Die eingefleischten frühkindlichen emotionalen Erfahrungen nennt man das Embodiment (Verkörperung). Die Emotionen drücken sich im Körper aus, der Körpersprache, die eine Verbindung zwischen Gehirn und Körper darstellt. Ja sogar während der Schwangerschaft wirken sich seelische und körperliche Konflikte der Mutter auf das Kind aus, beispielsweise in Durchblutungsstörungen der Placenta, dem Mutterkuchen, und können zu einem Absterben des Fötus führen. Je nachdem wie diese Kindheit war, wie die Eltern, vor allem die Mutter und vor allem sie selbst waren, mit sich selbst umgingen und das Kind behandelten, wird das weitere Leben geprägt, ja sogar vorbestimmt, ob es nun glücklich oder von Konflikten, Schmerzen und Krankheiten bestimmt ist. Das hat eine transgenerationelle Dimension und Perspektive, die sich sozusagen in den Genen verankert und vererbt ist. So werden Menschenwürde, Freiheit und Selbstbestimmung erheblich eingeschränkt.
Dann stehe ich in Diskrepanz zu meiner späteren Wahrnehmung, frage mich, wieso ich so bin, warum ich diese Ängste habe, ich habe doch kein Grund dazu. Man spricht von Dystonie, den dystonischen körperlichen Beschwerden. Aber diese Erfahrungen können auch synton ablaufen, vor allem im Schambereich. Dann halte ich für selbstverständlich, dass etwas Scham besetzt oder peinlich ist. Bei dem einen ruft ein bestimmter Inhalt Scham und Peinlichkeit oder Angst hervor, bei anderen aber nicht. Das hängt jeweils von den frühkindlichen Erfahrungen ab, also, wie er oder es jeweils besetzt ist.
Gerade die durch die frühkindlichen traumatischen Erfahrungen hervorgerufenen Krankheiten laufen erstmal von selber ab. Das ist das Schicksal eines jeden Menschen. Aber dann kann die Reflexion einsetzen, eine Konfrontation mit dem eigenen Selbst, der Dimension der eigenen körperlichen und emotionalen Erfahrungen, vor allem denen in der frühen Kindheit, und der psychosozialen Erfahrungen. Ich habe das Konzept der Triangulierung angeführt und darüber geschrieben, d.h. der Betroffene muss sich auf ein Außenposition von sich selbst begeben und sich betrachten, zum Beispiel wie der eines wohlmeinenden und unterstützenden Vaters, das kann aber auch die unterstützende Mutter sein, und sich selbst bzw. der Mutter in sich, den Kopf zurecht setzen. Dabei lernt er zu differenzieren zwischen sich selbst und dem Anderen, zwischen den Eltern und dem Kind. Aber das ist gar nicht so einfach, diese Erfahrungen sind ja unbewusst und eingefleischt, entziehen sich der Erkenntnis, Wahrnehmung und Einsicht, und dann erhebt sich die Frage, wie sag ich’s meinem Kinde in mir. Das Kind in mir soll es mir auch glauben. Es soll in seiner ganzen Emotionalität etwas bewirken und zu einer Veränderung führen, einer emotionalen Korrektur.
Eine emotionale Korrektur ist auch deswegen notwendig, da die frühkindlichen Emotionen, vor allem die Aggressionen, meist die Hauptschlagkraft im Sinne des Embodiments gegen das eigene Selbst entwickeln, also zu Krankheiten führen. Sie führen als Autoaggressionen sozusagen ein selbständiges Leben. Der Mensch lässt sich nicht vollständig niederbügeln, gibt sich nicht vollkommen auf, und in den zu Krankheiten führenden Autoaggressionen meldet er seinen Protest an und zieht einen sekundären Krankheitsgewinn. Beispielsweise kann er durch Erkältungen, (Selbst)Verletzungen und durch Rückenbeschwerden die ersehnte Auszeit, sozial anerkannt, sich genehmigen. Aus den Folgen der Erkrankungen können Rückschlüsse auf die Motive geführt werden, die aus der Zwangslage heraus führen sollen, natürlich normalerweise völlig unbewusst, sozusagen wie selbstverständlich oder automatisch. Überhaupt werden die frühkindlichen Erfahrungen von Mechanismen und Automatismen beherrscht. Dazu ein längerer Aufsatz von mir vor über 20 Jahren. http://bholstiege.de/spalt_wissen.htm
Dem stehen große Hindernisse im Weg. Ein Hindernis ist, wenn ich das ganze Leben danach gelebt habe, dann kann ich das nicht einfach ändern. Dann hätte ich unrecht gehabt, und jeder Mensch will
recht haben. Dann hätte ich das ganze Leben wie ein Don Quichote gegen Windmühlen angekämpft und in diesen Feinde gesehen. Oder ich hätte als Sisyhus ganz umsonst den Felsen nach oben gestemmt, anstatt ihn einfach unten liegen zu lassen und ihn von allen Seiten zu betrachten. Das stellt die ganze Souveränität und Selbstbestimmung infrage. Dann würde ich mich lächerlich machen, und das erzeugt Scham, eine Scham, den anderen mehr als mir selbst geglaubt zu haben, Aggressionen, also Konflikte zwischen mir und dem Umfeld, das widerspricht dem Harmoniestreben, und Ängste vor dem Umfeld und mir selbst. Die Selbstbehauptung ist mit Angst besetzt, Angst vor den anderen und vor mir selbst.
