Als die deutsche Nationalmannschaft zum Länderspiel gegen Brasilien im Frankfurter Stadion antrat, stand ein Ergebnis schon fest: Es gab einen neuen Zuschauerrekord für den Frauen-Fußball in Europa: 44.825 verkaufte Tickets. Damit ist der bisherige Rekord von 29.092 Tickets, der beim Spiel England gegen Finnland im Jahr 2005 aufgestellt wurde, weit überboten. Allein 3,66 Millionen Fernsehzuschauer sahen das Spiel im öffentlichen Fernsehkanal ZDF. "Eine tolle Bestmarke für den Frauenfußball, die vor zehn oder gar zwanzig Jahren noch undenkbar gewesen wäre, als die Sportart hierzulande meist noch milde belächelt wurde," erklärte der für den Bereich des Ticketing zuständige Organisationsbeauftragte des DFB, Willi Behr, auf der FIFA Pressekonferenz am Tag des Länderspieles. 28.112 Zuschauer waren es beim UEFA Womens Cup Finale Rückspiel in der MSV Arena zwischen FCR 2001 Duisburg gegen FC Zvezda 2005 Perm, welches vom TV Sender Eurosport live übertragen wurde.
Mädchenboom beim DFB
Die Euphorie begann spätestens im Jahr 2003, als die Wahl-Frankfurterin Nia Künzer mit ihrem Golden Goal das 1:0 im WM-Finale gegen Schweden Deutschland zum ersten Weltmeistertitel köpfte. Diesen sensationellen Erfolg konnten die Frauen 2007 wiederholen, als gegen Brasilien der zweite WM-Titel in Serie gefeiert werden durfte. Diese Erfolge haben sich in den letzten Jahren bis auf die Basis positiv ausgewirkt. 2008 durchbrachen die Frauen und Mädchen erstmals die Millionengrenze in der Mitgliederstatistik des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Derzeit sind im DFB 1.022.824 weibliche Mitglieder registriert, wobei es besonders bei den Mädchen starke Zuwachsraten gibt. Waren im Jahr 2000 noch 209.000 Mädchen (in 3450 Mannschaften) registriert, so wurden im letzten Jahr bereits 319.000 Mädchen (in 7526 Mannschaften) gezählt. "In einer Zeit, in der oft über nachlassendes Interesse von Kindern an sportlichen und anderen gesellschaftlichen Angeboten beklagt wird, sind die gestiegenen Zahlen umso erstaunlicher. Ganz besonders freuen mich die beachtlichen Zahlen bei den Mädchen", so DFB-Präsident Theo Zwanziger, der als großer Unterstützer des Frauenfußballs gilt.wann und wo?
SG Bornheim als Förderer des Frauenfußballs
Auch in Frankfurt ist Fußball bei den Schülerinnen weiter auf Wachstumskurs. In zehn Vereinen mit insgesamt 22 Mannschaften wird hier mittlerweile Mädchenfußball angeboten. Jedes Jahr kommen Mannschaften hinzu, wobei Mädchen zudem mittlerweile bis zur B-Jugend auch bei ihren männlichen Kollegen mitspielen dürfen. Eine Vorreiterrolle im Frankfurter Frauenfußball hat unter anderem die SG Bornheim. 1994 ging dort erstmals eine reine Mädchenmannschaft an den Start. Mittlerweile hat der Verein knapp 100 aktive Schülerinnen, die sich auf alle Altersstufen von der U8 bis zur U16 verteilen. "Früher mussten wir in den Frankfurter Schulen noch um jedes neue weibliche Mitglied kämpfen. In den letzten Jahren haben wir dagegen einen automatischen Zulauf an fußballbegeisterten Mädchen zu verzeichnen", freut sich Christoph Schaaff, der bei den Bornheimern die Frauen- und Mädchenfußballabteilung leitet.
Mädchen fordern Jungen heraus
Auf professioneller Ebene ist am Main natürlich der 1. FFC Frankfurt das Maß aller Dinge. Mit sieben deutschen Meisterschaften, sieben Pokalsiegen und drei internationalen Titeln ist der 1. FFC der erfolgreichste Verein im deutschen Frauenfußball. Auch der Nachwuchs spielt beim 1. FFC eine maßgebliche Rolle. Dort dürfen sich die Mädchen sogar mit den gleichaltrigen Jungen im direkten Duell messen. "Um ein höheres Leistungsniveau zu erreichen, spielen unsere Mädchenmannschaften von der U10 bis zur U14 in den Punktrunden der Jungen im Hochtaunuskreis mit. Sie haben dadurch die Möglichkeit, sich die athletische und körperrobuste Spielweise der Jungs anzueignen und entwickeln so eine wesentliche höhere Spielschnelligkeit", berichtet Frankfurts Sportkoordinator Ronny Boretti.
Fußball-Camps für Mädchen
Aber auch beim 1. FFC steht nicht nur die Spitzensportförderung auf dem Programm. Der Verein bietet jedes Jahr in den Ferien acht Mädchenfußballkurse an. Zudem kooperiert er mit der Aktion "Girls Wanted", die von seiner ehemaligen Spielerin Louise Hansen veranstaltet wird. Die ehemalige dänische Nationalspielerin organisiert seit 2006 in der Rhein-Main-Region Fußball-Camps und Turniere für Mädchen. Im vergangenen Jahr kamen rund 900 Schülerinnen in Kontakt mit dem Lederball. Als besonders Highlight werden die Camps regelmäßig von Spielerinnen des 1. FFC besucht, die dem Nachwuchs das fußballerische Einmaleins beibringen wollen. "Ich finde es klasse, was es heute alles für tolle Fußball-Angebote für Mädchen gibt. Dies war zu meiner Zeit noch undenkbar", sagt die dreimalige Weltfußballerin Birgit Prinz (31), die auch bereits bei "Girls Wanted" mit am Ball war.
Neuer Boom durch WM 2011 erwartet
Viele Experten erwarten, dass der Boom im Mädchen- und Frauenfußball jetzt erst richtig anfängt. Denn 2011 findet die Frauen-Fußball-WM in Deutschland statt. "Wir rechnen dann noch einmal mit einem signifikanten Anstieg der Mitgliederzahl. Die Vergangenheit mit den zwei WM-Erfolgen hat gezeigt, dass gleichzeitig mit dem gestiegenen medialen Interesse auch immer mehr Mädchen und Frauen in die Vereine strömen", berichtet Rolf Hocke, Präsident des Hessischen Fußball Verbandes. Strömen werden sicherlich auch wieder die Massen in das Frankfurter Stadion, wenn am 17. Juli 2011 dort das WM-Finale ausgetragen wird.