So, da haben wir ihn nun. Den deutschen Sommer-Roman 2011, der haargenau auf diesen be-scheidenen Sommer voller Regengüsse passt, in dem man einfach zurückspulen möchte. Auf Anfang, noch 30 Tage Ferien. Nils Mohl, vor ziemlich genau vier Jahrzehnten in Hamburg zur Welt gekommen, hat ein kunstvoll zerschnipseltes Roadmovie-Buch gebastelt, das wunderbar funktioniert. Von der ersten Zeile an fühlt sich der Leser hineingezogen und sieht den Film um den siebzehnjährigen Boxer aus dem armen Hamburger Stadtrand-Hochhausviertel vor sich ablaufen. Das klingt bekannt? Armer Junge, Schwimmbad, reiches Mädchen? Ja, ja, das kennen wir – hier ist es ein Zigeuner-Junge, der als Wegelagerer auftaucht, nicht die Russenbande wie in einem ähnlich angelegten coming-of-age Roman von Alina Bronsky. Aber Nils Mohl ist ein Trickser, ein geschickter Spieler und halber Filmregisseur. Er benutzt die Schnitttechnik des play, stop, rewind und forward. Und legt noch eine Soundtrack-Liste bei (S. 347), die unbedingt zum Buch gehört werden sollte!
Seine Geschichte springt von hinten nach vorn, auf Anfang und wieder ein paar Tage weiter in Richtung Ferienende. Ein seltsam einsamer Junge erlebt ein paar bizarre Dinge, die mit Frauen, Gewalt und Musik zu tun haben. Am Ende hat er viel durchgemacht und wir mit ihm. Es gibt komische, köstliche und herzzerreißende Szenen, ein exzentrisches Figurenensemble, ein großes totes Tier – und Regen. Ein geheimnisvoller Indianer taucht auf und ab, ein Junge verliebt sich und verliert jemanden”¦
Wenn man sich in Windeseile durch das turbulente Geschehen gezappt hat, wünscht man nur eines – zurück, noch mindestens 12 Tage Ferien!
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Nils Mohl, Es war einmal Indianerland, Roman, 346 S., Rowohlt Taschenbuch Verlag, Februar 2011, 12,99 €