Doch St. Moritz ist im Wandel begriffen, seitdem sich im Mai 2007 der Ort mit den zwölf anderen Oberengadiner Gemeinden von Maloja bis Zernez zur neuen Tourismusorganisation Engadin St. Moritz zusammengeschlossen hatte. Nun gilt es, das mondäne St. Moritz sowie die beschaulichen Orte zu einem passenden Auftritt in der Öffentlichkeit zu bewegen. Keine leichte Aufgabe! Doch genau das ist es, was Ariane Ehrat, die seit etwas mehr als drei Jahren die Geschäftsführung der Tourismusorganisation übernommen hat, an ihrem Job reizt. Mit einer neuen Marketingstrategie bemüht sich die frühere Skirennläuferin, diesen Spagat zu schaffen. „Wenn in einigen Jahren jemand den Namen St. Moritz hört, soll er neben Glamour gleichzeitig auch an unsere einzigartige Natur, die schon so literarische Größen wie Hermann Hesse und Thomas Mann entdeckt hatten, an die kulturellen Highlights wie das Segantini-Museum und an unser herausragendes Skigebiet denken.“
Der Skisport spielt schon immer eine wichtige Rolle in St. Moritz. Zwei Olympische Winterspiele 1928 und 1948, vier Weltmeisterschaften 1934, 1948, 1974 und 2003 sowie unzählige Weltcup-Rennen haben den Ort immer wieder ins Rampenlicht gerückt. Für die WM 2003 wurden Liftanlagen, Seilbahnen und Pisten für mehr als eine Milliarde Schweizer Franken erneuert. Doch das ist Schnee von gestern. „Wir müssen uns ständig neu erfinden,“ meint Ariane Ehrat. „Deshalb bewerben wir uns abermals um eine Ski-WM – die im Jahr 2017. Uns ist klar, dass wir dafür einiges tun und Zeichen setzen müssen.“ Ganz wichtig seien Modernisierungs- und Vernetzungsmaßnahmen im Skigebiet. Darauf setzt Ariane Ehrat, „weil die letzten Endes dem Gast zu Gute kommen. Und von ihm leben wir.“ Die neue Planung bezeichnet sie als sensationell. In der Tat – damit wird die Schwachstelle von Ski-St.Moritz beseitigt.
„Es geht um eine Idee, die schon vor 50 Jahren bei der Erschließung des Corvatsch im Gespräch war, die Verknüpfung unserer beiden getrennten Skigebiete,“ erläutert Markus Meili, der Geschäftsführer der Bergbahnen Engadin St. Moritz, die Planung. „Wir werden in Moritz-Bad das Zentrum einer neuen Liftstation errichten. Von dort gelangen unsere Skigäste dann mit modernen Bergbahnen über die Alp Giop ins Corviglia-Skigebiet auf der einen und über Hahnensee zum Corvatsch auf der anderen Talseite.“ Wesentliche Arbeiten wie die Bahn ins Corvoglia-Gebiet, wo die Rennstrecken liegen, sollen vor der Ski-WM abgeschlossen sein.
„Die USO‘ haben bereits zugestimmt, „frohlockt Meili. USO’s – das sind die in der Schweiz sehr starken Umweltorganisationen, wie Pro Natura, World Wildlife Fund und Stiftung Landschaftsschutz. „Wir haben in der Schweiz rund 30 einspracheberechtige Umweltverbände,“ erklärt der Bergbahnchef. „Sie sehen sich als Anwälte der Natur und treten bei Projekten außerhalb der Bauzonen sofort in Aktion.
Was das heißt, macht die Forderung klar, welche die Umweltschutzorganisationen an ihre Zustimmung zum Projekt Corviglia-Corvatsch knüpfen. Im Gegenzug müsse die Seilbahn auf die Lagalb, den Skiberg am Berninapass, der bisher zum Urlaubs-Programm jedes anspruchsvollen St. Moritz-Besuchers gehörte, abgebaut werden. „Das trifft uns hart,“ so Meili, „und war ganz anders geplant.“ Er beschreibt ausführlich die seit 2005 existierenden Pläne. „Wir wollten die Pisten der beiden Superskiberge am Berninapass, die Lagalb und die Diavolezza, verbinden, um die Zukunft des Skigebiets zu sichern.“
Auch an den Umweltschutz in dieser hochsensibler Gebirgsregion hatten die Planer gedacht und die durch die Umbaumaßnahmen nicht mehr genutzten Skiräume als zusätzliche Landschaftsschutzgebiete in die Planungen mit einbezogen. „Doch bereits das erste Konzessionsgesuch scheiterte an den Einsprachen der USO’s,“ erklärt Meili. Es gäbe keinen zwingenden Grund, den leistungsfähigen und für den Tourismus zweifellos wichtigen Skizirkus des Oberengadins in die geschützte Kulturlandschaft des Bernina-Gebietes auszudehnen, lautete die Begründung.
Die geforderte Schließung der Lagalb-Bahn ist insbesondere für die Bewohner der nahe gelegenen Ortschaft Pontresina nicht nachvollziehbar. Für den Pontresiner Gemeindepräsident Martin Aebeli wäre die Schliessung ein Verlust, verbunden mit einem großen Image-Schaden. Die Skiführer aus Pontresina haben dafür überhaupt kein Verständnis. Sie reagieren gereizt, wenn man sie auf die Demontage der Bahn auf ihren geliebten Skiberg anspricht.
Daran kann auch die Modernisierung der Diavolezza Bahn nichts ändern, bei der es sich Dieter Bogner, Marketingchef der Bergbahnen Engadin St. Moritz, zufolge um das grösste Investitionsprojekt in der aktuellen Saison handele. „Wir investieren rund vier Millionen Schweizer Franken, um die 55-jährige Bahn auf den neusten Technik-Stand zu bringen,“ erklärt Bogner. „Die bis zum Boden heruntergezogenen Fenster der futuristischen Kabine bieten unseren Gäste eine traumhafte Rundumsicht.“ Der Umbau soll im Februar 2012 abgeschlossen sein, wenn auf der Diavolezza die Zeit des Firn-Fahrens und der Hochgebirgstouren beginnt. Der Abbau der Lagalb-Bahn steht noch in den Sternen.
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