Der Klassenunterschied war größer als erwartet
Nach einem 8:0 Kantersieg bei ASD Torres CF kann der 1. FFC Turbine Potsdam bereits für die Runde der letzten Vier planen. Das fabelhafte italienische Wochenende genoss der rund 80-köpfige Potsdamer Tross in vollen Zügen. An Bord der eigens georderten Chartermaschine befand sich ein bunt gemischtes Völkchen – neben Mannschaft, Funktionärssteam und Vorstand des Vereins waren zahlreiche Sponsoren und Partner sowie eine ganze Schar echter cooler Turbinefans mit dabei. Als die Brandenburger von Air Berlin Flugkapitänin Simone Greve sicher auf die sardische Sonneninsel transportiert worden waren, begann für die Gruppe der Aufenthalt mit märchenhafter Stimmung ins Ungewisse, die aber nach desaströser Niederlage des italienischen Meisters in eine klare europäische Verheißung umschlug: der sichtbar gewordene Klassenunterschied zwischen den Topteams Europas und den dieses Jahr zum ersten Mal ins Viertelfinale vorgerückten Meistermannschaften aus Österreich, Italien und Spanien war größer als erwartet.
Potsdams Schröder schien selbst perplex zu sein
Um in der Zukunft spielerisch in der Königsklasse auf Augenhöhe gleichziehen zu können, werden die schwächeren nationalen Frauenligen in der UEFA noch eine Menge Zeit und Entwicklungsarbeit benötigen. Es war daher an diesem Spieltag für viele Fans unverständlich, dass der UEFA Spielplan zuvor im Achtelfinale so frühzeitig ernsthafte Begegnungen mit Endspielcharakter zuliess. Das frühe Ausscheiden von Olympique Lyon gegen Turbine Potsdam war zweifellos in den Augen der Fans unsinnig, damit schadete die UEFA dem Wettbewerb und sich selbst. In ihrem medial verfassten Kurzspielbericht befleißigte sich die UEFA, den offensichtlichen Klassenunterschied der Paarung in Sassari schön zu reden. Dem UEFA Berichterstatter vor Ort kam Schröders höflicher Respekt vor dem Verlierer zu pass, um die erstaunten Wogen medial auf der UEFA-homepage zu glätten. Der sonst so offenherzig argumentierende Schröder schien selbst angesichts der acht Tore perplex zu sein und belobigte den Gegner mit fairem Respekt ein wenig mehr als üblich.
Erfolgreicher Blitzkrieg dank Schottlands Lisa Evans
Turbine Potsdam hatte beim Abpfiff sein Ziel mehr als erreicht, um sich für das Rückspiel in Potsdam eine solide Grundlagen zu erkämpfen. Das frühe Eigentor zum 0:1 hatte Potsdam in die Karten gespielt und Torres den Nerv gezogen. Nach Hereingabe von Lisa Evans aus linker Position hatte Tucceri Cimini den Ball aus Nahdistanz im Strafraum abgefälscht (2.), der dann über die Linie trollte. Um mangelnde Unterstützung im „Stadio Vanni Sanna“ musste sich die Potsdamerinnen nicht sorgen, denn das frühe Tor beflügelte die mitgereisten Fans zu guter Stimmungslage. Als dann die Schweizerin Wälti (27.) mit einem Schuss zentral aus vierzehn Metern ins linke untere Eck nach Pass in die Spitze von Elsig zur 2:0 Führung vorlegte sowie nach einem blitzschnellen Angriff mit Pfostenschuss von Lisa Evans im Nachschuss Pauline Bremer aus vierzehn Metern ins lange rechte Eck erfolgreich zum 3:0 einnetzte, waren gerade achtundzwanzig Minuten vergangen.So einen Blitzkrieg dank der gut aufgelegten Schottin Lisa Evans hatte man im voraus nicht erwarten können.
