Japanische Sumo-Ringer im Härtetest? Sonst eher bekannt als beleibte Kraftprotze, die sich in Kampfpose mit der vollen Wucht ihrer Körper gegenseitig aus dem Gleichgewicht hebeln. Ihr sportlicher Ehrgeiz kann jedoch auch darauf gerichtet sein, auf ungewohnte Weise Anerkennung zu finden. Etwa beim Bezwingen eines viel zu schmalen Tunnels, wie er erst vor wenigen Jahren fern ihrer eigenen Heimat am Rande der Jerusalemer Altstadt freigelegt wurde. Vor zweitausend Jahren allerdings eher geschaffen für wendige Davids als für massige Goliaths.
Doch die erfolgsgewohnten Sumo-Ringer sind Meister der Taktik, wie Tunnelführer Yehuda bewundernd bestätigt. Denn mit unglaublichem Geschick rubbelten sie sich unlängst bei vollem Körpereinsatz seitwärts durch die fünfhundert Meter lange Steinspalte hindurch. Dabei stets eine ihrer kompakten Schultern nach vorn gerichtet, um nur nicht ungewollt in der engen Öffnung frontal stecken zu bleiben. Und natürlich um dem demütigenden Spott zu entgehen, den sie bei einer erzwungenen Rückkehr zu ihrem Einstiegsloch über sich hätten ergehen lassen müssen. Dort am Siloateich, von wo aus sie, eskortiert durch ungläubige Blicke, kurz zuvor siegessicher aufgebrochen waren.
Dem Himmel nahe
Als sie stattdessen unterhalb des Tempelberges wie selbstverständlich der Ausstiegsöffnung entsteigen, brandet ihnen spontaner Jubel entgegen. Inspirierend für sie vor allem deshalb, weil unweit dieser Stelle normalerweise eine andere Gruppe die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es sind dies die an der historischen Klagemauer hingebungsvoll betenden Gläubigen, zumeist in auffälliges Schwarz gekleidet. Auch heute wieder in andächtig bittender Pose angeschmiegt an die mächtigen Steinquader, die hier nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer übrig blieben. Einst die Westseite des legendären Herodianischen Tempels und seit fast zweitausend Jahren Hauptheiligtum der jüdischen Gläubigen in aller Welt.
Yaakov ist einer von ihnen. Als orthodoxer Jude, so sagt er in einer kurzen Gebetspause, hat er sich hierher auf den Weg gemacht, um anlässlich des jüdischen Laubhüttenfestes vertrauensvoll dem einen Gott seine persönlichen Anliegen vorzutragen. Lange Zeit steht er noch dort, und stellt dabei seine konzentrierte Gebetshaltung immer wieder durch wippende Körperbewegungen unter Beweis. Offenbar weiß er sich an dieser Stelle dem Himmel besonders nahe. Inmitten einer heiligen Stadt, die seit Abrahams Zeiten stets als Quelle der Spiritualität geschätzt wurde. Und sich doch dabei immer wieder als Zankapfel religiöser und politischer Ansprüche erwies.
Berauschende Bergeinsamkeit
Und zum Glück auch als Ausgangspunkt für die spirituelle Erschließung des „Heiligen Landes“. Warum also nicht einfach hinein in die Wanderstiefel und bei der Suche nach dem eigenen Selbst die in der Judäischen Wüste reichlich vorhandenen Quellen der Spiritualität anzapfen? Zum Beispiel in dem geheimnisvoll verborgenen Wadi Kelt auf dem einsamen Wegestück zwischen Jerusalem und Jericho. Ein Tal voll von rauer Schönheit. Und in seiner berauschenden Bergeinsamkeit wie geschaffen für meditative Eingebungen inmitten der freien Natur.
Hierher zog es bereits die Eremiten, die sich in frühchristlicher Zeit mit ihrer tief verankerten Frömmigkeit durch niemand und nichts stören lassen wollten. Zu diesem Zweck erschienen ihnen die Felshöhlen in den rötlich schimmernden Steilabhängen des Gebirgsmassivs als besonders gut geeignet. Auch wenn sich später, gleich einem Schwalbennest in luftiger Höhe, mit dem St.-Georg-Kloster ein für eremitische Zwecke doch überraschend üppiges monastisches Zentrum hinzu gesellte.
Leichtigkeit des Seins
Geradezu lieblich dagegen die Landschaft im unteren Galiläa. Hier schlängelt sich ein Wanderweg von Nazareth, dem Heimatort der Heiligen Familie, bis hinunter nach Kapernaum, einem der ersten Wirkungsorte Jesu am See Genezareth. Es ist das erste Teilstück des „Jerusalem-Wegs“, eines spirituellen Wanderweges auf den Spuren Jesu bis hinüber an den Ort seiner letzten Wirksamkeit. Als Höhepunkt dieses eindrucksvollen Pfades erweist sich allerdings das Umfeld des Sees Genezareth. Und hier, da ist sich Wanderführer Georg Rößler ganz sicher, besonders die Strecke, die Jesus höchstpersönlich in der Zeit seines öffentlichen Auftretens wohl unzählige Male zurücklegte.