Als weiteres Beispiel möchte ich unser etabliertes, naturwissenschaftliches Gesundheitswesen anführen, dass allein die körperliche Dimension in den Vordergrund stellt und völlig die psychosoziale Dimension vernachlässigt. Es durchleuchtet den Körper, panscht im Blut und Urin herum, um irgendwelche Werte (das ist natürlich übertrieben!) heraus zu finden, die es für die Ursachen der Krankheiten hält, operiert und verabreicht Tabletten, neuerdings sucht es sogar in den Genen – eine Riesenindustrie und eine Verführung ohne gleichen. Mit den Genen hat es sogar recht, auf der Basis der Epikgenetik. Das Gesundheitssystem steht sozusagen auf der Stufe eines Kleinkindes, das seinen eigenen psychosozialen Bedingungen hilflos ausgeliefert ist. Deswegen möchte ich nicht alle Erfolge und Fortschritte weg reden, das aus dem Denken und dem Geisterglauben des Mittelalters herausgeführt hat. Ich meine nur die vernachlässigte psychosoziale Dimension und die Betonung des Körpers – die Verkörperung. Psychosozial sage ich deswegen, weil in der Psyche des Einzelnen und in seinem Körper andere mit ihren Meinungen aufgrund ihrer Erfahrungen mitmischen.
Ich kam auf die Idee der obigen Überschrift durch einen langjährigen Patienten, dem Versicherungsangestellten, den ich schon in 2 Artikeln erwähnt habe, der sich gerade mit dieser Frage herum quält. Rational sind ihm schon seit langem die Zusammenhänge zwischen seiner Kindheit und seinen Verspannungen und Schmerzen klar. Aber tiefergehend emotional ist ihm dies noch nicht klar geworden. Es fehlt ihm die tiefergehende emotionale Einsicht und Korrektur. Mit meiner Hilfe und vorher in einer psychosomatischen Klinik sucht er sie immer wieder und von den verschiedensten Seiten her zu beleuchten.
Ich möchte noch einmal sein Schicksal zusammenfassen. Er wurde als erstes Kind seiner 17 jährigen Mutter und seinem 25. jährigen Vater geboren. Diese waren Schülerin und ihr Lehrer, und sie heirateten daraufhin gezwungenermaßen. Die Geburt galt im Umfeld als Schande, an ihm selbst wurden die Schande und der Makel festgemacht, und er musste lebenslang stigmatisiert dafür geradestehen. Er durfte in keiner Weise negativ auffallen, negativ in den Augen der Eltern, nicht laut, sozusagen quietschtvergnügt, musste immer brav sein. Ansonsten reagierte die Mutter mit einem schmerzvollen Gesicht, das jegliche lebhafte Lebensäußerungen verhinderte. Später hörte er vom Vater " reiß’ dich zusammen". Wenn er später sich zu beschweren versuchte, hieß es „wir haben das beste für dich getan“. Zuflucht hatte er bei der Oma gesucht, die ihm erstmal Geborgenheit schenkte, aber über die bösen Männer herzog, „diese Säufer, Schläger und Vergewaltiger, so einer sollte er nicht werden“. Sie hatte entsprechende frühere Erfahrungen. Als Folge hatte er heute mit Mitte 50 noch keine intime Beziehung eingegangen. Er gab sozusagen sich selbst zu Gunsten der Eltern und der Oma auf.
