Gotha, einst erst Residenzstadt im Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg, dann Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha

Ein Blick über Gotha auf häßliche Windkraftanlagen. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Gotha ist eine Stadt mit einer faszinierende Geschichte, die von ihrer Rolle als Handelsstadt im Mittelalter über ihre herausragende Bedeutung als Residenzstadt im Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg, später als Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha zeugt, zudem vom Barock im 17. und 18. Jahrhundert sowie der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert. Richtig, in Gotha wurde nicht nur das Schloß Friedenstein gebaut, sondern auch die SPD gegründet.

Alte Funde belegen eine Besiedelung bereits in der jungsteinzeitlichen Linearbandkeramik – 5 500 vor unserer Zeitrechnung beziehungsweise nach Christus (n. Chr.). Die Stadt wurde erstmals im Jahr 775 n. Chr. in einer Schenkungsurkunde, die Kaiser Karl der Große dem Kloster Hersfeld als „Villa Gotaha“ mit dem Zehnt übereignete, erwähnt. Der Name leitet sich wahrscheinlich vom germanischen Wort „Go ab“, was so viel wie „guter Bach“ oder „gutes Wasser“ bedeutet. Siehe da, Gotha lag und liegt an einem kleinen Wasserlauf. Der Flutgraben fließt von Süd nach Nord durch die Stadt, In einem Stadtteil entspringt die Rot, die in die Apfelstädt mündet. Hörsel und Nesse fließen um die Stadt. Zudem fließt ein kleiner Bach den Krahnberg herab durch Gotha, allerdings teils unterirdisch. Um Gotha herum liegt nicht nur der Krahnberg mit 431,3 Meter über Normal-Null, sondern die Trügleber Höhe, der Boxberg und der Kleine Seeberg. Der Südrand des Thüringer Beckens wird hier als Westthüringer Berg- und Hügelland bezeichnet.

Weg vom Schloß in die Altstadt von Gotha. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024

Eine gute Gegend, Naturraum, und Kulturlandschaft. Kein Wunder, daß sich die Stadt Gotha gut entwickelte. Im Mittelalter sogar zu einem wichtigen Handelszentrum, vor allem dank ihrer Lage an der Handelsroute, die von Erfurt nach Eisenach führte. Mitten im Mittelalter, das von der Antike bis zur Neuzeit reicht, erhielten die braven Bürger von Gotha übrigens das Stadtrecht. Das soll um das Jahr 1180 n. Chr. der Fall gewesen sein.

Die Margarethenkirche in Gotha ist eine spätgotische Hallenkirche am Neumarkt. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024

Gotha spielte ebenfalls eine Rolle in der Reformation, insbesondere durch die Nähe zu Wittenberg und Martin Luther. Das Augustinerkloster war eine wichtige Station auf Martin-Luthers-Weg und ist heute ein bedeutender Ort der Reformation. Im Jahr 1524 setzte sich die Reformation in der Stadt durch, was Gotha zu einer protestantischen Stadt machte.

Schloß Friedenstein in Gotha. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024
Schloß Friedenstein in Gotha. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024
Schloß Friedenstein in Gotha. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024

Eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt, Schloss Friedenstein, wurde 1643 bis 1654 unter Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha-Altenburg erbaut. Fünf Jahre vor Beendigung des 30-jährigen Krieges ist hier der Grundstein gelegt worden. Es ist das größte frühbarocke Schloss Deutschlands und symbolisiert den Machtanspruch der Gothaer Herzöge. Die massive Bauweise und das nüchterne, zugleich monumentale Erscheinungsbild machen es architektonisch einzigartig.

