Mit einem Wort: Das Belvedere in Wien holt mit dieser Mucha-Ausstellung etwas nach, was andere versäumt haben. Jetzt aber nach vorne. Und da müssen wir ausgehend von diesem ersten Saal tatsächlich über seine Plakate sprechen, die gleichsam aus dem Nichts einen formvollendeten Plakatgestalter gebären, dessen Grundprinzip der florale Jugendstil wird, der in Paris als art nouveau bekannt, nichts gemein hat mit dem Wiener Jugendstil, der einem anderen Gestaltungsprinzip dieser Zeit und dieses Stils folgt, einem eher geometrischen, der so verschiedene Künstler wie Gustav Klimt, Otto Wagner, Josef Hoffmann, Joseph Maria Olbricht eint und den man Secessionsstil nennt.
Und bei Wien kann man in der Biographie von Alfons Maria Mucha auch anknüpfen. Geboren wurde er 1860 in Mähren, wurde an der Prager Akademie zur Ausbildung wegen fehlender Eignung (!) abgelehnt, weshalb er in Wien eine Schule für Bühnendekoration und einen Zeichenkurs besuchte. Dort fand er aber Gönner, die ihm in München eine künstlerische Ausbildung ermöglichten. Der Weltausstellung 1889 (Eiffelturm!) wegen zog er nach Paris, schlug sich als Illustrator durch und dort passierte Weihnachten 1894 eine Geschichte, die wie erfunden klingt, aber wohl wahr ist. Die bekannteste Schauspielerin der Welt, Sarah Bernhardt suche am Weihnachtstag ihn auf, weil alle anderen, ihr bekannten Künstler schon weihnachtlich weggetaucht waren. Sie brauchte dringend in den nächsten Tagen ein Plakat für eine Premiere. Diese war „Gismonda“ und dieses Plakat mache Alfons Mucha auf einen Schlag parisbekannt, was weltbekannt bedeutete, zumal die Bernhardt jetzt nur noch ihn als Ankündiger ihrer Kunst wählte. Schon alleine die hohe längliche Form der Plakate ist auffällig, die an den Litfaßsäulen nicht zu übersehen war.
Oben auf dem Plakat der Titel – so gestaltete er auch zukünftig – , darunter ihr Name, bei Gismonda in geschwungener Form. Sie hochgewachsen und schmal in edle Gewänder gehüllt, die malerisch zu Boden fallen und den Namen des Theaters ganz unten fast verdecken. Die durchaus pathetische Anlage des Ganzen, aber gemildert durch die Blumenrankmotive, ihren dekorativen Palmenzweig – für einen Ölbaum zu klein – in Erdfarben und mit prächtigem Weinlaub auf dem Haar, gibt der Figur etwas Kostbares, Auffälliges, was sich auf den anderen Plakaten, die andere Motive wählen, als Gesamteindruck wiederholt. Hier hat ein Künstler einen Stil gefunden und ihn phantasievoll abgewandelt, daß jeder die Unterschiede sieht und dennoch die gleiche Handschrift erkennt. Warum wir über diese Plakate und die dann in ’normalem Format’ zu anderen Theman nicht aufhören wollen, zu schreiben, das hat damit zu tun, daß wir tatsächlich auch nach dieser Ausstellung, die so vieles andere zeigt, meinen, daß dies seine künstlerische Hochleistung blieb, selbst noch 1911, als eine ziemlich kitschige Prinzessin Hyazinthe auf ihrem Thron lümmelt und einen rechten Männerarm hat. Sie schaut auch so, als ob sie wüßte, daß das Prinzessinnenleben jetzt vorbei sei, so wie das von Mucha, der zuvor noch in den USA groß gefeiert wurde. Aber de schwindende Einfluß in Paris führte Alfons Mucha konsequent zurück in die tschechische Heimat
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Ausstellung:
bis 1. Juni 2009
Katalog:
Alfons Mucha, hrsg. von Michel Hilaire, Agnes Husslein-Arco, Jean Louis Gaillemin und Christiane Lange, Hirmer Verlag, München 2009. Dieser Band ist ein überfälliges Kompendium geworden, verdienstvoll wie die ganze Ausstellung. Erst einmal wird über den „Mucha-Stil“ reflektiert, den man an der Linie und der Figur festmacht. Erstaunt sieht man, wie vieles, was man als präraffaelitisch zu nennen sich angewöhnt hat, bei ihm wiederauftaucht. Von daher sind seine Anfangsjahre hochinteressant, aber auch aus der Zeit seiner Erfolge kennt man zwar die Plakate, nicht aber die Hintergründe. Und völlig neu für die allermeisten ist der Bezug zur tschechischen Geschichte, Mythologie und Volkskunst und der Abdruck seiner diesbezüglichen Werke.
Reiseliteratur:
Felix Czeike, Wien, DuMont Kunstreiseführer, 2005
Baedecker Allianz Reiseführer Wien, o.J.
Lonely Planet. Wien. Deutsche Ausgabe 2007
Walter M. Weiss, Wien, DuMont Reisetaschenbuch, 2007
Marco Polo, Wien 2006
Marco Polo, Wien, Reise-Hörbuch
Tipp:
Gute Dienste leistete uns erneut das kleinen Städte-Notizbuch „Wien“ von Moleskine, das wir schon für den früheren Besuch nutzten und wo wir jetzt sofort die selbst notierten Adressen, Telefonnummern und Hinweise finden, die für uns in Wien wichtig wurden. Auch die Stadtpläne und U- und S-Bahnübersichten führen– wenn man sie benutzt – an den richtigen Ort. In der hinteren Klappe verstauen wir Kärtchen und Fahrscheine, von denen wir das letzte Mal schrieben: „ die nun nicht mehr verloren(gehen) und die wichtigsten Ereignisse hat man auch schnell aufgeschrieben, so daß das Büchelchen beides schafft: Festhalten dessen, was war und gut aufbereitete Adressen- und Übersichtsliste für den nächsten Wienaufenthalt.“ Stimmt.
Anreise:
Viele Wege führen nach Wien. Wir schafften es auf die Schnelle mit Air Berlin, haben aber auch schon gute Erfahrungen mit den Nachtzügen gemacht; auch tagsüber gibt es nun häufigere und schnellere Bahnverbindungen aus der Bundesrepublik nach Wien.
Aufenthalt:
Betten finden Sie überall, obwohl man glaubt, ganz Italien besuche derzeit Wien! Überall sind sie auf Italienisch zu hören, die meist sehr jungen und ungeheuer kulturinteressierten Wienbesucher. Wir kamen perfekt unter in zweien der drei Hiltons in Wien). Sinnvoll ist es, sich die Wien-Karte zuzulegen mitsamt dem Kuponheft, das auch noch ein kleines Übersichtsheft über die Museen und sonstige Möglichkeiten zur Besichtigung in Wien ist, die Sie dann verbilligt wahrnehmen können. Die Touristen-Information finden Sie im 1. Bezirk, Albertinaplatz/Ecke Maysedergasse.
Mit freundlicher Unterstützung von Air Berlin, dem Wien Tourismus, der Wiener Festwochen und diverser Museen und den Hilton Hotels Wien.