Es ist ein Wettlauf mit der Sonne, die sich mit einem schmalen Lichtstreifen am östlichen Horizont ankündigt. Ein stimmungsvoller Augenblick, der an der Nilschleife von Luxor bereits in der Pharaonenzeit alltägliche Begeisterung hervorrief. Denn Sonne bedeutete Leben. So wie auch der Nil selbst, der alljährlich durch seinen Schlamm Wachstum und Gedeihen hervorbrachte.
Ein weiterer fauchender Feuerstrahl überwindet schließlich die Schwerkraft und trägt den bunt gestreiften Ballon wie eine riesige Christbaumkugel hinauf in den Nachthimmel. Knarrende Seile tragen die enge Korbgondel, aus der heraus neugierige Augenpaare die Umrisse in der Uferlandschaft des Nils auszumachen versuchen. Ein Lehmziegeldorf hier, ein Palmenhain dort, die mit zunehmender Höhe sogleich auf Spielzeugformat zurechtgestutzt werden.
Tänzelnde Lichtreflexe auf dem Nil
Dann endlich schiebt sich die rötlich schimmernde Sonnenscheibe über den östlichen Horizont und verwandelt die Dämmerung in Licht. Dabei belebt sie mit tänzelnden Lichtreflexen den behäbig dahin gleitenden Strom und lässt im Gegenlicht die Umrisse der antiken Gebäude auf der gegenüber liegenden Seite des Nils erahnen. Zuallererst den Tempel von Karnak mit seinen massiven Säulen und schlanken Obelisken, der einst Hauptgott Amun Re Unterkunft gewährte. Und natürlich den Tempelbezirk von Luxor in seiner unübertroffenen architektonischen Eleganz.
Doch dann wendet sich der Blick zurück in das nun bereits voll ausgeleuchtete Felsgewirr von Theben West, von wo aus sich die Sonne am Vorabend verabschiedet hatte. Stets war dies der Ort, hinter dem allabendlich der Tag von der Nacht aufgesogen wurde und daher nach altem Glauben zugleich als Sphäre des Todes in Erscheinung trat. Nach seinem nächtlichen Eintritt in die Unterwelt hatte selbst der Pharao die Herausforderungen zu bestehen, von denen im altägyptischen Totenbuch die Rede ist. Jedes Mal ein Abenteuer in großem Stil, von dessen erfolgreichem Ausgang das Geschick der stets vom Scheitern bedrohten Welt abhing.
Warmer Hauch des Wüstenwindes
Verständlich daher der Jubel, wenn wieder ein Tag anbrach und neues Leben mit sich brachte. So wie heute, als die schnell aufsteigende Sonne den fruchtbaren Grünstreifen entlang dem Nil ausleuchtet bis an das unmittelbar angrenzende graubraune Wüsten-Niemandsland. Nun fällt ihr heller Strahl auch auf die beiden steinernen Memnon-Kolosse. Früher einmal, so weiß Ballonführer Hisham bei ausgestrecktem Arm zu berichten, stimmten sie stets im warmen Hauch des Wüstenwindes ein unerklärliches Klagelied an, das jedoch mit ihrer Renovierung alsbald verstummte.
Mit Luftströmungen kennt Hisham sich natürlich nur allzu gut aus. Und doch hat er selbst unter Einsatz seiner Zugseile nur geringe Einflussmöglichkeiten auf die Fortbewegung des Ballons. Denn dessen Richtung kennt allein der Wind. Und der führt das Gefährt heute in federhafter Leichtigkeit vorbei am Totentempel der Pharaonin Hatschepsut. Angelehnt an eine hoch aufragende Felswand strahlen seine in der Morgensonne leuchtenden Kolonnadenreihen aus weißem Kalkstein bedeutungsvoll herauf. Wie die Stäbe einer riesigen Schreibmaschine, bestens dazu geeignet, die ruhmreichen Taten der einstigen Herrscherin vor der hohen Steinfassade unvergesslich zu machen.
Anrührende Zärtlickkeit
Schon wird im Zentrum des zerklüfteten Gebirgsmassivs von Theben West das mit Spannung erwartete Tal der Könige erkennbar. Legendäre Begräbnisstätte der Pharaonen über mehrere Dynastien hinweg. Oftmals ausgeplündert durch skrupellose Grabräuber, die die kostbaren Grabbeigaben entweder einschmolzen oder aber durch Weiterverkauf über die ganze Welt verstreuten. Nur die heute berühmteste aller Totenkammern entging ihrem Zugriff – das Grab des Tutanchamun. Ein Zufallsfund des britischen Archäologen Howard Carter, dessen Einmaligkeit den Mythos des jugendlichen Pharaos begründete.
So ist es Ehrensache, nach der bemerkenswert weichen Landung der Gondel am Rande der Steinwüste, diesem Grab die Ehre zu erweisen. Gleich hinter den in die Tiefe hinab führenden legendären sechzehn Treppenstufen kommt es drunten zu einer unerwarteten persönlichen Begegnung mit dem Pharao, dessen gut erhaltene und doch zerbrechlich wirkende Mumie sofort starke Emotionen auslöst. Ebenso wie das in mattem Gold gehaltene Wandgemälde über dem Sarkophag, auf dem Göttin Hathor den Leib des jungen Gottkönigs dem Totengott Osiris anvertraut. Unglaublich bewegend, mit welcher Geste anrührender Zärtlichkeit der Gott der Unterwelt sich des verstorbenen Jünglings annimmt.