Der Gothaer Almanach (ursprünglich „Almanach de Gotha“) ist ein bekanntes genealogisches Handbuch, das erstmals 1763 vom Verleger Justus Perthes in Gotha herausgegeben wurde. Es listete jährlich bis 1944 detaillierte Informationen über die europäischen Herrscherhäuser und den Adel auf und entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem unverzichtbaren Nachschlagewerk für Genealogen, Historiker und die Adelswelt. Der Almanach enthielt Stammbäume, Abstammungen und detaillierte Informationen zu den regierenden und ehemals regierenden europäischen Fürstenhäusern. Diese Liste umfasste nicht nur die großen Königreiche wie Frankreich, England und Russland, sondern auch kleinere Fürstentümer und Herzogtümer. Der Gothaer Almanach war über zwei Jahrhunderte hinweg das maßgebliche Referenzwerk für den europäischen Adel.

Im 18. Jahrhundert unter Herzog Ernst II. wurde die Stadt ein Zentrum der Astronomie. Franz Xaver von Zach, ein berühmter Astronom, baute eine der modernsten Sternwarten Europas in Gotha. Diese spielte in der Forschung eine größere Rolle und zog viele Gelehrte an.

1820 wurde die Gothaer Versicherung, eine der ältesten Versicherungen Deutschlands, gegründet. Ein wichtiges historisches Detail, welches Gothas wirtschaftliche Bedeutung unterstreicht.

Ein historisch bedeutsames Ereignis war die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP) im Jahr 1875, die später mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein zur SPD fusionierte. Das „Gothaer Programm“ war eine wichtige Weichenstellung in der deutschen Arbeiterbewegung.

In der Zeit der Weimarer Republik war Gotha von politischen Spannungen geprägt. Wie viele andere deutsche Städte wurde auch Gotha während der nationalsozialistischen Herrschaft gleichgeschaltet. Das Schloss Friedenstein wurde zeitweise als Lager für Kunstschätze und als Kriegsverwaltungsort genutzt.

Ab 1952 wurde Gotha bis 1990 Teil des DDR-Bezirks Erfurt. Sie wurde stark industrialisiert und spielte eine bedeutende Rolle in der Maschinenbau- und Fahrzeugproduktion. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands entwickelte sich Gotha zu einer modernen Stadt mit einem reichen kulturellen Erbe.

Schloss Friedenstein wurde nach 1990 restauriert und gilt heute als wichtiges historisches und kulturelles Zentrum und beherbergt heute mehrere bedeutende Sammlungen. Untergebracht sind Kunstsammlungen mit Werken alter Meister wie Lucas Cranach, Peter Paul Rubens und Rembrandt. Die Ägyptische Sammlung ist eine der ältesten und bedeutendsten ägyptischen Sammlungen in Deutschland.

Das Schloss mit seinem historischen Museum ist auch ein Zentrum für die Geschichte des Herzogtums Sachsen-Gotha und bietet tiefgehende Einblicke in die regionale Geschichte und das höfische Leben. Schloss Friedenstein spielte eine bedeutende Rolle in der deutschen Geschichte, insbesondere in Bezug auf das Haus Sachsen-Gotha. Es war nicht nur die Residenz der Herzöge von Sachsen-Gotha-Altenburg, sondern auch ein Zentrum der Politik und Kultur. Ernst der Fromme, der das Schloss errichtete, war eine prägende Figur der deutschen Territorialstaaten des 17. Jahrhunderts.

Zum Schlosskomplex gehört auch die Forschungsbibliothek Gotha, die sich in einem benachbarten Gebäude befindet. Diese Bibliothek ist eine der bedeutendsten historischen Bibliotheken in Deutschland und beherbergt wertvolle Manuskripte und Bücher aus mehreren Jahrhunderten.

Die Innenräume des Schlosses sind prunkvoll gestaltet, mit zahlreichen originalen barocken Stuckarbeiten, Wandgemälden und Mobiliar. Besucher können die Pracht der herzoglichen Wohnräume und Repräsentationssäle bewundern.

