Bess Kargmans Debütfilm begleitet sechs junge Tänzer auf ihrem Weg zum Youth America Grand Prix, dem renommierten Ballettwettbewerb für 9-19 jährige, bei dem es Stipendien und Anstellungen zu gewinnen gibt. Auf den ersten Blick könnten die Protagonisten nicht unterschiedlicher sein: da gibt es ein elf Jahre altes Ballettwunderkind aus einer Army Familie, eine Kriegswaise aus Sierra Leone, einen Cheerleader mit einem Barbiegesicht, einen Kolumbianer und ein amerikanisch-japanisches Geschwisterpaar mit einer ballettverrückten Mutter. Aber eines haben sie gemeinsam: die bedingungslose Liebe zum Ballett und die Bereitschaft, dieses als Leistungssport zu betreiben, auch wenn es viel Selbstdisziplin und Verzicht bedeutet. Naja, fast alle.
Publikum und Jury diverser Filmfestivals in Nordamerika, die First Position begeistert aufgenommen und mit Preisen versehen haben, irrten nicht. Was Kargman aus hunderten Stunden an Filmmaterial herausgesucht und zusammengestellt hat, ist charmanter, spannender, mitreißender und berührender als die meisten Filme, die dieses Jahr ins Kino gekommen sind. Man möchte so manchen Starregisseur bei der jungen Filmemacherin in Schule schicken, solch eine Balance hat sie bei einem Thema gefunden, über das so viele eine Meinung, aber im Grunde keine Ahnung haben.
Natürlich zeigt First Position die geschundenen Füße, den gnadenlosen Ballettlehrer, die Ballettmutter, die durch ihre Kinder die eigenen Träume zu erfüllen versucht; aber sie zeigt auch den Vater, der sich im Kriegsgebiet stationieren lässt, nur damit sein Sohn auch weiterhin den geliebten Ballettunterricht nehmen kann. Wie beiläufig erfahren wir von der schrecklichen Kindheit von Michaela DePrince, sehen aber auch das ganz in rosa gehaltene Jugendzimmer von Rebecca Houseknecht. Vor allem aber sehen wir das Strahlen im Gesicht der Kinder und Jugendlichen, wenn das Training oder die Darbietung erfolgreich waren. Sie alle haben charismatische Persönlichkeiten, manche sind liebenswert, manche befremdlich und manche lassen uns schmunzeln, aber keiner lässt einen kalt, und wenn es am Ende zum großen, entscheidenden Wettbewerb geht, dann ertappt man sich beim gespannten Daumen drücken, beim Mitfiebern, -leiden, und -freuen.
First Position – Ballett ist ihr Leben – ist nicht nur ein Film über junge Tänzer, die auf den Spitzen die Welt erobern wollen, es ist auch ein spitzen Film, der fasziniert und unterhält. Uneingeschränkt empfehlenswert.
First Position – Ballett ist ihr Leben (USA, 2011); OT: First Position; Filmlänge: 94 min; Regisseur: Bess Kargman; Mit Aran Bell, Miko Fogarty, Jules Fogarty, Joan Sebastian Zamora, Michaela DePrince, Rebecca Houseknecht; FSK: ab 0 Jahren; Kinostart: 04. Juli 2013 (Deutschland).