Ein Monstrum greift das verängstigte Volk an. Prinz Ashitaka reitet zur Rettung der Menschen heran. Er besiegt die unbarmherzige Kreatur, doch ein Biss der Bestie fügt ihm eine fatale Verwundung zu. Im Leib des verendeten Monsters entdeckt er einen rätselhaften Gegenstand. Um dessen Ursprung zu ergründen, bricht er auf eine epische Reise auf. Seine Suche nach Heilung führt den Prinzen in ein fernes Reich, wo sich die unerbittliche Herrscherin Lady Eboshi und eine ausgestoßene Prinzessin einen unerbittlichen Krieg liefern. Ashitaka verliebt sich in die Prinzessin und rettet sie vor Lady Eboshi.
Dies ist die Geschichte von „Prinzessin Mononoke“.
Die Bewohner eines kleinen Walddorfes halten einen tollwütigen Eber für einen Dämonen. Der Sohn des Dorfoberhaupts erlegt das Tier, doch ein Biss infiziert ihn mit der Tollwut. Der junge Mann hält die ihm unerklärliche Krankheit für einen Fluch. Im Körper des Ebers findet er eine Gewehrkugel, die das Tier rasend gemacht hat. Von dem ihm unbekannten Gegenstand erhofft er sich Heilung von seinem Leiden. Er verlässt sein Heimatdorf, dass ihn sonst als Aussätzigen verstoßen würde, auf der Suche nach dem Herkunftsort der Kugel. Die technische und soziale Überlegenheit der fortschrittlichen Gemeinde, die er vorfindet, hält er für verwerflich. Immer stärker von der Krankheit verwirrt, zieht er sich in den Wald zu einer Aussätzigen, welche den Fortschritt fürchtete, zurück. Als er in der Natur ein Heilmittel gegen seine Krankheit findet, kehrt er in die Gemeinde zurück. Doch der Aussätzigen fühlt er sich näher als der Zivilisation.
Auch dies ist die Geschichte von „Prinzessin Mononoke“. Hayao Miyazakis im Japan des frühen 16. Jahrhunderts angesiedelter Epos ist kein Fantasy-Abenteuer, sondern eine filmische Parabel. Inspiriert von der japanischen Mythologie erschafft „Mononoke Hime“, so der Originaltitel des Studio-Ghibli-Films, ein von visuellen Metaphern und symbolistischen Motiven überreiches Waldszenerio. Alte Gottheiten und Dämonenwesen führen Krieg um den gespenstischen und gleichzeitig Harmonie ausstrahlenden Wald. Die zentralen Themen erstrecken sich über den vordergründigen Konflikt zwischen Mensch und Natur hinaus auf eine soziale, spirituelle und historische Ebene, die bis in die persönlichsten Lebensbereiche reicht.
Blut fließt, wenn das trügerische Idyll des Waldes am sichersten oder eine friedfertige Konfliktlösung nah scheint. Unterschwellig sind Gewalt, Tod und Schmerz immer präsent, in jeder Kreatur und jedem Lebensweg in „Prinzessin Mononoke“. Während Lady Eboshis Kampf kühle Vernunft motiviert, treibt Mononoke blinder Hass. Ihre Wildheit ist der Preis für ihre Naturverbundenheit, welche sie auch von Prinz Ashitaka trennt. Ausgerechnet Lady Eboshi, die Mononoke innerlich als ihr Spiegelbild erkennt, will sie wieder sozial integrieren, wie sie es schon mit anderen gesellschaftlichen Parias und Randständigen getan hat. Die Naturdämonen hingegen betrachten Mononoke als Eindringling, trotz ihres Aufwachsens in der Wildnis.
Drastischer als in irgendeinem anderen Animé des Studios Ghibli visualisiert „Prinzessin Mononoke“ die unmittelbaren Auswirkungen des zwischen mehreren untereinander verfeindeten Fronten ausgefochtenen Kampfes. Die ungewohnt realistischen Bilder abgetrennter Gliedmaßen, Bisswunden und Knochenbrüche hinterfragen eine einseitige Verurteilung der modernen Technologie. Schwerter schlagen Köpfe und Gliedmaßen ebenso brutal und wirksam ab wie die Feuerwaffen. Der technische Fortschritt ist gleichzeitig ein kultureller und sozialer Fortschritt. Das Sterbend der alten Götter symbolisiert auch den damit einhergehenden Bedeutungsverlust von Glaube und Religion. Die Figuren, die das Ende der Götter fürchten, fürchten tatsächlich, den seelischen Halt, den der Aberglaube ihnen gibt, zu verlieren.
Dass ihr Tod besiegelt ist, wissen die Naturgötter in „Prinzessin Mononoke“. Nur ein winziges Irrlicht glimmt gen Filmende, eine schwache Hoffnung auf ein friedfertige Co-Existenz. So wenig zu erreichen, wäre schon ein Sieg. Eine bitter ernüchternde Utopie, welche die Realität der Gegenwart kennt.
Titel: Prinzessin Mononoke – Mononoke Hime
Land/ Jahr: Japan 1997
Genre: Animé
DVD-Start: 3. November 2003
Regie und Drehbuch: Hayao Miyazaki
Darsteller: YÅji Matsuda, Yuriko Ishida, YÅ«ko Tanaka, Kaoru Kobayashi, Akihiro Miwa, Sumi Shimamoto, Takako Fuji,Tsunehiko Kamijo
Kamera: Atsushi Okui
Musik: Joe Hisaishi
Schnitt: Takeshi Sevyama
Laufzeit: 134 Minuten
Verleih: Universum