Die Bühne des Barocktheaters Ekhof-Theater in Gotha. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024
Eine Loge im Ekhof-Theater, einem Barocktheater in Gotha. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024

Im Schloss befindet sich das Ekhof-Theater, eines der ältesten Barocktheater der Welt mit funktionierender originaler Bühnentechnik. Es wurde 1683 eröffnet und beherbergt heute noch Aufführungen, insbesondere während des jährlich stattfindenden Ekhof-Festivals. Die handbetriebene Bühnenmaschinerie aus dem 17. Jahrhundert ist vollständig erhalten und funktionsfähig, was das Theater zu einem echten Juwel der Theatergeschichte macht.

Der Schlosspark von Friedenstein ist ein Beispiel barocker Gartenkunst und lädt zu ausgedehnten Spaziergängen ein. Im 19. Jahrhundert wurde der Garten in einen Landschaftspark umgestaltet. Die dazugehörige Orangerie ist ebenfalls ein architektonisches Schmuckstück und ein Highlight für Besucher.

Insgesamt ist Schloss Friedenstein ein einzigartiges Ensemble von Architektur, Kunst, Theater und Geschichte, das die kulturelle und politische Bedeutung der Region über Jahrhunderte hinweg widerspiegelt. Es dient nicht nur als historisches Monument, sondern auch als Veranstaltungsort für zahlreiche kulturelle Ereignisse und Konzerte.

Gotha hat neben dem Schloss Friedenstein und der dazugehörigen Parkanlage noch viele andere sehenswerte Orte und Attraktionen zu bieten.

Das Herzogliche Museum Gotha liegt in unmittelbarer Nähe zum Schloss und beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Kunstwerken, Antiquitäten und Naturwissenschaften.

Eine Ansicht des Rathauses von Gotha. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024
Am Brunnen vor dem Rathaus. © Foto/ BU: Klaus-Dieter Richter, Ort und Datum der Aufnahme: Gotha, 21.8.2024

Der Marktplatz von Gotha ist ein malerisches Beispiel für thüringische Stadtarchitektur. Rund um den Platz stehen beeindruckende Gebäude wie das historische Rathaus und das „Löwenhaus“. Ein Spaziergang durch die historische Altstadt führt an vielen gut erhaltenen Gebäuden und schönen Fachwerkhäusern vorbei.

Ein weiteres barockes Highlight ist Schloss Friedrichsthal, das in der Nähe von Gotha liegt. Es war einst ein Lustschloss der Gothaer Herzöge und bietet heute ein schönes Beispiel für die barocke Architektur der Region.

Für Familien ist der Tierpark Gotha eine tolle Attraktion. Er beherbergt über 130 Tierarten und bietet naturnahe Gehege sowie einen Streichelzoo. Der Park ist am Stadtrand gelegen und ideal für einen entspannten Tagesausflug.

Die Augustinerkirche, einst Teil eines Klosters, hat eine bewegte Geschichte und ist ein wichtiges religiöses Zentrum der Stadt. Heute ist sie eine evangelische Kirche und wird oft für Konzerte und kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Das historische Stadtbad, ein Bauwerk im Jugendstil, ist nicht nur ein Schwimmbad, sondern auch architektonisch interessant. Es wurde in den letzten Jahren restauriert und bietet moderne Wellness-Möglichkeiten.

Das Naturkundemuseum Gotha liegt im „Lodischen Haus“ und bietet Einblicke in die naturwissenschaftliche Sammlung des ehemaligen Herzogtums. Besonders für Kinder und Familien ist das Museum interessant, da es interaktive Ausstellungen und Workshops anbietet.

Neben den Barockgärten am Schloss Friedenstein ist auch der angrenzende Englische Garten eine wunderbare Grünfläche für Spaziergänge. Er bietet Natur pur, abseits der touristischen Pfade.

Anmerkungen:

Die Museen sind dienstags bis sonntags in den Monaten von April bis Oktober von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet, auch an allen Feiertagen. Die musealen Räume bleiben aber am 24. und 31. Dezember geschlossen. In der Zeit von November bis März gelten die Öffnungszeiten von 10 Uhr bis 16 Uhr.

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