlin schlägt Borussia Dortmund – Wille triumphiert über Qualität

Bundesliga - die Ossis kommen © Foto: Hans-Peter Becker, Aufnahme: Berlin, 28.5.2019

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wieder was für die Vereinshistorie: der letzte Tag des Monats August im Jahre Fußballgottes 2019 brachte den ersten Sieg für die Eisernen in der Bundesliga. Ein Erfolg mit dem wohl nur die Kühnsten unter den Optimisten gerechnet hatten. Der Teilnehmer an der Champions-League und Meisterschaftsaspirant Borussia Dortmund bot in der „Alten Försterei“ insgesamt eine jämmerliche Vorstellung. Der grundlegende Eindruck des Spiels: der unbedingte Wille des Außenseiters schlug die Qualität des selbsternannten Meisterschaftskandidaten. Die Gäste aus Westfalen hatten mehr vom Spiel, praktizierten aber mit zunehmender Spieldauer immer brotloser werdende Fußballkunst. Es war ein Mysterium, wie sich die Dortmunder förmlich die Butter von dem spielerisch limitierten Aufsteiger vom Brot nehmen ließen.

Es schien alles normal zu werden, als Paco Alcacer in der 25. Minute zum 1:1 ausgleichen konnte. Wenige Minuten zuvor, in der 23. Minute, hatte Marius Bülter die Eisernen mit einem gekonnten Schuss, mit dem Innenrist in Führung gebracht. Es war das Premierentor für den 1. FC Union Berlin in der Bundesliga. Eine einstudierte Eckballvariante, der Ball wurde flach hereingebracht, bereits in Augsburg ausprobiert, führte dieses Mal zum Erfolg.

Bülter schnürte in diesem Spiel sogar einen Doppelpack. Er brachte mit einem Schuss aus dem Hinterhalt die Eisernen erneut in Führung. Da waren 50. Minuten gespielt und die Hausherren führten zum zweiten Mal an diesem Samstagabend. Roman Bürki hatte den ersten Schuss von Sebastian Andersson noch abwehren können. Bülter ahnte, wo der Ball zurückkommen könnte. War das erste Tor mit viel Matchglück verbunden, den Eckball hätte es nicht geben dürfen, so war dem zweiten Tor einer der wenigen Abwehrfehler der Dortmunder vorausgegangen.

Konnten die Dortmunder Borussen nach dem ersten Rückstand recht schnell zu antworten, so agierten sie jetzt viel zu durchsichtig. Bis zur Strafraumgrenze wirkte das Kombinationsspiel recht gefällig, richtige Torgefahr entstand jedoch nicht. Mit großer Laufbereitschaft und dem eingangs erwähnten unbedingtem Willen stemmten sich die Roten den Schwarz-Gelben entgegen. Die Spielminuten vergingen und der Glaube, was Zählbares zu erlangen, wuchs auf Seiten der Berliner. Das Publikum im Stadion half wie gewohnt mit.

War es Überheblichkeit, Unvermögen kann es bei dieser individuellen Qualität nicht gewesen sein, es wirkte immer harmloser, was die Borussen versuchten.

Eine der wenigen gelungenen Kombinationen brachte den Unionern Treffer Nummer drei. Ausgangspunkt war wieder ein Eckball. Sebastian Andersson vollendete, was Sheraldo Becker vorbereitete. Sowohl die analoge als auch die digitale Anzeigetafel zeigten den unglaublichen Zwischenstand von 3:1 für den Aufsteiger an. Und das war auch der Endstand.

Union-Trainer Urs Fischer war zu einigen Umstellungen gezwungen, ließ gegen den Ball mit einem 4-4-2 agieren, bei Ballbesitz (Union hatte davon allerdings lediglich 26%) war es wieder das gewohnte 4-2-3-1. In der Innenverteidigung spielte Marvin Friedrich für den gesperrten Keven Schlotterbeck, wobei Neven Subotic mehr auf die linke Seite rückte. Für Christian Gentner spielte Manuel Schmiedebach zusammen mit Robert Andrich auf der Doppelsechs. Andrich bot im Spiel mit 12,86 km die größte Laufleistung.

Wie in Augsburg begannen Marius Bülter und Sheraldo Becker auf den Außenbahnen im Mittelfeld, zentral spielte Anthony Ujah und Sebastian Andersson agierte als Sturmspitze. Bis auf Subotic, Bülter, Ujah, Becker und Andrich waren alle Positionen mit Aufstiegshelden besetzt.

Marius Bülter – Doppelpack gegen Borussia Dortmund © Foto: Hans-Peter Becker

Zum Held des Tages wurde der doppelte Torschütze Marius Bülter. Er verdiente sich Bestnoten. In der Saison 2017/18 spielte er noch für den SV Rödinghausen in der Regionalliga West und war erst vor wenigen Wochen mit dem 1. FC Magdeburg nach der Niederlage beim 1. FC Union Berlin aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Und jetzt schießt er im Doppelpack die ersten Bundesligatore für seinen neuen Verein in der Alten Försterei, ein Fußballmärchen. Wird Bülter bald ein Fußballgott?

Ein unerwartetes Ergebnis, die erste Sensation der Saison ist perfekt. Dortmund war zu schwach und die Eisernen wuchsen über sich hinaus. In Köpenick wurde gefeiert und die letzten Reserven von der letztjährigen Silvesterknallerei aufgebraucht.

Nebenbei bemerkt: Im stadtinternen Duell haben die Unioner jetzt die Nase vorn und drei Punkte Vorsprung vor dem Rivalen aus dem Westend. Der Vorsprung hat Bestand für die nächsten zwei Wochen. Weiter geht es am 14. September erneut mit einem Heimspiel, der Gegner heißt dann Werder Bremen.

Spieldaten:

1. FC Union Berlin: Gikiewicz – Trimmel, Friedrich, Subotic, Lenz – Becker, Andrich, Schmiedebach (62. Gentner), Bülter (76. Mees) – Andersson, Ujah (80. Kroos)

Borussia Dortmund: Bürki – Piszczek, Akanji, Hummels, Hakimi – Weigl (76. Guerreiro), Delaney (46. Dahoud) – Sancho, Reus, Brandt (86. Bruun-Larsen) – Alcácer

Zuschauer: 22.012

Tore: 1:0 Bülter (22.), 1:1 Alcacér (25.), 2:1 Bülter (50.), 3:1 Andersson (75.)

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