Berlin, Deutschland (Weltexpress). Vielleicht spielte ein bisschen Galgenhumor mit, als die Union-Fans nach dem Spiel gegen Rasenballsport Leipzig ihre Mannschaft mit lauten Gesängen verabschiedeten. Die Niederlage mit 0:4 beim langersehnten Einstieg in die Bundesliga muss erst einmal verkraftet werden. Doch Kopf hoch Unioner! Im Keller fängt man an, ein Haus zu bauen.
Immerhin sorgten die Eisernen mit ihrem Kampfgeist mindestens für ein Jahr für großen Fußball in der „Alten Försterei“. Auf der einen Seite der Kiez-Klub aus Köpenick und auf der anderen das vom Brausekönig Dietrich Mateschitz hochgepäppelte RB Leipzig. Da wurden unterschiedliche wirtschaftliche und sportliche Verhältnisse sichtbar. Aber ist es nicht für die gebeutelten Fans im Osten wunderbar, dass sie nun für zwei Mannschaften in der Bundesliga die Daumen drücken können. Wo wäre der einst so stolze Leipziger Fußball ohne RB? In Liga vier!
Die Roten Bullen führten zudem einen Fußball vor, wie ihn die Fans in der „Alten Försterei“ lange nicht gesehen hatten. Als Motor des Leipziger Spiels kristallisierte sich Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer heraus. Im Dauerregen blühte der österreichische Nationalspieler auf, gab zu dreien der vier Toren die Vorlagen und trug mit seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0 zur deutlichen Torausbeute für die Sachsen bei.
Den Grund für die ausgiebige Torbeteiligung sieht der 25-Jährige beim neuen RB-Trainer Julian Nagelsmann: „Der Trainer gibt mit jetzt viele Freiheiten. Das tut mir gut, wie man durch meine Anteile an vier Toren gesehen hat.“ Nagelsmann geht es bei den Leipzigern auf den Platz oft zu ruhig zu, deshalb schob er Sabitzer den Marschallstab in den Tornister. Sabitzer soll eine Art Häuptling spielen, um die Indianer beim Sturm aufs gegnerische Tor anzufeuern.
„Ich werde versuchen, die Aufgabe zu erfüllen“, sagt der Profi. Hinter dem Berg hält der „Ösi“ mit seiner Meinung auch gegenüber den Trainern ohnehin nicht. So forderte er schon zu Ralf Rangnicks-Zeiten: „Wir haben ausreichend Talente. Wir brauchen aber auch einmal zwei gestandene Profis.“ Marcel denkt da wohl an Bayern München und Borussia Dortmund, wenn er gesteht: „Wo die sind, wollen wir hin.“
Sabitzer schienen schon immer im Mittelfeld Flügel zu wachsen seit er vor vier Jahren zu den damals noch zweitklassigen Leipzigern gestoßen war. In der Wuhlheide trugen ihn diese auf Wolke sieben. Nach großen Spielen in der österreichischen Nationalmannschaft und in Leipzig wählten ihn die Experten 2017 zum österreichischen „Fußballer des Jahres“. Er löste damit Münchens Bayern-Kicker David Alaba ab.
Die vorige Saison beurteilt der in Wels (Oberösterreich) geborene Profi trotz Champions-League-Qualifikation und DFB-Pokalfinale für sich nur als durchschnittlich. „Nach meiner Schulterverletzung fiel es mir schwer, wieder den richtigen Rhythmus zu finden.“ Doch wie in der „Alten Försterei“ zu beobachten war, spielt er jetzt wieder groß auf. Marcel Sabitzer wird für Rasenballsport Leipzig immer wertvoller.
Auch privat herrscht eitel Sonnenschein, denn Lebenspartnerin Katja Kühne brachte die gemeinsame Tochter Mary-Lou (drei Monate) zur Welt.
Bei Union Berlin wurde Trainer Nagelsmann auch noch einmal zu der klaren 1:4-Niederlage gegen Zürich in der Vorbereitung-Phase angesprochen. Darauf hatte Sabitzer den Journalisten schon vorher Antwort gegeben: „Im vorigen Jahr verloren wir gegen Huddersfield Town 0:3 und haben danach eine Supersaison gespielt.“ Zumindest fing auch diese Punktspiel-Saison für die Leipziger erst einmal mit einem klaren Sieg an.