"Attenzione Evans" war Torres ´Ruf auf dem Spielfeld
Die Italiererinnen waren frühzeitig geschlagen, aber spielten wie in Trance gesetzt weiter. Mit ihrem ersten Sturmlauf und der daraus resultierenden Führung hatte Evans die Marschroute für ihr Team vorgegeben: Immer wieder rollten schnelle Angriffe über wenige Stationen auf das Tor der schweizerischen Torfrau Gaelle Thalmanns im Trikot des italienischen Meisters. Insbesondere die schnelle und agile Evans bekam Torres` Hintermannschaft in der ersten Halbzeit überhaupt nicht in den Griff. Mit einem „Attenzione Evans!“ wurde die Schottin zu Recht auf dem Spielfeld ununterbrochen seitens der Italienerinnen markiert. Trotz schnellem Rückstand versuchten die Italienerinnen ein eigenes selbstbewußtes Spiel aufzuziehen. Cheftrainer Bernd Schröder lobte daher die Azzura. "Das Ergebnis ist die eine Seite, aber man hatte während des Spiels nie das Gefühl, dass es so klar war, auch wenn es 8:0 ausgegangen ist. Die Italiener haben immer mitgespielt, es war immer Bewegung da, sie haben auch ihre Möglichkeiten gehabt. Aber zum Schluss haben wir effektiver gespielt und hätten auch noch mehr Möglichkeiten gehabt."
Rettende Querlatte für Turbine Potsdam
"Sie haben nicht schlecht gespielt, wir waren einfach besser. Vor allen Dingen durch das 1:0 sofort in der ersten Minute bricht man natürlich dem Gegner das Genick," lautete der milde Kommentar des Potsdamer Trainerfuchs. Nachdem die Potsdamerin Julia Simic zwei Riesenmöglichkeiten nur Zentimeter neben den rechten Pfosten versemmelt hatte (13., 42.) belohnte sich Simic gegen Ende der ersten Halbzeit für den betriebenen Aufwand. Die 24-jährige Schaltzentrale der Potsdamerinnen, die maßgeblichen Anteil am schwungvollen und druckvollen Offensivwirbel der Turbinen hatte, zog nach einer von Evans über rechts hereingegebenen Ecke halblinks aus 14 Metern ab, an Freund und Feind hindurch fand der Ball seinen Weg ins lange rechte Eck zum 4:0-Pausenstand (44.). Die Gastgeberinnen hatte ihre beste und auch nahezu einzige Tormöglichkeit im ersten Durchgang nach einem Freistoß nahe der rechten Seitenlinie, als Sandy Maendly das Leder an die Querlatte von Gudbjörg Gunnarsdottirs Gehäuse setzte (35.).
Andonova im Jubel zeitweise ohne Trikot
Rekord- und Ausnahme-Nationalstürmerin Patrizia Panico kam indes gar nicht zum Zuge und war zumeist bei der Potsdamer Hintermannschaft gut aufbewahrt.Nach dem Seitenwechsel hatten sich die Gastgeberinnen sichtlich etwas vorgenommen und erhöhten den Druck. Es gestaltete sich eine phasenweise ausgeglichene Partie, das Ergebnis hoch schraubten jedoch weiter allein die „Torbienen“. Der erste Doppelschlag fiel durch Julia Simic zentral aus sechs Metern nach einer Kopfballvorlage von Genoveva Anonma (53.) sowie Anonma selbst aus 15 Metern zentral nach einem Sahnepass von Simic (54.). Eine knappe Viertelstunde vor Spielende klingelte es noch einmal doppelt: zunächst köpfte Johanna Elsig zentral aus zehn Metern nach einer Ecke von Natasa Andonova über rechts lehrbuchmäßig zum 7:0 ein (78.) und sah für ihren anschließenden Torjubel Gelb Die heißblütige Südländerin hatte sich kurzzeitig im Siegestaumel ihres Trikots entledigt.
Panicos straffen Schuss rettete Gunnarsdottir
Keine Minute später belohnte sich dann die unermüdliche Lisa Evans ebenfalls noch. Sie tankte sich über die linke Außenbahn durch und schloss halblinks aus sechs Metern zum 8:0 ab (79.). Nicht unterschlagen werden soll, dass die Sardinnen im zweiten Durchgang dem Ehrentreffer nah waren. So durch Sabrina Marchese (52.), Halbera Gisladottir (69.), Sandy Maendly nach einer Ecke (70.), Gisladottir, die halblinks aus achzehn Metern knapp neben den rechten Pfosten verpasste (72.), Mandly mit einem Schuss aus sechszehn Metern nur Zentimeter über die Querlatte (76.), Patrizia Panico, deren Schuss von Tabea Kemme am Fünfmeterraum in höchster Not entschärft werden konnte (76.), erneut Gisladottir (83.) sowie Panico (87.), deren straffer Schuss halbrechts aus zehn Metern jedoch genau in den Armen von Turbine-Keeperin Gunnarsdottir endete. Bemerkbar machten sich im letzten Drittel des Spiels die Umstellungen im Potsdamer Mittelfeld.Vor allem nach der Auswechslung von Julia Simic (61.) hakte es im Vergleich zum ersten Durchgang doch sichtlich im Potsdamer Spielaufbau.
