Zuvor mußte aber das Massageöl bestimmt werden. Sehr angenehm, daß Venice uns in den Entscheidungsprozeß so einbezog. Sie erkennt ja auf Grund der Haut schnell, welche Aromazusammensetzung des Öls angebrachter ist als eine andere. Gleichzeitig muß aber der, der damit massiert wird, sich auch wohlfühlen, denn der Duft begleitet ihn auch nach der Massage noch den ganzen Tag. Lemon Gras und Rosenduft? Oder Lavendel und Sweet Orange? Ja, Kaffee haben auch manche. Wir nahmen Paschuli mit Zimt, Pfeffer war wohl auch dabei und während uns der Zimtgeruch beeindruckte, den wir noch lange an uns wahrnahmen, rochen andere das Paschuli heraus, das der bestimmende Geruch der flower-power- Bewegung der Siebziger Jahre war. Das erzählten uns immer diejenigen als ihre Jugendgeschichten, die auch nach Indien zu ihren Gurus reisten oder ihre indischen leichten Baumwollkleider und Tücher von dort mitbrachten, die nach Paschuli dufteten – oder stanken, wie manche meinten. Paschuli steht stellvertretend für Indien, uns ist es als ein wesentlicher Grundstoff bei der Parfümherstellung bekannter.
Und nach dem Einölen des Körpers in Rückenlage nun die heißen Steine. Meist vulkanischen Ursprungs, große ovale Kieselsteine, die durch die Aberjahrtausende an ihnen im Flußbett vorbeirauschendem Wasser glatt geschliffen sind und schon alleine von der Form etwas Handschmeichlerisches haben. Das kennen Sie sicher selber, das man die gerne aus dem Wasser holt, weil sie gut in der liegen, beim Trocknen allerdings ihre schöne glänzende und bunte Oberfläche einbüßen und stumpf werden. Die Steine brodeln in einem großen Topf, der die Temperatur der Steine konstant auf rund 60 Grad hält. Aus diesem Topf werden sie herausgenommen und wieder zum neu Erwärmen hineingelegt. Denn, und das ist der große Unterschied zu den an unserem Körper bisher erfahrenen Verfahren, diese Warmesteinemassage beginnt von der ersten Minute an mit der Massage durch die Steine. Nichts mit Drauf- oder Drunterlegen oder sonstwas. Venice hat in jeder Hand einen sehr großen ovalen Stein und mit dem fährt sie nun synchron am linken Bein hoch, fragt fürsorglich, ob es nicht zu heiß sei, was nicht ist. Dann beginnt ein Steinestreichen, das ganz schwer zu beschreiben ist. Denn manchmal weiß man gar nicht, ist das jetzt ein Stein oder der Handballen, denn Steine bedeuten nicht, daß die Masseuse auf ihre Handfertigkeiten verzichtet, glaubt sie, an einer Stelle nun mit der Hand weiterzukommen, dann tut sie das.
Aus dem synchronen Verlauf mit zwei Steinen in zwei Händen, geht sie zwischendurch zu einem einzigen Stein über, wobei mit der freien Hand die Massage manuell unterstützt wird. Was genau passiert, ist nicht zu beschreiben, denn wie bei jeder guten Massage macht man automatisch die Augen zu. Dazwischen wird nachgeölt, denn die Haut saugt auch unter dem Druck der warmen Steine, die längst ölig schimmern, das Paschuli-Zimt-Gemisch rasch auf. Mindestens fünfzehn Steine hat Venice insgesamt benutzt, denn für die Feinarbeit nimmt sie kleinere Steine. Die großen also für das weit über den Körper den Muskelsträngen entlang Streichen und die kleinen für gezielte Muskelmassage. Und die ganz kleinen kommen zwischen die Zehen. Von Beginn an, wurde der Fuß bei den Steinbewegungen miteinbezogen. Erst umrundet sie ihn, bis dann mit einem Schwung der Stein seine Bahn über den Körper nimmt. Das wiederholt sich auch bei den Händen und Armen. Aber bei den Füßen werden zusätzlich kleinere Steine zwischen die Zehen gesteckt. Bei mir passen drei, aber es gäbe Menschen, bei deren Zehen sie vier Steine unterbringt. Die bleiben übrigens sehr lange dort stecken.
