Das war im Jahre 1902, als das Bier in Berlin noch „Molle“ hieß und Madams mit ihren „Prachtpopös“ auf den Boulevards flanierten. Seither ist viel Wasser die Spree hinab geflossen, aber die bewegten Zeitläufte mit Revolution und zwei Weltkriegen, konnten dem urigen Charme der Gaststätte nichts anhaben. Mit der Zeit entwickelte sich ein sozialer Treffpunkt aller Schichten mit zwei Speisesälen, Stehbierhalle, diversen Tresen, Tanzfläche und einer Theaterbühne. Nach der letzten Renovierung im Sommer 2011 erstrahlt der historisch gewordene Ort nun in neuem, alten Glanz.
Michael Kuhlmann ist Gastwirt mit Leib und Seele. Der aus Ost-Westfalen stammende Weltenbummler übernahm das „Max & Mortitz“ vor ein paar Jahren und bringt seitdem die Herzlichkeit seiner Heimat mit Berliner Kneipentradition zusammen. „Bei mir sind alle willkommen“, sagt Kuhlmann und stellt erst einmal eine Runde „Barre Bräu“ aus Westfalen auf den rustikalen Holztisch. Eine französische Reisgruppe wird von ihm kurzerhand mit einem gekonnt improvisierten Kurzvortrag in die Geheimnisse des Ortes eingeweiht. Zurück an unserem Tisch zeigt der Hausherr voller Stolz die vielen Details der Inneneinrichtung, die aus über 100 Jahren erhalten sind: Die Bestuhlung stammt noch aus dem Gründungsjahr, ebenso die kunstvoll gestalteten grün-blauen Fliesen an den Wänden. Im großen Ballsaal gibt es neben einem herrlichen Flügel, auf dem interessierte und genug begabte Gäste gerne spielen dürfen, wundervolle Oberlichter, die im Jugendstil gestaltet sind.
Auch kulinarisch legt das „Max und Moritz“ Wert auf Tradition. Nouvelle Cuisine gibt es hier nur in Spurenelementen, vielmehr kann man sich und seinen Magen im historischen Ambiente vortrefflich in vergangene Zeiten zurück versetzen lassen. Wie eh und je wird hauptsächlich herzhaft „berlinisch“ gekocht, eine deftige Küche, die sich aus schlesischen, pommerschen und brandenburgischen Einflüssen zusammensetzt. Es gibt „Hoppel Poppel“ (Bauernfrühstück), „Kutscher Gulasch“(mit hausgemachten Spätzle) und den weltberühmten „Rippenspeer nach Art des Fleischers Cassel“, denn, wie heute jeder weiß, das Kassler wurde nicht in Hessen, sondern in einer Metzgerei an der Potsdamer Straße zu Berlin erfunden. Obwohl auch ein schönes Eisbein lockt, entscheiden wir uns für die Schlachteplatte „Witwe Bolte“, deren Üppigkeit nicht nur uns sättigt, sondern auch noch für die beiden Lausbuben Max und Moritz gereicht hätte. Dazu schmeckt natürlich ein Bier, oder auch zwei, zum Beispiel das ungefilterte Hausbier „Kreuzberger Molle“ für 3,40 Euro pro halbem Liter. Toll ist, das jedes der angebotenen Biere an bestimmten Wochentagen billiger genossen werden kann, dann kostet der Halbe nur noch 3 Euro.
Der obere Bereich des „Max & Moritz“ kann von Gruppen angemietet oder für besondere Auführungen und Anlässe genutzt werden. Dort befindet sich auch eine gemütliche Bibliothek mit über 6000 Bänden. Zahlreiche kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen, Opernaufführungen, die lange Buchnacht und ein Tango-Workshop finden ebenfalls an diesem wirklich wunderbaren Ort statt.
Weltexpress-Wertung: Muss man gesehen haben!
– einzigartiges Flair
– (Reise)-Gruppen können preiswerte Menüs vorbestellen
– flotte, schnelle Bedienung
– gutes Essen, gutes Bier
– faire Preise, große Portionen
– ein herzlicher Hausherr
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Max & Moritz, Oranienstrasse 162, Ӭ10969 Berlin 36 (Kreuzberg), ӬParterre und 1. Etage, ӬFernruf 030 695 15 911, ӬTelefax 030 695 15 911ӬӬ, Email: MiKuhlmann@gmx.net, Website: Ӭwww.maxundmoritzberlin.de