Geräuschkulisse klappernder Hufe
Auch andere geöffnete Grabkammern wie die von Ramses IX., Amenhotep und Sethos II. laden an diesem Vormittag mit ihren Kunstwerken zum Staunen ein. Davor Gruppen von Besuchern, die es sich ebenfalls nicht nehmen lassen wollen, sich hier mit der Jahrtausende alten ägyptischen Geschichte vertraut zu machen. Hat nach mehrjähriger Zurückhaltung das touristische Leben am Nil wieder Tritt gefasst?
„Willkommen, willkommen“, ruft schließlich auf der anderen Seite des Nils der Händler auf dem Markt von Luxor der Besucherschar zu, die sich ihm unter der Geräuschkulisse klappernder Pferdehufe in ihren wendigen Kutschen nähert. Eine Begrüßung, wie man sie in dieser Herzlichkeit nicht erwartet hätte. Doch offensichtlich gilt sie jener Vorhut von Reisenden, die sich nach den politischen Irritationen der letzten Jahre nun wieder ins Reich der Pharaonen vorwagen. Der Bann, soviel zeichnet sich auch hier ab, scheint inzwischen gebrochen.
Mythologische Vielfalt
Eine Nilkreuzfahrt bietet anschließend die Gelegenheit, in weiteren Gesprächen die Hoffnung weckenden Erfahrungen zu vertiefen. In stilvoller Eleganz fährt die „M/S Nile Crown II.“ als eines der mehr als dreißig wieder fahrbereiten Kreuzfahrtschiffe von Luxor aus entlang der palmengesäumten Uferlandschaft in Richtung Süden. Eingerahmt von hohen Gebirgsketten, die dem Nil die Richtung weisen.
Während der Fahrt reihen sich die von den Pharaonen gestifteten Highlights ägyptischer Tempelkultur aneinander: der Horus-Tempel von Edfu und die Tempelanlage von Kom Ombo. Bis hinauf ins oberägyptische Assuan, dessen prächtige Isis-Tempelanlage von Philae mit ihren nächtlichen Lichteffekten ein weiteres Mal Zeugnis ablegt von der mythologischen Vielfalt und dem kulturellen Reichtum der Pharaonenreiche.
Modellstadt für urbanes Leben
Ganz anders die neue Welt von El Gouna, jene idyllische Kunststadt an der Festlandseite des Roten Meeres, die als eine Modellstadt für urbanes Leben in Ägypten konzipiert wurde. Durchzogen von gewundenen Kanälen, wirkt sie wie ein nordafrikanisches Venedig und atmet besonders an den großzügig angelegten Marinas den Geist südländischer Wohnlichkeit.
Die Tig Marina ist die bekannteste unter ihnen. Sie ist mit ihren orientalisch konzipierten Hausfassaden und der hochkarätigen Bootskulisse zugleich der Schauplatz für außergewöhnliche kulinarische Events, die hier regelmäßig zelebriert werden. Mit von der Partie bei diesem stimmungsvollen Ereignis ist das „Steakhouse“ von Jean-Philippe Ferrini. Als stilbewusster und zugleich unterhaltsamer Gastgeber vermittelt er seinen Gästen direkt an der Kaimauer unter sternenklarem Himmel einen unvergesslichen Abend.
Orientierungsmarken der Weinkultur
Zu seinem Angebot gehören auch Weine, die nur wenige hundert Meter entfernt von der Tig Marina produziert werden. In einer Weinkellerei, die unter Einsatz europäischer und amerikanischer Standards der bisherigen ägyptischen Weinkultur neue Orientierungsmarken setzt. Eine Entwicklung, auf die Labib Kallas, langjähriger Manager der „Kouroum of the Nile“-Weinkellerei, besonders stolz ist. Bei einer Weinprobe vermögen besonders die Marken „Jardin du Nil“ und „Sharazade“ zu überzeugen.
Ergänzend zur Kulinarik wird aber auch der sportliche Ausgleich in der Stadt großgeschrieben. Mit ihrem modern ausgestalteten Golfplatz, einem komfortablen Angebot von Tauchbasen, mehreren Kitesurfing-Stationen und einer der größten und modernsten Wakeboardanlagen der Welt. Damit bewährt sich El Gouna erneut als begeisternder und zugleich unkomplizierter Aufenthaltsort für die schönsten Wochen des Jahres.
Reiseinformationen „Ägypten“:
Anreise: Von Frankfurt, Leipzig, Düsseldorf und München mit Sun Express direkt nach Luxor. Zurück über Luxor/Hurghada. Oder nach Hurghada mit Sun Express, Condor, Air Berlin und dann auf dem Landweg per Bus nach Luxor.
Einreise: Es genügt ein noch 6 Monate gültiger Reisepass. Das Einreisevisum nach der Landung kostet Euro 25,00.
Reisezeit: Ganzjährig. Bevorzugt werden Herbst bis Frühjahr, heiß im Sommer.
Reiseveranstalter: Günstig mit Marktführer FTI. Geboten wird ein großes Ägypten-Programm für alle Regionen und Destinationen; www.fti.de, Service Center: Tel. 089-710451498 oder Buchung im Reisebüro.
Unterkunft: Luxor: Maritim Jolie Ville, www.jolieville-hotels.com; El Gouna: Mövenpick Resort und Spa, www.moevenpick-hotels.com/el-gouna; Dawar El Omda Hotel, www.dawarelomda-elgouna.com
Auskunft: Ägypt. Generalkonsulat, Tourismus-Abteilung, Kaiserstrasse 66, 60311 Frankfurt, Tel. 069-92020955, www.egypt.travel; www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice; www.fti.de
Reiselektüre: Isa Ducke, Natascha Thoma: Ägypten, Die klassische Nilreise, DuMont Reiseverlag, 2. Aufl. 2014, ISBN 978-3-7701-7351-8, Euro 17,99 (D)
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Unterstützungshinweis:
Die Recherche wurde unterstützt von FTI.