Am besten lasse ich ihn selbst zu Wort kommen: „Als ich hier eben saß, spürte ich eine Traurigkeit. Ich müsste erklären, was mit mir los ist. Dagegen spüre ich einen Widerwillen, denke, ich müsste es, aber ich will nicht. Ich kann nicht einfach so sein, wie ich bin. Ich muss mich rechtfertigen und das sogar wegreden, weil es nicht akzeptiert wird. Ich soll irgendwie anders sein. Wenn ich traurig bin, soll es nicht sein, als wäre mir der Grund entzogen, als wäre falsch, wie ich fühlte. Als ob eine Drohung bestände, wie kannst du es wagen, dass es dir schlecht geht, wo wir doch alles für dich machen. Es besteht die Erfahrung und die Gewissheit, dass mir das weggeredet wird. Ich darf nicht so fühlen, wie ich fühle. Darüber werde ich wütend, dass man mich nicht hören und verstehen will. Dann ist das wie eine Betäubung der ständigen Wut.
Das ist der affektive, gefühlsmäßige Teil, das ich nicht so kann wie ich bin, weil die Mutter mit Angst reagiert hat. Meine Traurigkeit und Wut waren für sie bedrohlich. Die Traurigkeit war sogar mehr bedrohlich als die Wut, weil sie eine Kritik an der Mutter darstellt. Sie wird sogar verleugnet, es gibt keinen Grund dafür. Wenn mir schlecht geht, ist was falsch, ich mache etwas falsch, dann ist das mein Fehler, und ich bin schuld und habe Schuldgefühle. Das bleibt unaufgelöst so stehen, in mir verkapselt und versteckt. Ich bin doch undankbar, dann habe ich ein schlechtes Gewissen, ist doch Egoismus, wenn es mir schlecht geht. Dann bin ich völlig verzweifelt.
Es gibt ein richtiges und falsches Empfinden, das darf ich oder nicht. Das ist schon in einem präverbalen Stadium passiert. Dort wurde ich allein gelassen mit meinen Lebensäußerungen. Manchmal ist ein Empfinden in mir, ich könnte stundenlang schreien. Jedoch wenn diese Bilder mir wieder ins Bewusstsein kommen, das könnte mir helfen. Schon ganz früh ist diese Verkrampfung da, mit Worten nicht erfassbar. Aber es gilt, das Unaussprechliche aussprechbar zu machen. Ich durfte nicht wütend sein, dabei ist das nichts Böses und Schlechtes. Aber ich glaube in der Tiefe seiner Seele immer noch daran. Ich traue mich nicht loszulassen, denn dann kommt die Verzweiflung, aus der ich nicht mehr herauskomme, weil es schon immer so war. Zumindest fürchte ich das.
Ich traue mich nicht, dann werde ich aus- und weggelacht "mach dich nicht lächerlich, reißt sich zusammen". Wenn alles um mich herum angespannt ist, könne ich doch nicht locker lassen, das drückt alles auf mir. Diese Sätze habe ich nur vom Vater gehört, aber nicht von der Mutter, sie sagt nichts, sie guckt nur und wird traurig. Dann konnte ich auch nur traurig sein. Die Traurigkeit und Verzweiflung mußte ich unterdrücken, und zwar wegen der Eltern.
Ich erwarte noch Lob und Anerkennung, weil ich es so gut hingekriegt habe. Nichts habe ich dafür bekommen, dass ich es für die Mutter gemacht habe. Die Folge ist ein innerer Schrei, den ich aber unterdrücke, als wäre es unerträglich, diese Verzweiflung, eine stumme Verzweiflung. Ich gebe mich selber auf, verzichte, sehe keinen Ausweg, kriege nichts dafür. Das sei alles sinnlos, weil die Mutter sage, ich verlange doch nichts von dir, deswegen kann ich auch nichts machen. Das bilde ich mir doch nicht alles ein, ich bin doch nicht verrückt. Ich mache es für die Mutter, und dann sagt sie, ich verlange doch gar nichts von dir. Dann verstehe ich gar nichts mehr, was los ist, kriege keine Erklärung. Das führe zu einer tiefen Verunsicherung und Zerrissenheit in mir. Ich bestehe sozusagen aus zwei Teilen, aus der Mutter und aus mir selbst, und dieser Teil wartet auf eine Erklärung der Mutter. Sie wollte jedoch gar nicht, und dabei entsteht in mir ein Gefühl, ich werde alleine gelassen.
