Berlin, Deutschland (Weltexpress). In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben ukrainische Drohnen die Radarstation Armawir in der südwestlichen russischen Region Krasnodar angegriffen. Armawir ist nicht irgendein Radarsystem, sondern ein wichtiger Teil des russischen Frühwarnsystems zur Erkennung von Angriffen mit Interkontinentalen Ballistischen Raketen (ICBMs).
Damit ist dieses Radar zusammen mit anderen derartigen Einrichtungen eine Säule, auf der die strategische Sicherheit der Russischen Föderation ruht. Weit über die konventionellen eskalatorischen Spannungen in der Ukraine hinaus hat dieser Angriff alle bisherigen US/NATO/EU-Eskalationen in der Ukraine in den Schatten gestellt und vor allem uns Europäer einen Schritt näher an den Rand eines thermonuklearen Krieges gebracht.
Der russische Senator und ehemalige Chef von Roskosmos, Dmitri Rogosin, reagierte auf diese Entwicklung mit der Feststellung, dass die Tat zwar von ukrainischer Hand begangen, aber diese Hand von Washington geführt worden sei. Tatsächlich habe Washington „einen unverantwortlichen Banditen“ angeheuert, um die schmutzige Arbeit zu erledigen. Rogosin schrieb auf seinem Telegram-Kanal: „Wir nähern uns also nicht nur dem Abgrund, sondern stehen bereits direkt an der Kante, jenseits derer, wenn der Feind bei solchen Aktionen nicht gestoppt wird, ein unumkehrbarer Zusammenbruch der strategischen Sicherheit der Atommächte beginnen wird. Der Angriff auf Armawir erfolgte nur wenige Tage nach Beginn der taktische Nuklearübungen Russlands. Die Gründerin des [deutschen] Schiller-Instituts warnte, dass Russland und China ’nicht unsere Feinde sind‘ und dass ohne eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, in der die Interessen aller Nationen respektiert werden, die Wahrscheinlichkeit eines Dritten Weltkriegs nahezu 100 Prozent beträgt.“
Mit Datum vom 26. Mai 2024 benachrichtigte E.I.R. – Daily Alert seine Abonnenten, dass zahlreiche vom Schiller-Institut befragte internationale Militär- und Nachrichtendienstspezialisten ihre große Besorgnis über den Angriff auf Armawir und seine Folgen zum Ausdruck gebracht hätten. Nachfolgend einige Auszüge aus den Kommentaren.
Der große Raketenexperte Dr. Theodore Postol, emeritierter Professor für Wissenschaft, Technologie und nationale Sicherheit am Massachusetts Institute of Technology, Atomwaffenexperte: „Das satellitengestützte russische Frühwarnsystem ist sehr begrenzt und kann die blinden Flecken, die durch die Beschädigung des Radars entstanden sind, nicht ausgleichen. Die atlantischen, pazifischen und nördlichen Radarwarnkorridore sind wichtiger, und die Russen haben auch Radaranlagen in Moskau. Die Radaranlagen in Moskau erkennen eine Bedrohung jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt, was zu noch kürzeren Warn- und Entscheidungszeiten führt und damit die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Unfalls erhöht. Die Kommandeure der strategischen Raketentruppen, die im Dienste der politischen Führung stehen, dürften äußerst besorgt sein und keine andere Wahl haben, als diese Situation als sehr ernst zu betrachten. Sie werden mit ziemlicher Sicherheit ihre Nuklearstreitkräfte auf einer höheren Alarmstufe betreiben, was die Wahrscheinlichkeit von Unfällen, die zu einem ungewollten globalen Atomkrieg führen könnten, weiter erhöhen wird.“
Steven Starr, Professor, Universität von Missouri, Experte für Atomkrieg: „Die USA haben damit begonnen, Raketenangriffe auf das russische nukleare Frühwarnsystem (FWS) zu richten, das aus einer Reihe von bodengestützten Radaranlagen und Satelliten besteht… JEDER derartige Angriff auf diese FWS-Systeme könnte das russische nukleare Reaktionssystem auslösen. Dieser gezielte Angriff der USA ist also wahnsinnig gefährlich. Washington spielt ein extrem leichtsinniges nukleares Spiel mit Russland. Ich weiß nicht, ob andere ähnliche russische Einrichtungen in Reichweite der ATACMS oder vielleicht sogar der deutschen Taurus-Raketen liegen, die eine größere Reichweite haben als die ATACMS und die britischen Storm Shadow-Raketen. Leider könnten wir das bald herausfinden, denn die Verrückten in Washington, Kiew und Brüssel scheinen entschlossen zu sein, den Dritten Weltkrieg zu beginnen.“
