Diesen Status als nationale Branchenführer haben Erdmann/Matysik in dieser Saison eindrucksvoll bestätigt. Mit Rang drei bei den Weltmeisterschaften in Stare Jablonki, Platz fünf bei der EM in Klagenfurt und Platzierungen bei Weltturnieren haben sie sich unter den Top Ten der Weltelite etabliert.
Dem olympischen Goldbeacher Brink indes machte eine Oberschenkelblessur einen dicken Strich durch alle Rechnungen, nach dem verletzungsbedingten Karriereabschied von Reckermann mit seinem neuen Blockspieler Sebastian Fuchs seine im deutschen Volleyball einmalige Erfolgsserie auszubauen. Brink/Fuchs werden auch am Wochenende nicht mitkonkurrieren können.
Ein Selbstläufer wird der Wettbewerb an der Ostsee in der 6000 Zuschauer fassenden Ahman/Hager-Arena für Erdmann/Matysik dennoch nicht. Weil die Leistungsspitze – motiviert und beflügelt durch den goldenen Überraschungscoup im Vorjahr bei Olympia – breiter geworden ist. Der gelernte Bankkaufmann Matysik sieht fünf Duos für so wettbewerbstauglich, um sich in die Titelvergabe einschalten zu können: S. Dollinger/Windscheif, Böckermann/Urbatzka, Koreng/Dittelbach, A. Dollinger/Schröder und nicht zuletzt die Saison-Aufsteiger Lars Flüggen/Alexander Walkenhorst (Berlin/Kiel).
"Ziel bei den Deutschen Meisterschaften? Wir fahren hin, um zu gewinnen. Ja, wir wollen Deutscher Meister werden", erklärte der 23-jährige Flügen vor zehn Tagen beim nationalen Supercup in Kühlungsborn nach Rang drei. War das ein Spruch mehr für Medien und Zuschauer. Unter Adrenalinausstoß?-"Nein", bestätigte der Chemiestudent, "Wenn wir unsere beste Leistung zeigen, können wir jeden Gegner schlagen."
Dass dieses Selbstbewusstsein nicht auf Selbsttäuschung basiert, unterstrichen Flüggen/Walkenhorst wenig später beim Grand Slam in Moskau. Dort waren sie in das Hauptfeld ohne vorherige Qualifikation als 45. der Weltrangliste nur deshalb gelangt, weil Erdmann/Matysik wegen der Schulterprobleme von Matysik abgesagt hatten. Der 1,91 m Abwehrhintermann Flüggen und der 2,06 m lange Netzblocker Walkenhorst marschierten mit drei Gruppensiegen in die K.o.-Runde weiter. Revanchierten sich an den Weltranglisten-14. Dollinger/Windscheif für die Halbfinal-Niederlage in Kühlungsborn, bezwangen zum zweiten Male die Überraschunsg-Weltmeister Brouwer/Meeuwsen (Holland) und wurden erst im Viertelfinale von den Weltranglistenersten und Moskau-Gewinnern Smedins/Samoilovs gestoppt. Die Letten mussten gegen die jungen Deutschen zweimal in die Satzverlängerung!
Rang fünf beim Grand Slam bescherte mit 10 000 Dollar das höchste Preisgeld ihrer Karriere und sportlich den bislang größten Erfolg für die Neukombination. Zuvor hatte sich die Gemeinschaft Koreng/Walkenhorst unter medialen Begleittönen im der Szene getrennt. Der 32-jährige Familienvater Koreng – deutscher Meister, bei EM, WM und Olympia dicht hinter den Medaillenrängen – und Walkenhorst, der ob seines Temperaments schon mal überschäumende Sproß einer Familie mit Volleyballgenen (Eltern aktiv, jüngere Schwestern Kira/EM-Dritte mit Laura Ludwig, und Pia beim Hallen-Zweitligisten Chemnitz) – das konnte kaum gut gehen.
Und so griff Walkenhorst im Juni zum Handy und rief bei Flüggen an: "Wollen wir nicht gemeinsam…". Der Berliner, 2011 mit Stefan Köhler U 23 Europameister und mit Finn Dittelbach in den Beachsommer gestartet, sagte zu: "Okay, wir ziehen das bis zu den Deutschen Meisterschaften mal durch."
Es ging von Anbeginn steil nach oben: Sieg und Rang zwei bei auf der Europatour, Finalteilnahme beim Open-Weltturnier in Anapa/Russland, Platz fünf der EM in Klagenfurt!
Ohne eigenen Trainer, ohne Manager oder Betreuungsumfeld wie die internationalen Topteams!
Warum es auf Anhieb funktionierte?- "Weil ich von Alex und seinen sportlichen Qualitäten ebenso überzeugt bin wie er von meinem." Flüggen ist einer der schnellsten Hinterfeldspieler, auch nach internationalen Maßstäben. Und Walkenhorst hat eine Präsenz mit seinen langen Armen am Netz, vor der so mancher Gegner einknickt.
Doch wie kommt der Kleinere mit dem Heißsporn, der gern mal mit Schiedsrichtern und Gegenspielern diskutiert, klar?-"Ich kenne Alex schon länger und weiß, wie ich zu reagieren habe, wenn er ausflippt. Da hilft mir, dass ich eher der Harmonie-Typ bin."
Während Flüggen, der zuvor in der Halle beim TSC und dann bei Zweitligist Gransee geschmettert hat, als B-Kader eine bescheidene Zuwendung von der Sporthilfe bekommt, war Walkenhorst als Mitglied der Sportfördergruppe bei der Bundeswehr bislang besser abgesichert.
Beim Training pendeln sie derzeit zwischen Leistungs-Stützpunkten Berlin und Essen und planen für 2014 eine Karriere-Fortsetzung "mit allem drum und dran – eigenem Trainer, Sponsoren, Management und der Festlegung auf einen Trainings-Standort. "
In Timmendorf treten sie als Nummer drei der Setzliste an. Haben gegen Erdmann/Matysik ("kennen uns aus dem Training") aber noch nie ein Wettkampf-Match bestritten.
Bei den Frauen verspricht der Dreikampf um den Titel zwischen den Vorjahresgewinnerinnen und Weltranglistenzweiten Katrin Holtwick/Ilka Semmler (Essen), den WM-Zweiten Karla Borger/ Britta Büthe (Stuttgart) und den Grand-Slam-Zweiten Moskau, Laura Ludwig/Kira Walkenhorst (Hamburg) Spannung und Beachvolleyball der Extraklasse.
Anläßlich der Titelkämpfe werden Laura Ludwig (zum achten Male!) und erstmals Kay Matysik für ihr Fan-Votum als Beachvolleyballer(-in) des Jahres geehrt.