Mainz, Deutschland (Weltexpress). Alles neu. Ganz schön blau. Die Weltpremiere des E-Citaro von Daimler geriet zur Schau. Viel Glanz in alten Hallen in einem Industriegebiet in Mainz, Bassgedröhne aus Musikboxen, allerlei Redner, die an Souffleusen hängen wie die Scheinwerfer von der Decke, und ein Mann zwischen blauen Blitzen. Dann ist es soweit: ein neuer E-Citaro wird beinahe geräuschlos und vor Ort offensichtlich ohne Emissionen vor die teilnehmenden Beobachter, die zuvor auf den aufgebauten Tribünen ihre Plätze einnahmen, gefahren. Schlussakkord. Applaus.
Ulrich Bastert, Gustav Tuschen, Till Oberwörder und Martin Daum wussten Minuten zuvor auf der Weltpremiere für den vollelektrischen Stadtbus Mercedes-Benz E-Citaro Verlautbarendes vorzutragen. Weltpremiere? Wenigstens vor Journalisten, die zu Dutzenden und geladen wie eine Batterie kamen und sahen, was im Wesentlichen auf der IAA Nutzfahrzeuge im September 2018 in Hannover an den Mann gebracht werden soll:
Batterietechnik und Brennstoffzelle
Noch scheint niemand Genaueres zu wissen und so hält sich auch die Daimler AG an die Devise des Sowohl-als-auch. Der E-Citaro soll sowohl mit Batterietechnik als auch mit Brennstoffzelle auf die Straßen der Städte gebracht werden, um Busse mit Verbrennungsmotoren zu verdrängen. Ende des Jahres soll er in Mannheim in Serie vom Band laufen, um dann im Schnitt rund 150 Kilometer fahren zu können, wie ein stinknormaler Bus, ohne aufgeladen werden zu müssen.
Die Techniker sollen das Thermomanagement in den Griff bekommen und den am meisten verkauften Stadtbus mit einem soliden E versehen haben. Der Antrieb läuft über altbekannt, allerdings „optimierte Elektroportalachse ZF AVE 130 mit Elektromotoren an den Radnaben. Die Spitzenleistung der Motoren belaufe sich laut Hersteller auf 2 x 125 kW, das Drehmoment auf 2 x 485 Nm. Vom Start und also der Haltestelle weg stünde die Kraft für „eine angemessene Dynamik, selbst bei voller Besetzung“ des Busses zur Verfügung. Das dürften ÖVPN-Kunden, die nie Könige waren, gerne hören. Lithium-Ionen-Batterien mit einer Gesamtkapazität von bis zu 243 kWh übernehmen für den Stromer die Versorgung. Sie seien modular aufgebaut in maximal zehn Module mit jeweils etwa 25 kWh. Zwei Batteriemodulen wurden auf dem Dach hinter einer mehrteiligen Dachranderhöhung versteckt, vier im Heck, wo sonst der Verbrennungsmotor dampfte. Richtig gerechnet, sechs Module sind die Grundausstattung und um zwei oder vier erweiterbar. Platz für mehr Module ist auf dem Dach.
Zu den Batteriemodul heißt es in einer Pressemitteilung vom 10.7.2018, dass sie „sich aus 15 Zellmodulen sowie einer Steuereinheit zur Überwachung und Ladungsausgleich der Batteriezellen“ zusammensetzen würden und weiter: „Die einzelnen Zellmodule beherbergen jeweils zwölf Batteriezellen. Mercedes-Benz verwendet leicht zu verarbeitende prismatische Zellen mit einer Kapazität von jeweils 37 Ah.“ Damit könnten die Betreiber, die privaten oder staatlichen beziehungsweise öffentlichen Verkehrsbetriebe „ihre Einsatz- und Ladestrategie exakt dem individuellen Bedarf anpassen“. Beim Berechnen des Bedarfes würde der Daimler behilflich sein.
Diese Dienstleistung dürfte für die Daimler AG am Ende genau so wertvoll sein wie der E-Citaro, der ohne E-Mobility-System scheinbar schlecht einzusetzen ist. In der Daimler-Pressemitteilung klingt das wie folgerndermaßen: Dieses E-Mobility-System „begleitet Verkehrsbetriebe von der gründlichen Beratung über die Unterstützung durch ein intelligentes Lademanagement und die Schulung der Mitarbeiter bis zum Service mit spezifischen Dienstleistungen.“ Beides, das E-Mobility-System und der E-Citaro mit dem Stern würden „somit den Weg für die Umstellung auf Elektromobilität mit Omnibussen in Städten und Ballungsgebieten“
Nebenbei bemerkt ist der Bus mit sechs Modulen leichter und billiger, aber mit mehr Modulen lässt es sich weiter fahren und mehr Menschen mitnehmen. Das alles will bedacht sein und berechnet werden, damit es nicht wie in dem Lied „Computerliebe“ heißt:
„Die Module spielen verrückt“
Dabei hilft der Daimler. Die Verantwortlichen erklären auch, dass mit ihrer Technik 30 Prozent aller Einsätze ohne Zwischenladung erledigt werden könnten. Ansonsten wird darauf verwiesen, „dass sich die Batterietechnik sehr schnell entwickelt“, wie Busspartenboss Till Oberwörder erzählte, der aufgrund von „Verbesserungen der derzeit genutzten Lithium-Ionen-Technologie … einen Sprung auf 50 Prozent“ erwarte. Mit Feststoff-Batterien würde der E-Citaro dann 70 Prozent schaffen, schwärmt er und weiß doch, dass die Reichweite das A und O ist, weswegen der Daimler-Bus per Dachstromabnehmer aufgeladen werden könne.
„In der Stufe 1“ sei „ein fahrzeugfester Stromabnehmer auf dem Dach, in der Stufe 2“ seien es „Ladeschienen auf dem Dach für eine Aufladung mittels ortsfestem Stromabnehmer einer Ladestation. Der Montageraum befindet sich jeweils in Höhe der Vorderachse.“
Batterie- und Ladetechnik
sollen helfen, das Reichweiten-Problem zu lösen, denn die das Stromschöpfen durch Rekuperation dürfte nicht ganz reichen. Bei der elektrischen Energiegewinnen werden übrigens die beiden eingangs erwähnten radnabennahen Elektromotoren der Antriebsachse beim Bremsen als Generatoren arbeiten und die kinetische Energie des Fahrzeugs in Strom umwandeln. Wunderbar.
Anmerkung:
Mehr dazu und vor allem zum Thermomanagement in einem weiteren Beitrag zum E-Citaro demnächst im WELTEXPRESS. Die Recherche wurde von der Daimler AG unterstützt.