Auch sogenannte "Gutmenschen" können mit Geld umgehen, mit viel Geld sogar. Unter Beweis gestellt hat Kai Wiese dies bereits mit dem ersten integrativen 3-Sterne-Hotel in Hamburg-Altona, das seit 15 Jahren existiert, auf über 40 000 Übernachtungen und eine Auslastung von 80 Prozent zurück blicken kann. Hier arbeiten überwiegend Menschen mit Behinderungen für Menschen mit Behinderungen. So war es angedacht, doch stellte sich im Laufe der Jahre heraus, dass sich im Stadthaushotel jeder wohlfühlt. Die Gäste sagen und schreiben es ins Gästebuch, dass die Atmosphäre in diesem Hotel so herzlich und liebevoll sei, dass sie jederzeit wiederkommen möchten.
So fühlt sich Kai Wiese bestätigt, dass das Modell des integrativen Hotels nicht nur seine Berechtigung hat, sondern außerdem noch wirtschaftlich ist. Er setzt dabei ganz auf die Hilfe durch Selbsthilfe und hat Menschen mit Behinderungen durch die Arbeit im Hotel schon in andere Arbeitsstellen vermitteln können. Das Stadthaushotel bietet durchgehend 10 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, die anderen Stellen sind mit Profis besetzt. „Ein solches Projekt soll ja keine Behinderten-Enklave sein“, sagt Wiese. „Es ist der gelungene Versuch, Menschen, die auf dem normalen Arbeitsmarkt kaum eine Chance haben, durch Arbeit zu integrieren, ihnen damit Selbstbewusstsein zu vermitteln und ihnen ein möglichst eigenständiges Leben zu ermöglichen“. Auch wenn in anderen Betrieben Arbeitsplätze für Behinderte vom Staat bezuschusst werden, sei es trotzdem gerade für kleine und mittlere Betriebe oft nicht möglich, Behinderte in den Arbeitsablauf zu integrieren. Dafür habe er vollstes Verständnis. Auf die Frage, warum ausgerechnet ein Hotel und nicht – wie so oft – eine Behinderten-Werkstätte, antwortet Wiese, dass es bereits Behinderten-Werkstätten gebe und andererseits ein Hotel wiederum Kontakt mit immer anderen Menschen biete, das zum Einen. Zum Anderen gebe es genügend Behinderte als Kunden, die man in vielen Hotels gar nicht so gerne sehen würde. Die anderen Gäste empfänden das oft als Zumutung, mit Behinderten beispielsweise gemeinsam frühstücken zu müssen. So bietet das Stadthaushotel natürlich einen rundum Barriere freien Aufenthalt an. „Wobei wir bei Behinderten immer an Rollstühle denken“, ergänzt Kai Wiese. „Es gibt ja die verschiedensten Arten von Behinderungen und nicht jeder Behinderte sitzt im Rollstuhl“. Das gelte es auch zu bedenken.
Kai Wiese, Sohn liberaler, bildungs- und sozialorientierter Eltern, ist studierter Pädagoge und Psychologe, hat außerdem ein Wirtschafts- und Politikstudium abgeschlossen und das Ganze noch mit einem Philosophie-Studium gekrönt. „Ich wollte nicht studieren, um ein Berufsziel zu erreichen, sondern um klüger zu werden“, sagt er. Ein wahrer 68-er ist er und er sieht die große Leistung dieser Generation darin, sich der Nazi-Vergangenheit Deutschlands gestellt und insgesamt eine Kultur-Revolution erfolgreich durchgeführt zu haben. Und er mache noch immer Revolution, lacht er. „Wir müssen ständig Revolutionen in Gang setzen. Revolution durch Überzeugung, nicht mit Waffen! Wenn wir etwas Neues durchsetzen wollen, hat man so viel Überzeugungsarbeit zu leisten, dass man auch das Revolution nennen könnte, wenn es denn endlich anerkannt wird.“ Dass die Freiheit, von der so viele Menschen sprechen, viel Disziplin und Verantwortung erfordere, sei nicht jedem klar, „aber so ist es nun mal“, sagt er. Seit den 68-ern sei Deutschland ein wesentlich freundlicheres, sozialeres und sehr liebenswertes Land geworden, resümiert er und man kann ihm da nur zustimmen. Er sieht als wünschenswertes Ziel für jede Gesellschaft die Solidargemeinschaft, eine Art sozialen Kapitalismus. Den Kapitalismus als solchen vergleicht er mit einem Tiger, den man an die Leine legen, besser noch, in einen Käfig sperren sollte, damit er keinen Unfug anrichtet und auch keine Gefahr für seine Umgebung darstellt. Ein schönes Bild, das auch dem letzten noch klar machen dürfte, dass es zwar nicht ohne Kapitalismus geht, aber bitteschön nicht ungezähmt und nicht frei laufend.
Überzeugungsarbeit braucht er auch, um das neue Hotel-Projekt in der Hamburger Hafencity durchzusetzen. Manchmal, oder besser oft, hänge es daran, dass semantische Lösungen angestrebt würden. Er jedoch sei eher dafür, lieber 5 Projekte zu realisieren als über 100 immer nur zu sprechen. Einer reichen Handelsstadt wie Hamburg stünden solche Projekte gut zu Gesicht, sagt Kai Wiese und er sieht ein funktionierendes Gemeinwesen vor allem darin, dass eine Stadt sich nicht im Lobbyismus verfängt, sondern partnerschaftlich und in der Verhältnismäßigkeit die Chance auf Integration nicht nur Behinderter, sondern aller, die aus einem bestimmten Raster fallen, ergreift. Damit ist nicht nur jenen geholfen, deren Chancen allgemein schlecht stehen, sondern auch der Gesellschaft, die sich damit einen großen Teil des sozialen Friedens sichert. Eigentlich ist Kai Wiese ein Manager und ein sehr erfolgreicher dazu und wir finden, dass auch daran, wie dieser Mann arbeitet, einmal Manager-Gehälter überdacht werden könnten. Wiese jedenfalls ist trotz gleicher oder wenigstens ähnlicher Arbeit und Verantwortung weit davon entfernt, auch nur annähernd ein Gehalt wie in der Wirtschaft zu beziehen. „Aber ich will es so“, sagt er lapidar.
Das neue Stadthaushotel in der Hafencity wird in einer Kampagne von vielen Prominenten in einer Plakataktion unterstützt. Träger ist der Verein Jugend hilft Jugend. Die Projekte sind nicht profitorientiert. Der Gewinn wird für die vielen anderen sozialen Projekte von Jugend für Jugend genutzt.
www.hotelhafencity.de
www.stadthaushotel.com
www.jugend-hilft-jugend.de