Erstaunlich dann auch die Nacken- und Gesichtsbehandlung. Letztere findet nur ganz dezent statt, da liegen ganz kleine Steine auf der Stirn und überhaupt ist das etwas ganz Wesentliches, daß Venice, wenn sie mit den einzelnen Seiten fertig ist, dann heiße Steine auf bestimmten Körperstellen lange liegen läßt. Das fällt noch mehr auf, wenn man auf dem Bauch liegt. Heruntergefallen ist keiner der Steine, weil man tatsächlich der angenehmen Prozedur hingegeben, nur noch als reiner Körper daliegt, ohne eigenen Willen. Mit einem Wort, wir fanden diese Massage und so, wie sie Venice uns angedeihen ließ, große Klasse.
Und dennoch haben wir uns noch lange danach mit den Steinen und den Händen, die sie führen, beschäftigt.
Wir waren nämlich trotz der angenehmen Gefühle durch die heißen Steine, die ja als Effekt die Muskelstränge erwärmen und durch den Druck gleichzeitig diese lockern und auseinanderziehen, jedesmal auf eine andere Art froh, wenn Venice mit der Hand nacharbeitete. Am Nacken, Gesicht und Haar sowieso, aber eigentlich grundsätzlich. Wir sprachen aber mit zweien, einer Frau und einem Mann, für die diese Warmesteinetherapie so bedeutend ist, daß sie für ihre Körper sich keine andere mehr wünschen. Das ist nicht nur ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich die Menschen in ihren Bedürfnissen sind, auf die die Vielzahl der Massagen dann Antworten geben, sondern legt noch einen anderen Hintergrund offen, den wir schon angesprochen hatten, als wir über das wechselseitige Verhältnis und den Energieaustausch von Masseur und Klient sprachen. Hier geht es um ein Spezifikum, das mehr Menschen betrifft, als man glaubt. Manche mögen sich nicht gerne anfassen lassen von anderen. Das kennen wir alle, wenn so Körperplumpe beim Mit uns Reden uns dauernd anfassen, obwohl wir sie kaum kennen, was auch wir durch Zurücktreten oder die verbale Bitte, das sein zu lassen erwidern.
Aber im Gegensatz dazu ist uns die Berührung durch die Hand der Therapeutin, das Reiben und Zerren, das Streichen und Kreisen, das Kneten und Walken der Haut und Muskeln gerade der Grund, warum wir die Handmassage mögen und sie anstreben, weil das Resultat eine auf jeden Fall äußere, und wenn’s gut geht auch innere Entspannung ist. Es ist also allen denjenigen, die genau das nicht mögen, denen die direkte Berührung durch einen anderen, ihnen ja unbekannten Menschen, nicht angenehm und zu intim ist, zu raten, eine Hot Stone Massage auszuprobieren, wo der Effekt der Arbeit mit der Muskulatur über die Steine verläuft. Im Ritz-Carlton, wenn Sie hier sind, und sonst anderswo.
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Mit freundlicher Unterstützung der TUI mit Direktflug der Air Berlin von Düsseldorf nach Montego Bay. Auf dem Weg vom so wunderschönen Half Moon am weißen Strand, auch nach unserer Wertung einer der schönsten Hotelanlagen der Welt, zu einer völlig anderen Naturschönheit, den schwarzen Klippen von Negril und dem in ihnen allerliebst eingelassenen Tensing Pen, wo kleine Steinhäuser mitten im grünen Dschungel mit weitem Blick übers Meer, das man durch Treppenstufen auch direkt erreicht, erneut einen sehr individuellen Aufenthalt möglich machen; auf dem Weg dorthin also machten wir in Rose Hall in der Nähe der Montego Bay im Ritz-Carlton Halt, um uns das dortige sehr aufwendige SPA anzuschauen und durch einer Behandlung auszuprobieren.
Genereller Dank gilt dem Tourismusverband von Jamaika, insbesondere Donald Sewell.