Ausgehend von Nazareth, heute überragt von der eigenwilligen Silhouette der Verkündigungskirche, über Zippori mit seinen prächtigen römischen Mosaiken bis nach Kana, dem Ort des legendären Weinwunders. Dann weiter über das heutige Kibbuz Lavi, vorbei an der Gebirgsformation der Hörner von Hittim und schließlich durch das Taubental unweit des Berges der Seligpreisungen. Bis endlich das Nordufer des Sees Genezareth erreicht ist, dessen gekräuselte blaue Oberfläche zuweilen überlagert wird von den goldenen Reflexen der Mittagssonne. Genau die Kulisse, die bei allen Anstrengungen der Wanderung hervorragend passt zu der unterwegs nahezu unbemerkt erworbenen inneren Leichtigkeit des Seins.
Kirche mit Seeblick
Beschwingt geht es nun weiter nach Magdala, jenem Ort, der nicht nur durch die Jesusjüngerin Maria Magdalena bekannt wurde. Sondern neuerdings auch durch die hier nicht vermuteten Überreste einer Synagoge aus der Zeit Jesu. Schon damals sicherlich ein spektakulärer Ort, an dem wohl auch Jesus ein und aus ging. Davon zeigt sich Johanna Siemens aus Deutschland fest überzeugt, die bei den Grabungsarbeiten von Anfang an mit dabei war. Ihr steht der Grabungserfolg noch lächelnd ins Gesicht geschrieben, füllt der Fund doch eine bislang große Lücke in der nordwestlichen Uferlinie zwischen Tiberias und Kapernaum.
Und nicht nur dies. Bot doch der überraschende Fund auch die gute Gelegenheit, gleich nebenan ein großzügig angelegtes und äußerst stilvoll ausgestattetes Pilgerzentrum zu errichten. Darunter ein Magdalena-Institut, das der bisher unterbewerteten Rolle der Frauen in jener Zeit gerecht werden will. Und, besonders überzeugend konzipiert, eine Kirche mit Seeblick. Versehen mit einem Altar in der originellen Gestalt eines Bootes, von dem aus sich besonders gut nachvollziehbar über den in den Fluten versinkenden Petrus und seine angemaßte Glaubensfestigkeit predigen lässt.
Ziel aller Träume
Entsteht an solcher Stelle nicht auch sogleich der Wunsch, es den Fischern von einst gleich zu tun und zum östlichen Seeufer überzusetzen? Wo ein Wille ist, ist meistens auch ein Weg. Und noch vor dem Erreichen des Uferstädtchens Ein Gev verbreitet sich zum Sonnenuntergang bei kühlendem Windhauch eine wunderbar inspirierende Abendstimmung. Eine vorerst letzte Quelle der Spiritualität? Zumindest das Ziel aller Träume bei einer Wanderstudienreise im Heiligen Land.
Reiseinformationen “Heiliges Land”:
Anreise: Günstig mit Lufthansa ab Frankfurt oder München, Direktflug nach Tel Aviv-Ben Gurion, Web: www.lufthansa.com oder El Al Airlines, Web: www.elal.com
Einreise: Erforderlich ist ein noch 6 Monate gültiger Reisepass; kein Visum bei Geburtsdatum ab 1928; kostenloser Einreisestempel, nicht jedoch in den Reisepass
Reisezeit: Ganzjährig, am günstigsten sind jedoch die Übergangszeiten Frühjahr und Herbst; im Sommer ist teilweise mit heißen Temperaturen zu rechnen
Reiseveranstalter: Ausgezeichnet für Wander-, Studien- und Pilgerreisen ist die Bayerische Pilgerbüro Studienreisen GmbH, Dachauer Str. 9, 80335 München, Tel. 089-5458 110, Fax -1169, Email: bp@pilgerreisen.de, Web: www.pilgerreisen.de
Unterkunft: Jerusalem: Saint Gabriel Hotel, Web: www.saintgabrielhotel.com, Kibbuzhotel Lavi, Web: www.hotel.lavi.co.il
Kibbuzhotel Ein Gev: Web: www.eingev.com
Auskunft: Staatliches Israelisches Verkehrsbüro, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, Telefon: 030-203997-0, Fax: -30; Email: info@goisrael.de, Web: www.goisrael.de
Unterstützungshinweis:
Die Recherche wurde unterstützt vom Bayerischen Pilgerbüro Studienreisen GmbH.