Azoreninsel Terceira – Ein Schmuckstück mitten im Atlantik

Mitten im Atlantik: die Azoren und die Insel Terceira.
Die Nord-Ostküste von Terceira. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

Angra, Terceira, Portugal (Weltexpress). Mitten im Atlantik, weit über 1000 km entfernt vom europäischen Festland, liegt die zu Portugal gehörende Azoreninsel Terceira. Ein wahres Inselschmuckstück mit sattgrünem, kaum bewohntem Bergland, der von UNESCO zum Welterbe geadelten Altstadt von Angra do Heroismo, einer spektakulären Vulkanhöhle und besten Chancen vor der Küste zahlreiche Delfine- und Walarten zu sichten.

Terceira mit seinen gut 55.000 Einwohnern und mehr als doppelt so viel Kühen ist mit rund 400 Quadratkilometern das zweitgrößte Eiland der Azoren. Doch groß ist hier relativ. Terceira bringt es auf eine überschaubare Länge von etwa 30 km und kann mit einer maximalen Breite 17 km aufwarten. Beste Voraussetzungen also, dieses mit milden Wintern und moderat heißen Sommern ausgestattete Reiseziel auf eigene Faust mit dem Mietwagen gänzlich zu umrunden, zu durchqueren und zu entdecken.

Hauptstadt Angra do Heroismo

Angra mit dem Hafen und der Igreja da Misericórdia. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu
Angra mit dem Hafen und der Igreja da Misericórdia. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

In Terceiras Hauptstadt, kurz Angra genannt, leben rund 18.000 Menschen, deren Leben sich in der Historie nicht immer einfach gestaltete. Eine der verheerendsten Katastrophen der jüngeren Vergangenheit ereignete sich 1980 als die Erde bebte und dadurch nahezu alle Gebäude der Altstadt beschädigt oder zerstört wurden. Über 100 Menschen fanden den Tod. Doch man begann schnell mit dem Wiederaufbau. Nach nur drei Jahren waren Paläste, Gärten und Kirchen aus der Renaissancezeit originalgetreu wieder errichtet und erstrahlten in neuem Glanz. Die UNESCO verlieh diesem innerstädtischen Gebäudeensemble daraufhin 1983 den Titel „Weltkulturerbe“.

Blick vom Monte Brasil auf Angra mit der Kathedrale. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu
Blick vom Monte Brasil auf Angra mit der Kathedrale. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

Eine der Top-Sehenswürdigkeiten im Ort ist die sogenannte Sé Catedral, die größte Kirche auf den Azoren. Erbaut wurde sie zwischen 1570 und 1618. Die im weiteren geschichtlichen Verlauf erfolgten baulichen Veränderungen wurden bei der Renovierung nach dem Beben nicht wieder rekonstruiert, sondern man orientierte sich beim Wiederaufbau auf die Ursprungspläne aus dem 16. Und 17. Jahrhundert. Neben dem Kirchenportal findet sich eine Statue von Papst Johannes Paul II., der der Insel 1991 einen Besuch abstattete. Leider wurden bei einem Brand 1984 zahlreiche wertvolle Holzschnitzereien unwiederbringlich vernichtet. Fast noch auffälliger aufgrund ihres blau-weißen Anstrichs ist die in der Nähe des Hafens thronende Igreja da Misericórdia, eine aus dem 18. Jahrhundert stammende Kirche in der die von den Einheimischen hochverehrte Figur des Stadtpatrons Senhor Santo Cristo aufbewahrt wird.

Auf der Suche nach Walen und Delfinen. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu
Auf der Suche nach Walen und Delfinen. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

Nun noch einige Schritte Richtung Meer und man steht am kleinen Hafen, von wo auch aus die Boote für die Wal- und Delfinbeobachtung starten. In den Gewässern der Azoren tummeln sich unter anderem Orcas, Buckel- und Finnwal. Mehrstündige Touren werden von April/Mai bis September/Oktober angeboten.

Neben den Touranbietern haben sich am Hafen einige gute Restaurants angesiedelt. Wer Hunger hat, lässt sich zum Beispiel im „Cais de Angra“ nieder und genießt die regionale Küche. Unbedingt kosten sollte man die typischen Meeresfrüchte der Gegend wie Cracas und Lapas. Bei ersteren handelt es sich um kleine Seepocken, die meist in Meerwasser gekocht werden und deren „Fleisch“ man mit einer Art Haken aus dem Gehäuse pult. Satt wird man davon nicht wirklich. Von daher kann man getrost noch zweitgenannten Leckerbissen bestellen. Die mit Zitronensoße, Knoblauch und Butter servierten Napfschnecken, Lapas, sind eine kulinarische Köstlichkeit. Als Nachtisch empfiehlt sich die besonders süße und auf den Azoren gedeihende Ananas mit Namen „Rodela de ananás dos Açores“, die von der Insel San Miguel stammt.

Der Jardim Duque da Terceira in Angra. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu
Der Jardim Duque da Terceira in Angra. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

Um sich die Füße in Angra nach einem leckeren Mahl ein wenig zu vertreten, ist für mich ein Spaziergang durch den Jardim Duque da Terceira die erste Wahl. Die Ende des 19. Jahrhundert angelegte, weitläufige Parkanlage mit ihren exotischen Pflanzen und Bäumen beispielsweise aus Brasilien, Madagaskar oder Asien strahlt eine angenehme Ruhe aus und zahlreiche Bänke laden zum Verweilen ein. Ein Ort zum Entspannen und Treffpunkt der Einheimischen. Mit etwas mehr Zeit im Gepäck lohnt sich der Aufstieg auf den etwa 200 m hohen Hausberg der Stadt, den Monte Brasil.