Oberst a.D. Prof. Dr. Wilfried Schreiber, Senior Research Fellow am WeltTrends-Institut für Internationale Politik, Potsdam: „Es gibt offensichtlich Kräfte in der Ukraine und auch in der NATO, die bereit sind, das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der NATO und Russland einzugehen. Die deutsche Politik ist gut beraten, die russischen Warnungen vor einem neuen Weltkrieg ernst zu nehmen und dafür zu sorgen, dass die letzten roten Linien nicht überschritten werden. Als moderner Industriestaat im Herzen Europas ist Deutschland in einem europäischen Großkonflikt nicht kriegsfähig – selbst wenn keine Atomwaffen eingesetzt werden. Die deutsche Politik muss alles tun, um die zunehmende militärische Konfrontation zu deeskalieren und sich für eine diplomatische Lösung des Konflikts einzusetzen.“
Oberst a.D. Richard Black, ehemaliger Senator aus Virginia: „Dies ist eine Fortsetzung des Musters, wobei die NATO-Streitkräfte erkennen, dass sie den Krieg in der Ukraine verlieren und die schwachen Verteidigungslinien brechen, doch die Antwort der NATO ist Eskalation. Dies geschieht nicht zufällig, sondern bewusst. Das ist nicht der erste Angriff auf die russische nukleare Triade. Die Ideologen sehen ihre Welt zusammenbrechen, nachdem sie die Regenbogenfahne über konservativen Ländern gehisst und ewige Kriege geführt haben. Sie sind verzweifelt und bereit, bis zum Atomkrieg zu eskalieren, um sich aus der Klemme zu befreien. Sie machen eine Reihe kleiner Schritte und meinen, darauf werden ’sie nicht reagieren‘; so folgt ein kleiner Schritt dem anderen, bis einer von ihnen auf eine Landmine trifft und wir uns im Dritten Weltkrieg befinden. …. Putin ist sich der Realitätsverweigerung des Westens sehr wohl bewusst. Der Westen behauptet, Putin rassele nur mit dem Säbel, aber das tut er nicht – er informiert den Westen über die gefährliche Realität.“
General a.D. Dominique Delawarde, französischer Geheimdienstexperte: „Ich erwarte, dass sich das US-Militär in einer lebenswichtigen Situation vernünftiger und bewusster verhält als die zivilen Führer.“
Graham Fuller, ehemaliger Diplomat, CIA-Beamter und stellvertretender Vorsitzender des National Intelligence Council: „Ohne die volle Unterstützung der USA wäre dies eindeutig nicht möglich gewesen. Ich kann mich nicht angemessen dazu äußern, bis ich mehr weiß, aber es ist offensichtlich eskalierend und ich werde es untersuchen.“
Prof. Richard Sakwa, emeritierter Professor für russische und europäische Politik an der Universität Kent (GB); international anerkannter Autor über Russland und die Ukraine: „Die Tretmühle dreht sich immer schneller, vor allem nach dem, was Blinken der Ukraine sagte: Ihr könnt ‚mit unseren Raketen machen, was ihr wollt.‘ Das zeigt, wie unverantwortlich die amerikanische Führung ist. Wir sind auf dem Weg zur nuklearen Eskalation. Der Westen steht vor einer Niederlage in der Ukraine und deshalb wird weiter eskaliert, um eine Niederlage abzuwenden.“
In einer anschließenden Analyse unter dem Titel „STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR“ zitiert der E.I.R. – Informationsdienst unter anderem die russische Militärnachrichtenseite Avia.pro: „Die ukrainischen Truppen setzen ihre aggressive Kampagne gegen strategisch wichtige Ziele auf russischem Territorium fort. Diesmal war ihr Ziel die strategische Fernerkennungsradarstation Voronezh-DM des Raketenangriffswarnsystems (SPRN) in Armawir.“
Der Bericht enthält auch Bilder, die zwei beschädigte Strukturen auf dem Gelände von Armawir zeigen. Die Begrenztheit der Schäden lässt darauf schließen, dass die Strukturen, in denen die Radarantennen untergebracht sind, tatsächlich von Drohnen getroffen wurden. Weiter führt der Bericht aus, dass die Entfernung der Station von der ukrainischen Grenze mehr als 450 Kilometer beträgt, was auf eine beträchtliche Reichweite der von ukrainischem Territorium abgeschossenen Drohnen hindeute.
