Paris, Frankreich, Berlin, Deutschland (Weltexpress). Das wird spannend. Welche militärischen Formationen wird der frisch im Amt befindliche französische Staatspräsident Emmanuel Macron bei der großen Militärparade auf den berühmten Champs Elysees in Paris zusammen mit seinem amerikanischen Präsidenten-Kollegen Donald Trump abnehmen? Es ist keine Parade, wie wir sie in jedem Jahr in Paris erleben. Fast schon gehörte es zum Bild, deutsche Soldaten in den Marschformationen zu finden. Wird das auch in diesem Jahr der Fall sein? Der Besuch des amerikanischen Präsidenten Trump hat einen Deutschland betreffenden Hintergrund. Beide Präsidenten wollen des Tages vor einhundert Jahren gedenken, an dem die Vereinigten Staaten von Amerika an der Seite der Entente-Mächte im Ersten Weltkrieg gegen Deutschland und Österreich-Ungarn in den Krieg gezogen sind. Es liegt an uns, eine faire Bewertung dieser Tatsache und ihrer heutigen Auswirkungen vorzunehmen.
War der amerikanische Kriegseintritt nur eine Maßnahme der Kreditsicherung?
Es war auffallend, wie die Vereinigten Staaten während des 1914 beginnenden Ersten Weltkrieges ihre Kredite auf die Entente-Staaten und die damals so genannten „Mittelmächte“ verteilt hatten. Zum Zeitpunkt des amerikanischen Kriegseintritts drohte gegenüber den Staaten der Entente ein Sieg der Mittelmächte. Kredite zu geben, das ist bekanntlich das eine, sie zu verlieren ist aber das andere. Jenseits jeder Propaganda zur Vernebelung der Hirne von Zeitgenossen hatte alles einen Hintergrund. Der war vielfältig, wie jüngste Veröffentlichungen in einer deutschen Tageszeitung zu dem heutigen Echo des damaligen Krieges deutlich machen. Es erfolgte in dieser Publikation dankenswerter Weise der Hinweis auf das zentral zu nennende Sykes-Picot-Abkommen aus dem Jahr 1916.
Zwei Repräsentanten, einer aus Frankreich und einer aus Großbritannien, hatten zu Papier gebracht, wie die Mittelmächte zu „knacken“ wären. Einmal natürlich wegen ihres osmanischen Verbündeten, andererseits aber wegen der Unterstützung weiter Teile der jüdischen Weltgemeinschaft an der Seite des Kaiserlichen Deutschland in dem Ersten Weltkrieg, der bekanntlich viele Väter hatte. Diese Sympathie für die Mittelmächte musste gerade wegen der von ihr ausgehenden faktischen Blockade einer amerikanischen Kriegsbeteiligung gegen die Mittelmächte ausgehebelt werden. Sykes-Picot hatten nicht nur, wie jüngste Veröffentlichungen insinuieren, die arabische Welt im Fokus, sondern Österreich-Ungarn und das Kaiserliche Deutschland.
Von den Sowjets geöffnete St. Petersburger Archive haben deutlich gemacht, in welcher Weise die Überlegung nach einer „jüdischen Heimstadt“ in Palästina die von beiden Verhandlungspartnern gegenüber den Mittelmächten beabsichtigte Wirkung hatten. In den USA drehte sich das Blatt der ursprünglichen Sympathie für die Mittelmächte und die USA konnten – wie gewünscht – in den Krieg eintreten. Nicht, dass die USA nicht versucht haben würden, den Krieg gegen die Mittelmächte zu vermeiden. So soll der außenpolitische Berater des amerikanischen Präsidenten Wilson, Colonel House, noch 1916 in Berlin gewesen sein, um dem Kaiser einen „Deal“ vorzuschlagen. Die Mittelmächte stellen die Kampfhandlungen gegenüber den Entente-Staaten ein und dürfen dafür ungehindert Rußland vernichten.
Vor Jahren hätte man bei diesen Fakten noch gestaunt. Dank George Friedman, ehedem Stratfor-Institut in den USA und anderer amerikanischer heutiger Stimmen, haben derartige Informationen den Stempel der Glaubwürdigkeit „auf der Stirn“. Damit kommt das Ziel amerikanischen Politik in dem Berliner Besuch von Colonel House so zum Ausdruck, wie George Friedman es heute formuliert: Deutschland hat nur eine Überlebenschance in der Zerstörung Russlands. Man muss diese Überlegungen nicht auf den heutigen militärisch-industriellen Komplex der USA reduzieren. David Fromkin hat in seinem epochalen Werk nach Ende des Kalten Krieges: “ The peace to end all peace“ die damit verbundenen Dimensionen von Sykes-Picot deutlich gemacht. Es bedurfte fast nicht mehr die von deutscher Seite während des Krieges organisierte Reise von Lenin nach St. Petersburg bei gleichzeitger Abfahrt von Leo Trotzki aus den USA mit dem gleichen Reiseziel: St. Petersburg.
