Dem Himmel ein Stück näher – Parque Cerro Verde: Natur pur zwischen Nebelwald und Vulkanasche – Mit dem Izalco lässt sich in El Salvador einen der jüngsten Vulkane des Kontinents erklimmen

Der Vulkan aus der Ferne betrachtet. © Knut Hildebrandt (alle Bilder)

Wenig später schiessen wir über den schmalen Grad eines riesigen Kraters. Der Ausblick von hier oben ist atemberaubend. Zur linken erstreckt sich eine weite Ebene. Zur rechten fällt der Krater steil zum Lago de Coatepeque ab. Die tief stehende Morgensonne spiegelt sich golden im blauen Wasser des Sees. Kleine Boote ziehen ihre Kreise über seine von Wellen gekräuselten Oberfläche.

Mein Ausflug soll mich jedoch nicht an die Ufer des Lago de Coatepeque führen. Sein Ziel ist der Parque Nacional Cerro Verde auf der anderen Seite des riesigen Kratersees. Majestätisch thront dort der erloschene Vulkan gleichen Namens über dem Lago de Coatepeque.

Das Herzstück des Parks ist der tropische Nebelwald, welcher den Cerro Verde bedeckt. Lehrpfade und Wanderwege laden dazu ein, diesen zu erkunden. In einem Orchideengarten kann man mehr über die in ihm heimischen Flora erfahren. Die grosse Attraktion des Parks sind jedoch die Vulkane Izalco und Santa Ana. Beide können in einem Tag vom Parque Cerro Verde aus besteigen werden.

Gegen zehn hält der Bus auf dem Parkplatz am Besucherzentrum. Nachdem ich dort den Eintritt von knapp 3 Dollar bezahlt habe, erklimme ich erst einmal eine Aussichtsplattform. Von dieser bietet sich mir ein einmaliger Blick auf die beiden Vulkane. Direkt zu meinen Füssen liegt der Izalco. Zum Greifen nah ragt sein perfekt geformter Kegel aus der Ebene. Der Gipfel des Vulkans befindet sich etwas unterhalb des Cerro Verde, sodass ich fast in den Krater hinein schauen kann.

Der Izalco ist der jüngste Vulkan El Salvadors und einer der jüngsten in Zentralamerika. Mitte des achtzehnten Jahrhunderts begann Lava aus der südlichen Flanke des Santa Ana zu treten. Fast zweihundert Jahre lang folgten regelmässig Eruptionen, welche nach und nach aus Geröll und Asche den Izalco formten. In den sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts brach der Vulkan ein letztes Mal aus. Seitdem nimmt seine Aktivität stetig ab.

Der Santa Ana zu meiner Rechten ähnelt einem gewöhnlichen Berg. Wie ein grosser, grüner Buckel erheben sich seine dicht bewaldeten Flanken neben dem Izalco. Im Gegensatz zu diesem soll es aber im Krater des vor fünf Jahren letztmalig ausgebrochenen Santa Ana auch heute auch noch mächtig brodeln und kochen. Bei zwei so spannenden Alternativen wird mir die Entscheidung nicht leicht fallen, welchen Vulkan ich besteigen möchte.

Das Ziel der Wanderung hängt allerdings nicht allein von meinen Wünschen ab. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Überfällen auf dem Weg zu den Vulkanen. Deshalb dürfen nur noch geführte Touren in Begleitung von Beamten der Touristenpolizei zu ihnen unternommen werden. Wer einen der Vulkane besteigen möchte, muss dies zuvor bei der Parkverwaltung anmelden. Wenn es mindestens drei Interessenten gibt, wird von dieser eine Gruppe zusammengestellt. Die Wanderer entscheiden dann gemeinsam, wohin die Reise gehen soll.

Am Ende werde ich gar nicht gefragt, welchen Vulkan ich lieber erklimmen würde. In dem Durcheinander vor dem Abmarsch geht die Abstimmung unter. Einer der uns begleitenden Polizisten hat kurzer Hand entschieden, dass wir den Izalco besteigen werden. Mir soll es recht sein. Spannender sah dieser ja sowieso aus. Und so brechen wir kurz nach elf ohne grosse Diskussionen zu unserem Trek auf.