Lisa Evans (Turbine Potsdam): „Ich denke nicht, dass wir sehr gut gespielt haben. Aber wir waren effektiv und haben in den richtigen Momenten die Tore gemacht. Mit dem 8:0 haben wir jetzt eine sehr gute Position für das Rückspiel. Es ist schön, dass heute bei uns so viele verschiedene Spielerinnen getroffen haben.“
Julia Simic (Turbine Potsdam): Natürlich haben wir uns eine sehr, sehr gute Ausgangslage verschafft durch den hohen Sieg heute, das war unser Ziel natürlich auch. Ich denke, jetzt können wir mit viel Optimismus ins Rückspiel gehen und freuen uns natürlich auch schon darauf. Ich denke, dass Torres eine gute Mannschaft hat, eine sehr bissige Mannschaft. Italiener sind immer sehr temperamentvoll und das hat man auch gemerkt. Wir haben am Anfang, obwohl wir gut reingekommen sind, ein bisschen umstellen müssen. Ich denke, wir haben das Spiel auch gut begonnen und deswegen ist der Sieg heute auch sehr, sehr verdient. Ich denke schon, dass wir teilweise sehr gut kombiniert haben und das tut uns natürlich gut, wenn unsere Stürmer viele Tore schießen können. Das ist natürlich für das Selbstbewusstsein immer sehr hilfreich. Wichtig ist für uns, dass wir ins Halbfinale kommen, dann werden es zwei Spiele, die Fifty-Fifty sind von Anfang an, dann ist alles möglich.Ärgerlich hingegen sind die zwei gelben Karten, damit fehlen uns im Rückspiel nun zwei Spielerinnen. Insgesamt muss man sagen, haben wir heute einfach die Gunst der Stunde genutzt und sehr effektiv und auch konstruktiv gespielt. Das Ergebnis ist gut für uns, klar. Im Rückspiel können wir was probieren. Auf keinen Fall werden wir uns auf dem Vorsprung ausruhen. Wir wollen unseren Zuschauern zu Hause ein richtig gutes Spiel zeigen.“
Patrizia Panico (ASD Torres Calcio): Das 0:8 ist ein bisschen hart, aber der Unterschied zwischen den beiden Teams ist groß. Damit ist praktisch alles entschieden. Wir werden im Rückspiel versuchen, Europa zu zeigen, dass wir auch anders spielen können.
So spielten sie im Stadio Vanni Sanna in Sassari auf Sardinien:
ASD Torres CF (ITA) – 1. FFC Turbine Potsdam (GER) 0:8 (0:4)
ASD Torres CF: Thalmann – Bartoli, Tona(C) (68. Piacezzi), Motta – Domenichetti (76. Galli), Maendly, Tucceri Cimini – Ianella, Gisladottir – Marchese (57. Stracchi), Panico – Trainerin Manuela Tesse
1. FFC Turbine Potsdam: Gunnarsdottir – Mjelde, Draws (C), Kemme – Bremer, Elsig (81. Cramer), Simic (61. Andonova), Wälti – Evans, Anonma, Nagasato (82. Zietz) – Trainer Bernd Schröder
Tore: 0:1 Tuccera Cimini (2., Eigentor), 0:2 Wälti (27.), 0:3 Bremer (28.), 0:4 Simic (44.), 0:5 Simic (53.), 0:6 Anonma (54.), 0:7 Elsig (78.), 0:8 Evans (79.)
Schiedsrichterin: Cristina Dorcioman (Rumänien)
Gelbe Karten: Panico (82., Foulspiel) – Simic (58., Foulspiel), Elsig (78., Unsportlichkeit)
Zuschauer: 300