Dass der Wille der Mutter bestimmend für mich sei, dann merke ich, wie wütend ich bin, das ist so gemein, unfair, dann seien Aggressionen da, die ich jedoch unterdrücke. Diese Wut hat die Mutter von vornherein durch ihren traurigen Blick unterbunden. Sie verlangt von mir Sachen, die sie dann verleugnet. Um diese Verhältnisse zu durchschauen, stecke jedoch nicht das Wissen des Kindes drin, das kann es nicht, sondern die Allmacht des Kindes, das alles auf sich bezieht. Dies sei wie eine Kapsel, wie eine Zeitkapsel, die ich mit mir rumschleppe. Aber das Kind sieht nur die allmächtigen Eltern, weil sie nicht wollen, das schleppe ich mein ganzes Leben mit mir herum.
Eben habe ich bemerkt, dass die Tränen hoch stiegen, ein Gefühl von loslassen, das tut gut, und dann verkrampfte ich mich wieder. Ich will nicht, ich darf es nicht zeigen. Die Urteile sind vorweggenommen, sie sind in mir drin. Ich möchte weinen, aber ich darf es nicht und ich möchte es aber doch. Selbst die Halsmuskulatur, die Zunge ist verspannt, wie ein dunkler Fleck, ein Knoten, ich darf mich nicht äußern und nach außen gehen, als ob ich gegen die Regeln verstoßen, ein Störenfried bin. Das hält mich zusammen, ein Gefühl, das von früher ist. Es war schon da, es wurde nur verstärkt durch die Bemerkung " mach dich nicht lächerlich". Das hätte nicht in den Rahmen gepasst.
Meine Mutter konnte gar nicht mitschwingen, keine Resonanz, ich bin auf Verunsicherung und Ängstlichkeit gestoßen, das ist so in Fleisch und Blut übergegangen. Das ist die Ambivalenz der Mutter, dabei treffe ich auf kein Mitschwingen. Aber sie möchte, dass es mir gut geht. Auch Neidgefühle schwingen mit, wenn es mir gut geht. Ich habe ängstlich reagiert, was von ihr kommt, wie reagiert sie. Es fehlt die Basis, die Resonanz, in ihr war sie auch nicht. Die Mutter konnte sozusagen nicht mithalten. Sie hatte Schwingungen, die ich auslöste, ich bin böse, schlecht, darf nicht, Schuldgefühle, und ich muss mich zurückhalten. Da taucht Abwehr auf, Widerwillen, Ekel. Das ist für mich eine Zeitreise, ich bin wie ein Kleinkind, das Kleinkind in mir.“
Diese Ausführungen sind Auszüge aus den letzten Stunden. An sich spricht dieser Text für sich selbst. Er drückt seine inneren Widersprüche, seinen Selbstzweifel, seine Verzweiflung und Verwirrung und gleichzeitig seine Schuldgefühle aus. Aber er wiederholt sich ständig, kreist um dieselben Probleme, beleuchtet diese aus verschiedenen Perspektiven. Der Patient hat ja schon hunderte von Stunden hinter sich. Deswegen ist sein Bericht neben seinen Rückfällen in die alten Zustände durchsetzt von Erklärungen und gleichzeitig Wünschen, um sich selbst und mir die Genese zu erklären, um sich selbst zu verstehen und eine Selbstachtung zu erringen. Dies versucht er aus verschiedenen Perspektiven, mit verschiedenen Worten, und erlebt immer wieder Rückfälle in die alten Zustände. Manchmal ist ein Wort oder eine Perspektive wie ein Zauberwort für ihn zutreffend und befreiend. Er litt ja schwer unter seinen Entwertung, seinem Selbsthass, seinem Selbstekel und hatte diese Lebenslagen und Befindlichkeiten nicht nach außen bringen können, hatte sie verdrängt und wurde erst durch seine körperlichen Schmerzen darauf aufmerksam gemacht.
