Berlin, BRD (Weltexpress). Nach wenigen Monaten im Amt hat Papst Leo XIV. Vatikan News ein umfassendes Interview gegeben, das auf einem in Spanisch veröffentlichten Buch beruht: „Leo XIV.: Bürger der Welt, Missionar des 21. Jahrhunderts“. Darin äußert sich das Kirchenoberhaupt zu drängenden Fragen unserer Zeit: von den tragischen Ereignissen in Gaza über die Beziehungen zu China bis hin zu innerkatholischen Debatten um die Rolle der Frauen und den Umgang mit LGBTQ+-Personen.
Der Knackpunkt dieses Interviews dürfte sein, dass der Papst, der auch Chef des Vatikanstaates ist, die „schreckliche“ Situation in Gaza gegenüber der „wir nicht abstumpfen dürfen“ beklagt, aber betont , der Heilige Stuhl sei derzeit nicht der Ansicht, „dass man eine Erklärung zur Definition von Genozid abgeben könne“. Die Definition sei „ sehr technisch, und offiziell sieht der Heilige Stuhl derzeit keinen Grund für eine Stellungnahme.“ Dass die Debatte wächst, räumt er ein, auch weil israelische Menschenrechtsgruppen die Frage aufwerfen.
Damit stellt sich das Oberhaupt von weltweit 900 Millionen Katholiken gegen die vom Internationalen Strafgerichtshof der EU erlassenen Haftbefehle gegen den israelischen Premier Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Gallant unter anderem wegen Völkermord und mutmaßlicher Kriegsverbrechen. Es ist offensichtlich, dass der Papst sich nicht gegen Netanjahu wenden will, weil er von Israel erwartet, dass es keine Einwände gegen eine von ihm geplante Seligsprechung des faschistenfreundlichen Papst Pius XII., der tatenlos der Judenverfolgung durch Hitlerdeutschland zusah, erhebt. Dazu hatte er schon kurz nach seiner Amtseinführung, am 30. Mai während des Besuches seiner Residenz Castel Gandolfo sich positiv zu Pius XII. geäußert, der dort 1944 über 12.000 Menschen vor der Bombardierung in den Castelli Romani Zuflucht gewährt habe.
Wenn der Papst zur Lehre der Kirche sagte, „sie wird so bleiben, wie sie ist“, bekräftigt er damit die bisherigen Ankündigungen, an den Lehren maßgeblicher reaktionärer Kirchenlehrer des Mittelalters anzuknüpfen.
Zu den USA versicherte der Papst , sich nicht in die Politik seines Heimatlandes USA einzumischen – aber „keine Angst“ habe, auch Präsident Trump gegenüber dringende Fragen anzusprechen.
Zur China-Politik kündigte er Kontinuität an und erklärte, die langjährige Politik der vatikanischen Diplomatie fortzuführen. Er stehe im „ständigen Dialog mit verschiedenen chinesischen Gesprächspartnern“, um besser zu verstehen, wie die Kirche dort ihre Mission fortsetzen könne, „im Respekt vor Kultur und politischer Situation“. Besonders denke er an Katholiken, die „lange Jahre unter Schwierigkeiten litten, ihren Glauben frei zu leben“.
In der Spur von Papst Franziskus will er Frauen in Leitungspositionen berufen, hält aber fest, dass sich, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Franziskus, die Lehre über die Priesterweihe von Frauen nicht ändern werde. 2023 hatte Kardinal Prevost auf der Weltsynode zur Synodalität mit Bezug auf die Frauenordination geäußert, dass sie »nicht unbedingt ein Problem löst, sondern vielleicht ein neues Problem schafft«. Franziskus hatte erstmals Frauen zur Synode zugelassen, das Abschlussdokument »interpretationsoffen« genannt und die Hoffnung vermittelt, dass vieles sich ändern könne. Zum Thema Frauendiakonat hatte er erklären lassen, dass es »nicht vom Tisch ist« und weiter diskutiert werde. Außerdem könne jeder Katholik und jede Katholikin bei zehn synodalen Studiengruppen, die sich mit dem Frauendiakonat und anderen Fragen beschäftigen, Vorschläge einreichen. Zur Bekräftigung dieses Anliegens sollte die mittelalterliche Äbtissin und Gelehrte Hildegard von Bingen mit einem eigenen Gedenktag bedacht werden. Seit Leo XIV. Amtsantritt ist davon keine Rede mehr.
Die Missbrauchsfälle bezeichnet Leo XIV. als „echte Krise“. Er forderte größtmögliche Nähe zu den Opfern, erklärte aber, dass es vereinzelt auch falsche Anschuldigungen gegeben habe. Zur Finanziellen Krise des Vatikans mahnte er zu Pragmatismus: Man solle nicht „jammern“, sondern weiter Pläne entwickeln. „Aber ich verliere deswegen nicht den Schlaf“, sagt er. Vorher hatte er allerdings die von seinem Vorgänger abgeschaffte »Konklaveprämie« wieder eingeführt und allen Vatikan-Angestellten zur Papstwahl einen Bonus von 500 Euro auszahlen lassen.
Er bezog auch zu Künstlicher Intelligenz Position, nannte „Fake News zerstörerisch“, und warnte vor den Gefahren einer digitalen Welt, die sich verselbstständige. Ein besonders drastisches Beispiel sei, dass Jemand ihn gefragt habe, ob er einen „künstlichen Papst“ als Avatar erlaube. Seine Antwort: „Das werde ich niemals genehmigen. Wenn es jemanden gibt, der nicht als Avatar dargestellt werden sollte, dann steht der Papst ganz oben auf der Liste“.
Als Papst wolle er „Brücken bauen“ und „die Polarisierungen, die es in der Welt und in der Kirche gibt, nicht noch weiter anheizen“. Mit diesen Worten umschreibe Leo XIV. seine Mission, so “Vatikan News“.
Anmerkung:
Siehe die Beiträge
- Leo XIII., das Leitbild des heutigen Papstes von Gerhard Feldbauer
- Wandelt Leo XIV. weiter auf mittelalterlichen Pfaden? – Neues Leitbild: der Heilige Augustinius von Gerhard Feldbauer
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- Papst Leo XIV. trat sein Pontifikat an – Zehntausende Gläubige jubelten ihm zu – Scharfe Kapitalismuskritik knüpft an Franziskus an Gerhard Feldbauer
im WELTEXPRESS.
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