Berlin, Deutschland (Weltexpress). In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts nach unserer Zeitrechnung begannen in der BRD viele zumeist junge Leute mit der Besetzung leerstehender Häuser. Das waren gern mal Spekulationsobjekte oder Bauten mit unklaren Besitzverhältnissen, die so vorm Abriss gerettet wurden. Es war der Beginn einer Szene, die bis kurz nach der Wende aktiv war und viele Spuren in den deutschen Städten hinterlassen hat. Alle waren links bis linksradikal und hatten vor, dem „Schweinesystem“ den dicken Daumen zu zeigen. Barbara und Kai Sichtermann, beide in der linken Szene unterwegs, haben nun ein schön gestaltetes Buch vorgelegt, dieses sich jener wilden Besetzerzeit in Fotos und persönlichen Geschichten annähert.
In munterer Manier erzählen die Protagonisten von damals, als vieles „Legal-Illegal-Scheissegal“ war. Vieles war möglich, trotzdem die Beweggründe und Utopien der Besetzer durchaus unterschiedlich waren. Bereits in der Frage: Gewalt ja oder nein, schieden sich die Geister. Insofern kann man nicht von einer einheitlichen Bewegung sprechen. Der Anspruch der Herausgeber ist zudem wohltuend undogmatisch, sie wollen etwas von den Menschen erfahren und lassen die Ideologie weitestgehend draußen. Entstanden ist ein gelungenes Portrait einer progressiven Szene junger Deutscher, die den Kapitalismus hassten und ihm ein Schnippchen schlagen wollten. Schönes Buch, ein Muss für jede gut sortierte Leserette mit dem Hang zur Bibliothek der Weltrevolution.
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Barbara Sichtermann und Kai Sichtermann, Das ist unser Haus, Eine Geschichte der Hausbesetzung, 300 Seiten, Aufbau Verlag, Berlin 2017, ISBN: 3-351-03660-7. Preis: 26,95 EUR (D)