Am selben Tag fand auch ein ukrainischer Angriffsversuch auf eine Ölraffinerie im noch weiter entfernten Tatarstan statt. Diese Vorfälle bestätigen laut Avia.pro, „dass die Ukraine weiterhin moderne Technologien und Taktiken zur Durchführung militärischer Operationen einsetzt. Angriffe auf Objekte von strategischer Bedeutung verursachen nicht nur materielle Schäden, sondern stellen auch eine ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit Russlands dar.“
„Es ist offensichtlich, dass die Ukraine nicht unabhängig handelt, sondern mit der Unterstützung westlicher Partner, die nachrichtendienstliche und technische Hilfe leisten.“
Dann wird der Avia.pro-Autor genauer: „Die westlichen Länder, die die Ukraine unterstützen, beteiligen sich tatsächlich an der Eskalation des Konflikts, indem sie Technologie und Geheimdienstinformationen für Angriffe auf russische Ziele bereitstellen. Eine solche Unterstützung trägt zur Fortsetzung der Feindseligkeiten und zur Verschärfung der Krise bei, was die Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts untergräbt.“
Auch der bereits oben erwähnte Dmitri Rogosin erklärt, die USA steckten hinter dem Angriff auf die Frühwarnradarstation Armawir, denn es sei äußerst unwahrscheinlich, dass der Angriff, an dem laut ukrainischen Medien mehrere Drohnen beteiligt waren, auf alleinige Initiative Kiews und ohne Beteiligung der USA erfolgt sei. Rogosin schloss die Möglichkeit aus, dass der Angriff auf Initiative Kiews erfolgte: „Angesichts der tiefen Verstrickung Washingtons in diesen bewaffneten Konflikt und der totalen Kontrolle der Amerikaner über die militärische Planung Kiews kann die Behauptung, die Vereinigten Staaten wüssten nichts von den ukrainischen Plänen, das russische Raketenabwehrsystem anzugreifen, verworfen werden. Washington wird in vollem Umfang für die vergangenen und zukünftigen Verbrechen der verzweifelten ukrainischen Führung geradestehen müssen. Wir nähern uns also nicht nur dem Abgrund, sondern stehen bereits direkt an der Kante, jenseits derer, wenn der Feind bei solchen Aktionen nicht gestoppt wird, ein unumkehrbarer Zusammenbruch der strategischen Sicherheit der Atommächte beginnen wird.“
Anmerkung:
Vorstehender Beitrag von Rainer Rupp wurde am 27.5.2024 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.
Siehe auch den Beitrag
- Die Russische Föderation hat sich, sowohl bei der Aufnahme der Krim als auch bei der Anerkennung der Republiken Lugansk und Donezk, an geltendes Völkerrecht gehalten, und die ‘militärische Operation’ in der Ukraine ist als Verteidigungsmassnahme durch Artikel 51 der UN-Charta legitimiert. von Wolfgang van Biezen
- Gegründet gegen die Sowjetunion ‒ Die NATO steht nach 75 Jahren wieder bei ihren Anfängen von Dagmar Henn
- NATO und EU müssen in Zukunft mit mehr Russland leben (Teil 1/2) von Rainer Rupp
- NATO und EU müssen in Zukunft mit mehr Russland leben (Teil 2/2) von Rainer Rupp
im WELTEXPRESS.
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