Das war jetzt die Kurzfassung einer Geschichte, die durch die Situationskomik auf der Leinwand lebt, an der hervorragende Schauspieler beteiligt sind. Die kontrollierende herrschsüchtige und das Geld herbeischaffende Nic (Annette Bening) stellt so recht den Part des Mannes in der lesbischen Beziehung dar, was es zwar gibt, was aber – doch das fällt einem erst mit dem moralinsauren Schluß so richtig auf – doch einem Stereotyp geschuldet ist und als Klischee sogar erneute Vorurteile gegen Lesben als die kleinbürgerlichste Form der Familie hervorrufen kann. Ihr zur Seite die eigentliche Mama Jules (Julianne Moore), geschwängert vom Samen des Spenders, die sich endlich – die Kinder sind mit 15 und 18 Jahren schon groß – emanzipiert und als bisherige Hausfrau einen Beruf ergreift: Landschaftsarchitektin, sprich Anlegerin von Gärten.
Sohn Laser überredet Schwester Joni, sich mit ihren 18 Jahren erlaubterweise um den biologischen Vater zu kümmern, den er kennenlernen will. Joni ruft die Samenbank an, die den Spender, der einwilligt, die Kinder zu sehen und sie in sein vielbesuchtes Bio-Restaurant einlädt. Paul (Mark Ruffalo) ist nämlich ein Macher, hatte die Uni ohne Abschlüsse verlassen und sich erfolgreich durchs Leben geschlagen. Er macht das mit den Kindern prima, ist weder anbiederisch noch der Opapa, sondern bringt in die festgefahrene Familie Schwung und Sinnlichkeit, was sich erst beim gemeinsamen Essen, zu dem er von den Frauen eingeladen wird, entlädt. Dort wird auch verabredet, daß Jules seinen vertrockneten Garten zu einem üppigen leuchtenden Garten gestaltet.
Bei der Gartenarbeit von Jules bei Paul entlädt sich dann aber noch ganz etwas anderes, was als ein Aufeinander- und Ineinanderstürzen zweier von der Leidenschaft Überwältigter herrlich inszeniert wird. Gleichwohl es darf nicht sein, Paul muß eliminiert werden, darf als Objekt der Begierde wie auch als Freund nicht mehr vorhanden sein, als Vater eh nicht, und wird auf eine Weise abserviert, die unschön, vor allem aber dem Anspruch, den der Film erst einmal erhebt, einfach nicht gerecht wird. Zusammen mit einer recht bieder dargestellten Ablieferungstour der Joni an ihren ersten Studienort durch die gesamte Kleinfamilie, fühlt man sich plötzlich von der Regisseurin getäuscht, die einem suggeriert hatte, das Leben sei vielfältig und man müsse sich ihm öffnen und mit den Menschen Kontakt aufnehmen und nun nichts Besseres zu tun hat, als „Ätsch“ zu rufen und ausgerechnet denjenigen, der brav mitspielte, die Rolle des Belzebuben zu überlassen. Das ist peinlich, das ist degoutant und unwürdig dazu. Denn es tut so, als ob intakte Familienbeziehungen nur auf der Grundlage der Reinigung, des Aussonderns, des Vernichtens der „Fremdkörper“ möglich wären.
Julianne Moore erzählte auf der Pressekonferenz, daß das Projekt schon fünf Jahre währte, weil sie mit der Regisseurin lange und immer wieder darüber gesprochen habe; die Szenen mit Paul allerdings mußten in drei Tagen abgedreht werden. Auf der Pressekonferenz wurde eingewandt, daß der Film sehr lange aufklärerisch und liberal wirkte, weil er gesellschaftlichen Außenseitern wie einem Lesbenpaar mit über Samenspenden produzierten Kindern ein großes Kino bietet, was öffentliches Bewußtsein verändern kann und eher Akzeptanz für solche Lebensformen schafft. Der Schluß aber stelle das alles in Frage und würde eine Heile-Welt-Formation von gestern errichten. Ob dies für den amerikanischen Markt produziert worden sei, wo man befürchte, daß die Lern- und Akzeptanzfähigkeit angesichts der außergewöhnlichen Thematik von Lesben als Vater und Mutter schnell erschöpft sei, weshalb ein konventioneller Schluß gefunden wurde, der schlicht reaktionär ist und all den heutigen Möglichkeiten von Familien total widerspricht.
Nein, die Regisseurin fand ihren Schluß gut und erläuterte etwas undurchsichtig, daß doch die Zukunft für Paul als ein weiteres Mitglied dieser Familie nicht verbaut sei. Sei’s drum. Hier wurde eine Chance vertan, hier hat eine talentierte Regisseurin mit leidenschaftlichen Mitspielerinnen erst positiv etwas aufgebaut, was sie dann selbst verbrannt hat. Da fühlt man sich gelackmeiert und irgendwie auf der falschen Veranstaltung. Denn das mit der Familienideologie der Kleinfamilie, das hatten wir doch schon vor über 50 Jahren.
Originaltitel: The Kids Are All Right
Land/Jahr: USA 2010
Regie: Lisa Cholodenko
Darsteller: Julianne Moore, Annette Bening, Mark Ruffalo
Bewertung: * *