Das Fischerdorf São Mateus da Calheta

Das Fischerdorf São Mateus da Calheta. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu
Das Fischerdorf São Mateus da Calheta. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

Das charmante São Mateus da Calheta mit seiner prächtigen Pfarrkirche verfügt über den größten Fischerhafen auf den Azoren. Hier leben die meisten Menschen, auch heute noch, vom Fischfang. Ein winziges Fischereimuseum existiert am Hafen. Man munkelt jedoch, dass das Interessanteste an diesem Museum der Museumwächter sei. Ein alter Mann, der manch spannende Geschichte über das Meer und das Leben der Fischer zu erzählen hat. Bei einem Gang durch den Ort bemerkt man, dass die alten Häuser der Fischer meist eng nebeneinander erbaut wurden. Dies hatte vor allem in früheren Zeiten eine wichtige Bedeutung für die Einwohner, die einzig vom Fischfang lebten, der damals deutlich gefährlicher war als heute. So manch ein Fischer kehrte nie mehr zu seiner Familie zurück und blieb verschollen in der Weite des Atlantiks. Daher war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass sich die Nachbarn, so gut es ging um die Hinterbliebenen kümmerten. Und eine nur wenige Meter entfernt wohnende helfende Hand war daher von großem Vorteil, um das Leid der Witwe und der Waisen ein wenig zu lindern.

Vulkanhöhle Algar do Carvão

Die grandiose Vulkanhöhle Algar do Carvão befindet sich im Inselinneren und ist eines der ganz besonderen Highlights der Insel. Der Eingang zu diesem Naturschauspiel präsentiert sich zunächst eher nüchtern. Den Besucher empfängt mitten im Nirgendwo ein kleines unscheinbares Gebäude, in dem einige Informationen rund um das Thema Vulkane und Höhlen aufbereitet wurden. Geht man jedoch nach dem Kaufen der Eintrittskarte durch einen mehrere dutzend Meter langen Tunnel aus Beton gelangt man an dessen Ende in den sich weit öffnenden Höhlenbereich. Ein zur Erdoberfläche hin offener Vulkanschlot sorgt für genügend Tageslicht. Nun führen gut 300 Stufen hinab in die 90 Meter tiefe Höhle bis zum Grund, vorbei an Jahrhunderte alten Stalagmiten und Stalaktiten und feuchten Felswänden. Ein Ausflug in eine mystische, unterirdische Welt, die am Ende des Weges nur noch von einigen Leuchten erhellt wird.

Der Wein von Biscoitos

Ein Naturschwimmbecken auf Terceira. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu
Ein Naturschwimmbecken auf Terceira. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

Die Region um Biscoitos ist bekannt für den Weinanbau, der heute wieder an Bedeutung zunimmt. Die weiße Rebsorte Verdelho spielt dabei die Hauptrolle. Der Weinanbau auf der Terceira hat eine lange Tradition. Schon im 16. Jahrhundert pflanzte man auf Lavafeldern direkt am Meer die Rebsorte Verdelho an. In den dann folgenden Jahrzehnten steigerte man die Produktion fortwährend bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein Schädling die Weinreben vernichtete und fast alle Winzer ruinierte. Heute stellt man wieder einige hundert Flachen Verdelho-Wein her. Mehr über dieses Thema erfährt man im Weinmuseum des Ortes, der ebenfalls für seine vielen zwischen Vulkangestein angelegten Naturschwimmbecken bekannt und geschätzt wird.

Heilig-Geist-Feste und der Stierkampf am Seil

Ein Impèrio. Eine typische Heilig-Geist-Kapelle auf Terceira. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu
Ein Impèrio. Eine typische Heilig-Geist-Kapelle auf Terceira. © 2016, Foto/BU: Thilo Scheu

Bei der Fahrt über die Insel und beim Besuch der Orte, ob winzig oder kleinstädtisch, trifft man immer wieder auf kleine, reich verzierte und farbenfrohe Häuschen. Dabei handelt es sich um sogenannte „Impérios“, Kapellen, die man zu Ehren des Heiligen Geistes erbaut hat. Rund 70 dieser „Impérios“ gibt es auf Terceira. In diesen sakralen Gebäuden wird jedoch nicht gebetet, sondern sie dienen allein der Aufbewahrung der Insignien des Heiligen Geistes. Für die Öffentlichkeit werden die Heilig-Geist-Kapellen nur während den „Fiestas do Espirito Santo“ im Frühjahr zwischen Ostern und Pfingsten geöffnet.
Eine andere Tradition auf Terceira stellen die „Touradas à corda“ (Stierkämpfe am Seil) dar. Bei diesen in den Sommermonaten fast täglich irgendwo auf der Insel stattfindenden Festen treiben zehn Männer vier an Seilen gesicherte Bullen unter dem Jubel des Publikums durch die Straßen. Die Entstehungsgeschichte dieses nur noch auf Terceira existierenden Spektakels reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Die extra für dieses Fest gehaltenen Bullen haben einen Wert von mehreren tausend Euros und können sich nach den „Kämpfen“ auf einer der grünen Weiden der Insel erholen. Bis zur „Touradas à corda“ im nächsten Jahr.

Weitere Infos über die zu Portugal gehörenden Azoren unter www.visitazores.com

Vorheriger ArtikelDas Bundesdieselamt und die Kungelminister
Nächster ArtikelBürgerkrieg in Venezuela verhindern