Viele Stunden der Anfangszeit der Therapie hat er zwar rational über seine Probleme gesprochen, aber sie waren ihm nicht emotional zugänglich. Er hat sozusagen im präverbalen emotionalen Stadium verharrt. Er drückt das aus mit" tief in mir drin, in Fleisch und Blut übergegangen, die Urteile vorweggenommen" oder „Schwingungen und Zeitkapsel". In dieser Zeit sagte er häufig " ich versteh das nicht", was ihm heute inzwischen durchaus verständlich ist. Er ist inzwischen im verbalen Stadium angelangt, wo er seine Inneren Widersprüche, seine Befindlichkeit, aber auch seinen Standpunkt artikulieren kann. Dann tauchen Tränen auf, Wut auf die Eltern, Widerwillen und Selbstekel, Selbsthass und wiederum seine Verzweiflung und Verwirrung. Ebenfalls blieb die erwartete Dankbarkeit für ihn aus. Am Schnittpunkt der Wahrnehmung seines Standpunktes entstand Trauer, aber auch für die verlorene Lebenszeit.
Aus der Sicht der Eltern waren alle ihre Handlungen sozusagen eine Selbstverständlichkeit und zum Besten des Kindes. Diese Selbstverständlichkeit war in ihn lange synton übergegangen, bis er in fortgeschrittner Therapie die Diskrepanzen wahrnahm, die ihn sozusagen zerrissen, die Dystonie. Der Vater war sozusagen der Wächter der Mutter, zog mit ihr am gleichen Strang, und das Kind hatte keine Chance, anders als ein hilfreicher Vater. Dieser wird in Religionen als Gott verehrt. Die Mutter war für ihn allmächtig, und gleichzeitig so schwach. Ihre Schwäche war ihre Stärke. Sie wurde ja auch nicht vom Vater korrigiert. Denn dann hätte es den gefürchteten Streit gegeben. Gleichzeitig erlebte er sein Größenbild, das alles auf sich zu bezieht, was an ihm fest gemacht wurde. Er sah sich im Zentrum der Welt, und die Eltern hatten keine eigenen geprägten Persönlichkeiten. Sie waren ebenfalls erzogen, geprägt worden, und diese Prägungen gingen ungeprüft in ihn über. Das ist das Schicksal eines Kindes und dessen Eltern.
Er erlebt aber auch, dass ihn das Aussprechen und seine begleitenden Emotionen weiter bringen. Denn dann erringt er einen eigenen emotionalen Standpunkt und kann sich gleichzeitig die Befindlichkeiten der Eltern erklären und sie verstehen, Verständnis offenbaren.
In der frühen Kindheit, dem Vorerinnerungsalter gehen die Befindlichkeiten und Gefühle der Mutter, meistens ist die Mutter zuständig, Ängste, Sorgen um das Kind und Aggressionen auf das Kind, Neid auf das Kind, auf den Vater und das weitere Umfeld ungefiltert in das Kind über. Die Psychoanalyse spricht dann von einem Embodiment, weil sich die Befindlichkeiten und Gefühle vorwiegend im Körper ausdrücken. Sie haben noch keine Repräsentanz in den Gefühlen oder Emotionen. Im Erinnerungsalter, sozusagen ab drei, kann das Kind sich zwar ausdrücken, seine Gefühle zeigen, trotzig sein, aber das Kind glaubt der Mutter mehr als sich selbst. Das ist doch kein Wunder, wenn man die Größenverhältnisse betrachtet, hier die große Mutter und der große Vater und da das kleine Kind. Es hat noch keine Selbstrepräsentanz erworben, in der es selbstbewusst eigene Bilder und Standpunkte, vermittelt durch das weitere Umfeld, vertreten, und Widerworte geben kann. Diese bildet sich langsam erst heraus und ist durchwoben von den Erfahrungen im Vorerinnerungsalter und dem Glauben an die Mutter.
Ebenfalls wirken der Vater und das sonstige Umfeld einmal zur Stabilisierung oder Destabilisierung der Mutter, und auch sie selbst mischen mit ihren Befindlichkeiten und Gefühlen mit. Da die Mutter sozusagen im Kind ist, wirken sich die Ängste und Sorgen als Sorgen um sich selbst und die Aggressionen auf die Mutter als Autoaggressionen aus.
Im zweiten Teil dieser Ausführung werde ich über das Größen- und Souveränitätsbild, die das größte Hindernis der differenzierten Wahrnehmung in den Zufällen des Lebens, ob die Mutter so oder so ist, mit allen ihren Schwächen und Stärken, darstellen. Das Größenbild wehrt sich gegen diese Wahrnehmungen der unterschiedlichen Bedingungen im Falle zu großer, aber für den Einzelnen nicht wahrgenommener Traumatisierungen, weil es es nicht anders kennt.