Bei den vergangenen drei Titelgewinnen nacheinander hatten die Hauptstädter jeweils die Meisterschaft in Friedrichshafen perfekt gemacht und dort den Sekt versprüht (oder getrunken). Ob dies ein weiteres Mal gelingt, dürfte nach dem verpassten Matchball am Donnerstag vor 8553 Zuschauern in der Max Schmeling-Halle mehr als fraglich sein.
Nachdem die Berliner zuvor in der dritten Partie erstmals nach drei Auswärtsniederlagen in dieser Saison beim „ewigen“ Rivalen hatten gewinnen können – mit 3:0 sogar furios -, antworteten die Gäste nun mit ihrem ersten Saisonerfolg an der Spree.
Obwohl die Hausherren den oft richtungsweisenden ersten Durchgang wie angestrebt klar für sich buchten, dann nach Sätzen 2:1 führten und auch im Tiebreak des fünften Satzes 13:11 vorne lagen , gelang den Gästen der 2:2-Matchausgleich!
„Sie haben heute gut gespielt, gut gekämpft, sind geduldig geblieben und haben uns nicht wie zuvor bei unserem 3:0 zu einem Lauf kommen lassen“, meinte BR-Trainer Mark Lebedew.
Vor dem Spiel waren er und auch Manager Kaweh Niroomand mit ihren Aussagen ungewöhnlich zurückhaltend geblieben. Weil sie wussten, was öffentlich erst kurz Anpfiff bekannt wurde: Hauptangreifer Paul Carroll hatte sich am Dienstag im Training am Menikus verletzt und war nicht einsatzfähig. „Schlechtes Timing für das“, sagte der australische Linkshänder. „Das passiert ausgerechnet, wenn wir die Chance haben, die Meisterschaft zuhause mit unseren Fans feiern zu können.“ Am Mittwoch wird er von Mannschaftsarzt Dr. Miltner operiert.
Carroll gilt als Mann für die wichtigen Momente in wichtigen Spielen. Überragend beispielsweise beim Final Four der Champions League und auch bei den zwei Finalerfolgen über den Rekordmeister Friedrichshafen.
Sein Vertreter Christian Dünnes tat sein Bestes, um der Mannschaft zu helfen. Doch er hatte am Mittwoch nach einem Auf und Ab mit erfolgreichen und nicht gelungenen Aktionen in der Endphase des Tiebreaks nicht das Selbstvertrauen und die Sicherheit des Australiers. Das kulminierte beim letzten Angriffsschlag, als Dünnes am Einerblock von Maarten van Garderen scheiterte und das 14:16 zum 2:3 besiegelte.
MVP van Garderen – auf Berliner Seite Scott Touzinsky – hinterher: „Wir hatten uns nach dem 0:3 vorgenommen, diesmal nicht an den Sieg oder Niederlage zu denken. Wir wollten Spaß haben und unseren besten Volleyball zeigen. Das gelang, weil wir heute eine starke Bank hatten. Wenn wir ein paar Punkte abgaben, kam immer einer, der wusste, was zu machen ist.“
VfB-Trainer Stelian Moculescu wechselte auf nahezu allen Positionen – Zuspiel, Diagonalangriff, Block -, was sich am Ende nach mehr als zwei kräftezehrenden Stunden als erfolgreiche Strategie ausgewirkt haben dürfte.
BR-Bankchef Mark Lebedew hat – bei 2:1-Satzführung und 13:11 im Tiebreak irgendwie nachvollziehbar – seine Besatzung nicht so massiv verändert. Hier liegt möglicherweise ein Ansatz, beim Finalduell „in zwei oder drei Bereichen zu reagieren“.
Weil seine Mannschaft am Donnerstag nicht die beste Leistung gezeigt habe und dennoch kurz vor dem Sieg stand, zeigt er sich zuversichtlich: „Wir fahren nicht an den Bodensee, um Zweiter sondern Meister zu werden“.
Dem hält van Garderen entgegen: „Ich denke, wir haben nun die große Chance, mit unseren Fans im Rücken die Meisterschaft perfekt zu machen. Es wäre für mich der zweite Titelgewinn nach der Meisterschaft in Holland und natürlich viel wichtiger und viel schwieriger zu holen.“
Für Friedrichshafen geht es um Titel Nummer 13 – für Berlin um die 7. Meisterschaft.