Die Militärjunta am Nil zeigt wieder einmal ihre hässliche Fratze. Es ist nicht die Maske namens Mubarak, nein, heute herrscht eine nach außen andere Militärdiktatur, also ein personell neu aufgestelltes autoritäres Regime, bei dem das Militär ganz oder teilweise sowohl die politische Führung stellt wie auch die Wirtschaft und also große Teile des Tourismus in Händen hält. In 60 Jahre Militärdiktatur hat die herrschende Klasse Ägyptens eine Menge auf der Habenseite angehäufte. Von gerafften Reichtum will diese Klasse nicht freiwillig abgeben. Das ist klar.
In den vergangenen Tagen, in den letzen Wochen wurden Todesopfer aus Ismailija und der zweitgrößten Stadt Alexandria gemeldet. In der nordwestlichen Stadt Mersa Matruh wurde ein Demonstranten erschossen, als eine aufgebrachte Menge versuchte, eine Polizeiwache zu stürmen. Die Zahl der Verletzten wurde dabei mit etwa 2 000 angegeben.
Die Zahl der Verletzten an diesem Wochenende in Kairo geht ebenfalls auf über 500. Verantwortlich sind die Mubarak-Generäle unter Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, der seine Soldaten auf die Demonstranten hetzt. Tantawi galt zu Mubaraks Zeiten als dessen "Pudel". Er war Mubaraks Verteidigungsminister und galt damals bereits als dessen Nachfolger. "Revolution" hin oder her: Jetzt ist der Oberkommandierende der Streitkräfte Vorsitzender des Obersten Rats der Streitkräfte und de facto Oberboss in Ägypten. De jure hat der 80-jährigen Kamal al Gansuri jetzt die Hosen an. Der zum Premier hat quasi Präsidentenbefugnisse und Übung als Marionette. Unter Mubarak spielte Gansuri das Spiel der Generäle bereits Ende der 90er Jahre.
Kollege Karim El-Gawhary kommentiert die jüngsten Ausschreitungen der Armee in Kairo in der taz (18.12.2011) mit den Worten, daß "Ägyptens Militärführung an diesem Wochenende ihre Soldaten wie wilde Hunde auf die Protestierenden auf dem Tahrirplatz losgelassen" habe.
Die Frage ist, wie lange noch Tausende politisch aktive Jugendliche und junge Erwachsende in Kairo und den großen Städte gegen die Widerstände der alten Militärdiktatur und gegen die neuen Islamisten, gegen Muslimbrüder und Salafisten, die demnächst ins Parlament ziehen werden, ihre Ideen eines demokratischen Wandels auf die ägyptische Tagesordnung setzen.
Vor allem in Zeiten, in denen immer mehr Menschen aus Ägypten flüchten. Am schlimmsten ist die Lage seit Monaten für koptische Christen, zumal die Streitkräfte von Muslimbrüdern und Salafisten infiltriert sind. Permanent sind Christen von Pogromen betroffen. Alle paar Tage passieren hier und dort kleine Übergriffen und alle paar Wochen größere Ausschreitungen. Radikale Muslime greifen Christen und Kirchen an. Die Militärdiktatur schaut zu. Das, was den Christen bleibt, ist die Flucht. Die Pogromstimmung gegen Christen in Ägypten brachte bereits über 100 000 von koptischen Christen allein in diesem Jahr dazu, das Land zu verlassen.