Bevor wir den Anstieg zum Gipfel des Izalco antreten können, heisst es vom Cerro Verde absteigen. Und das erinnert an eine entspannte Wanderung durch heimische Gefilde. Ein gut ausgebauter Wanderweg schlängelt sich durch dichten Mischwald. An etwas schwierigen Stellen bietet ein Geländer sicheren Halt. So hatte ich mir Trekking in El Salvador nicht vorgestellt. Einzig der Anblick eines Gürteltier am Wegesrand erinnert daran, das ich mich wirklich in Mittelamerika befinde.

Am Fusse des Berges abrupter Szenenwechsel. Als wir aus dem Wald treten, begrüsst uns eine Mondlandschaft. Zwischen Waldrand und Vulkan erstreckt sich ein ausgedehntes Lavafeld. Ein schmaler Pfad ist zwischen den bizarren Zacken des erstarrten Vulkangesteins zu erkennen. In langen Serpentinen schlängelt sich dieser weiter die grauen Hänge des Izalco hinauf. Auf diesem Pfad stapften wir dem Krater entgegen.

Eine knappe Stunde später, stehe ich auf dem Gipfel des Izalco. Der Ausblick ist phantastisch. Direkt gegenüber ragt hoch über uns der Santa Ana in den blauen Himmel. Langsam schieben sich Wolken seine Hänge hinauf. Binnen kürzester Zeit verschwindet der Berg vollständig hinter einer Nebelwand.

Der Krater des Izalco hat auf den ersten Blick wenig Aufregendes zu bieten. Jeder noch so kleine Felsen wurde von unseren Vorgängern mit Initialen verziert. Lava spucken oder nach Schwefel stinkenden Rauch ausstossen möchte der Vulkan auch nicht. Lediglich heisser Wasserdampf tritt aus einigen Felsspalten. Aber allein das ist schon ein beeindruckendes Naturschauspiel.

Nachdem ich den Krater einmal umrundet habe, müssen wir auch schon den Rückweg antreten. Gegen drei verlässt nämlich der letzte Bus den Park. Das könnte knapp fast werden. Doch meine Sorge ist unbegründet. Denn der Abstieg vom Izalco gleicht einem Abfahrtslauf durch die Vulkanasche. Mehr schlitternd als laufend schiessen wir, umhüllt von einer riesigen Staubwolke, in Rekordzeit den Hang hinab.

Weitere Informationen:

Auskunft: El Salvador hat keine Fremdenverkehrsamt in Deutschland. Informationen zu Land und Reisezielen sind auf Spanisch über die Webseite des Salvadorianischen Touristenbüros zu erhalten: http://www.turismo.com.sv/destinos/cerro-verde.php

Lage: Der Parque Nacional Cerro Verde liegt im Departament Santa Ana im Westen El Salvadors.

Anreise: Von San Salvadors Terminal Occidente mit der Buslinie 201 bis Santa Ana und von dort weiter mit dem Bus 248 direkt bis zum Park. Flüge nach San Salvador gibt es von Deutschland ab ca. 650 Euro. Von Wien und Zürich wird San Salvador ab 900 Euro angeflogen.

Einreise: Für deutsche Staatsangehörige ist mit einem 6 Monate gültigen Reisepass ein visafreier Aufenthalt in den vier zentralamerikanischen Ländern Guatemala, El Salvador, Honduras und Nikaragua bis zu 90 Tagen möglich. Die in allen vier Ländern gültige Aufenthaltserlaubnis wird kostenfrei bei Ankunft auf dem Flughafen eines der Länder erteilt. Bei der Einreise auf dem Landwege kann eine kleine Bearbeitungsgebühr erhoben werden.

Klima: El Salvador hat tropisches Klima. Die Temperatur beträgt im Jahresmittel 25 Grad Celsius. Von Mai bis Oktober dauert die Regenzeit, wobei es in der Regel am späten Nachmittag bzw. nachts regnet.

Sprache: Landessprache ist Spanisch. Vielerorts wir auch Englisch verstanden.

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