Erst einmal aber müssen wir uns um den Plagiatsvorwurf kümmern, denn Fatih Akin gerade gerichtlich hat abwehren können. Da geht die Geschichte so. Fatih Akin hat eine Idee zu einem Film gehabt. Längst bevor ihm ein Autor seinen Roman – Alexander Wall, „Hotel Monopol“, Ventil Verlag 2006 – zuschickte, in dem sich lauter Versatzstücke finden, die tatsächlich im Film Soul Kitchen die Szene und die Handlung bestimmen. Allerdings hatte Akin den erhaltenen Roman nicht gelesen. Das ist glaubwürdig. Über den skriptgemäßen Findungsprozeß der Geschichte hatte der Regisseur bei den Filmfestspielen in Venedig ausführlich erzählt. Als nun Wall, der eigentlich Wallasch heißt, eine Pressevorführung des Weihnachten angelaufenen Films sah, fand er die Ähnlichkeiten doch überdeutlich und teilte dies dem Regisseur mit.
Fatih Akin empfahl dem Autor: „Wenn du damit nicht klar kommst, wirst du mich wohl anklagen müssen, Kollege.“ Das tat dieser zwar nicht, sah sich aber doch einem Prozeß gegenüber, den die Anwälte von Akin anstrengten mit dem Ziel, daß geklärt werden solle, daß der Inhalt vom Film Soul Kitchen auf der Idee vom Drehbuchschreiber und Regisseur beruhe und kein Plagiat vorliege. Dazwischen lagen Aufforderungen zu Unterlassungserklärungen, in denen Wallasch darauf verzichten sollte, seine Aussagen der Ähnlichkeiten zwischen seinem Roman und dem Film zu wiederholen. Darauf wollte sich dieser nicht einlassen, weshalb nun ein Hamburger Gericht Anfang Dezember entschied, es sei zweifelsfrei geklärt, daß Fatih Akin als Drehbuchschreiber eigene Ideen als Skript niedergeschrieben habe, denn sie entsprechen dem, was er schon 2004 als Drehbuch bei der Hamburger Filmförderung eingereicht hatte. Sieg also für Akin, aber so recht begreift man nicht, weshalb diese Rechtskeule geschwungen wurde.
Und nun gibt es gleich ein zweites Buch über und um Soul Kitchen herum, das 2009 erschienen ist. Aha, endlich steigen wir durch. Denn dieser von Jasmin Ramadan geschriebene Roman heißt zwar Soul Kitchen wie der Film – sicher verkauft er sich dann auch besser -, aber was hier passiert, ist die Ausbreitung der Vorgeschichte vor dem Film also, wie es nämlich dazu kam, daß sich Held Zinos überhaupt auf das Lokal ’Soul Kitchen` kaprizierte, genau das Lokal, dessen er dann im Film seines dämlichen Bruders wegen (irrsinnig passend Moritz Bleibtreu, der solche Ganoven mit Herz einfach überzeugend bringt) erst einmal verlustig geht und dann wiederum”¦aber das ist eine andere Geschichte. Nämlich die des Films von Fatih Akin. Hier geht es um „Der Geschichte erster Teil – das Buch vor dem Film“.
„Ein Mann, der um seine Existenz fürchtet, fickt nicht gut!, sagt die erste Überschrift als „Die Zutaten des Lebens“. Das können wir nicht gut beurteilen, auf jeden Fall lernen wir gleich, was ein ’heißer Kanarienvogel` ist. Nichts Unanständiges. Zwei Seiten weiter gibt es auch gleich das Rezept dazu: „ Man braucht eine hitzebeständige Glaskanne, ein Stövchen, ein bis drei Teelichte, ein kleines scharfes Messer, ein kleines Teeglas, mindestens einen Liter frisch abgekochtes Wasser, eine große Zitrone, ein paar Stunden Zeit.“ Die Zeit nämlich, das Gesöff zu trinken, wobei man gut den handlichen Roman aus dem Verlag Blumenbar lesen kann, damit man dann, wenn man den Film „Soul Kitchen“ besucht, mit dem Personal schon gut vertraut ist.
Da wird in Rückblenden vom Helden und dem zwei Jahren älteren Illias erzählt, der immer schon machte, was er wollte. Und der beim brüderlichen Rollenspiel immer der war, der auf der Flucht sein durfte, während Zinos brutale FBI-Typen oder dümmliche Polizisten geben mußte, die dann von Illias verarscht wurden. Er zog immer den Kürzeren. Das wird als Selbstmitleidschose so bleiben, auch im Film. Aber dezent. Aufmüpfig dagegen, daß auch die beiderseitigen Meerschweinchen den Siegertraum und Verliereralptraum fortsetzen. Daß die nun Rummenigge und Maradona heißen, fanden wir nicht so witzig. Und beim Meerschweinchentod geschah: „Es war an diesem Abend im Jahr 1983, als Zinos seinen Bruder zum letzten Mal weinen sah.“ Und jetzt sitzt er im Gefängnis.
In der Art eines Roadmovies wird nun des Zinos` Werdegang nachvollzogen. Klassische Lehr- und Wanderjahre sind das nicht, aber ein durchaus aufregendes durch die Welt Gondeln, wobei die griechischen Inseln nicht fehlen dürfen, aber auch Hamburg nicht, der Nabel der Familienwelt, vor allem aber ist die Karibik gefragt. Und nach seiner freiwillig-unfreiwilligen Reise um die Welt in mehr als 80 Tagen, findet Zinos zurück nach Hamburg und seinen Lieben, eröffnet das Restaurant „Soul Kitchen“ und der Film beginnt, auf den das Buch neugierig machen will: „Und wer wissen will, wie es weitergeht, schaut: ’Soul Kitchen` von Fatih Akin. Starttermin: 25.12.2009.“ So etwas nennt man gezieltes Marketing.
Und wir wissen nun, es gibt die guten Bücher zum Film und die kommen ins Töpfchen und die schlechten, die ins Kröpfchen gehören.
www.blumenbar.de
www.jasminramadan.de
www.soul-kitchen-film.de