Trump wühlt mit seinem Besuch in Paris die Dinge wieder auf.
Wer mit einem derartigen Ansatz heute einen Staatsbesuch in Frankreich durchführt, muss sich natürlich fragen lassen, ob er eine historische Verantwortung dann auch für das Versailles des Jahres 1919 sieht und in zwei Jahren standesgemäß feiern lassen wird. Man muss sich heute nur Amtsstuben in Ungarn ansehen, was Versailles und die sogenannten „Pariser Vorort-Verträge“ mit Wirkung bis heute verursacht haben. Der Landkarten geben Aufschluss.
Die ganze Dimension von „Versailles“ wird aus zwei Gründen besonders deutlich. Einmal wegen Christopher Clark, der über die breiten Ursachen, die zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges führten, geschrieben hat und das Diktat gegen Deutschland in Versailles umso abstruser erscheinen lässt. Wenn bis in die britischen Äußerungen zum Brexit die Furcht vor einem „Versailles“, das jetzt England treffen könnte, artikuliert wird, sagt das alles über das aus, was im „richtigen Versailles“ Wien, Budapest und Berlin ohne jede Berechtigung getroffen hatte. In der Wirkung zerplatzten Staaten, die auf vielen Gebieten weltweit vorbildlich genannt werden müssen und in dem staatlichen Verfall wurde zielgerichtet der „politische Abschaum mit Namen Hitler“ nach oben befördert, um das Vernichtungswerk zu vollenden. Hat Präsident Trump mit seinem Besuch derartige Signale, an wen auch immer, im Sinn?
Schon bei der Tätigkeit der KSZE nach der Beendigung des Kalten Krieges wurde deutlich, wie schnell diese Organisation für die europäische Sicherheit lahm gelegt wurde, als für alle Beteiligten klar wurde, in welchem Maße die europäischen Probleme von heute ihre Ursachen in den Verhängnissen des Ersten Weltkrieges hatten. Daran wollten diejenigen, die hinter „Versailles“ standen, nicht gerüttelt wissen.
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit: geht das alles heute den Bach runter?
Christopher Clark mit seinen “ Schlafwandlern“ hat vieles gerade gerückt. Anders als jene deutschen Historiker, die nicht müde werden, die Weltsicht jener über Deutschland zu verbreiten, die in angelsächsischen Zirkeln das Netzwerk gegen Wien und Berlin vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges fein gesponnen haben. Das gilt vor allen für diejenigen, die ihre Zeit zwischen 1933 und 1945 mit einer „Nebelwand“ versehen haben. Aber warum gelten heute die Errungenschaften der französischen Revolution noch nicht mal mehr für uns?
Seit Jahr und Tag enthält der Westen anderen Staaten und Gesellschaften diese elemantaren Menschenrecht vor. Stattdessen überziehen wir aus Eigensucht und um unsere „Form des Lebens“ auf dem Rücken anderer austragen zu können, die uns umgebende Welt mit Krieg. Frau Merkel muss nicht Fluchtursachen bekämpfen. Sie und die anderen NATO-Potentaten sind die personifizierten Fluchtursachen mit ihrer „Endlos-Schleife“ von Kriegen. Aber diese Kriege sind schon nicht mehr geeignet, unsere Form des Lebens aufrecht zu erhalten. Der militärisch-industrielle Komplex als die politische Ursache für unser Bündnis-Handeln richtet mit einem gewaltigen Kontrollapparat gegen uns selbst. Unsere Gesellschaften und das macht die deutsche Zustimmung zum „zwei Prozent Ziel“ der NATO deutlich, haben nur noch das Ziel, den überdimensionierten Militärapparat für den Dauerkrieg, auf dem Rücken von uns selbst am Leben zu erhalten. Sind das die Signale am 14. Juli 2017 aus Paris? Eigentlich benötigen wir sie nicht, sie bestimmen unser Leben und machen das Leben unserer Nachbarn zur Hölle.