Mit Dai Qing, einer bekannte Umweltjournalistin aus Peking, sprach diejenige, die für diese Öffentlichkeit mit gesorgt hatte. Als sie anfängt: „Mein Vaterland China als ein modernen Staat ist auf dem Weg aus tausendejahrelanger aristokratischer Herrschaft. ”¦“ ist der Konflikt da und viele Offiziellen verlassen den Raum. Herbert Wiesner vom P.E.N., den das Programm verschweigt, der aber auf dem Podium sitzt, verurteilt heftig den „Exodus“ als undemokratisch, Boos ist davon „enttäuscht.“
Dai Qing wiederholte nach dem Auszug ihre Worte: „China hat auch Fortschritte gemacht. Daß die Frankfurter Buchmesse dieses Symposium macht, ist hervorragend und daß wir beide, Bei Ling und ich, hier sind, ist wunderbar.“ Der Auszug der Offiziellen sei gegen den modernen Stil, en man in China wolle, es wäre eine politische Weisheit gewesen, nicht den Saal zu verlassen. Der Exilchilene aus den USA Bei Ling, der auch redet, ist ebenfalls enttäuscht über den Auszug, den er nicht erwartet hat, denn es sei nicht angemessen für das größte Verlegerland der Welt und für die doch sozialwissenschaftlich Geschulten ein solches Verhalten im Dialog zu zeigen.
Bei möglichen Nachfragen meldet sich ein Beamter der chinesischen Botschaft zu Wort, Jiang Feng aus Berlin, der für das freie Wort und das freie Ohr eintritt, zu dem gehört, daß die Leute gehen dürfen, die bestimmte Worte nicht hören wollen. Wenn deshalb einige Chinesen der offiziellen Delegation herausgegangen seien, sei dies auch die Verwirklichung einer demokratischen Haltung, denn er, Jiang Feng, wolle auch keine Anwesenheit unter Zwang. Die im Raum gebliebenen Chinesen klatschen heftig, andere auch. Anschließend sagt der chinesische Redner, der auch am Folgetag Podiumsteilnehmer ist, noch, daß ein chinesischer Beamter auch seinem Gewissen verpflichtet sei, weshalb er dies gesagt habe. Das war ein beeindruckender Wortbeitrag, der nach einer Pause zum eigentlichen Symposium führte, auf dem die zuvor hinausgegangenen Offiziellen wieder auf dem Podium saßen, was Juergen Boos mit einer erneuten Entschuldigung würdigte. Die galt diesmal dem Kooperationspartner China, für deren Abgang er im Nachhinein Verständnis übte: „Diese Leute verweigern sich nicht dem Diskurs mit sechs Partnern.“
Die Entschuldigung von Boos bezog sich darauf, daß er die veränderte Tagesordnung durch Redebeiträge der beiden, den Offiziellen nicht genehmen Chinesen, mit diesen nicht abgesprochen hatte, sondern diese durch die Heraushebung durch Redebeiträge noch vor den offiziellen Chinesen überfahren hatte. „ Die Chinesen sind aus dem Saal gegangen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlten, daß die beiden so vorgezogen wurden. Es sind scharfe Worte, die der ehemalige Botschafter Chinas in Deutschland, Mei Zhaorong, bringt, indem er es als undemokratisch bezeichnet, wenn die Spielregeln einseitig von Juergen Boos verändert werden. Formal hat der Mann völlig recht, so daß die erneute Entschuldigung von Boos – mein Gott, der arme Mann muß sich dauernd hin- und herentschuldigen – diesmal also der offiziellen Delegation Chinas gilt. Damit kann das eigentliche Symposium beginnen.
Überblickt man noch einmal vom Ende her die ungewollte Dramaturgie, hätte das kein professioneller Szeniker perfekter hinbekommen. Der Saal ist voll, die Medien präsent, alle auf die Diskussion gespannt. Veranstalter Buchmesse hat in Person von Juergen Boos gegenüber den meisten Kooperationspartnern einen Faupax nach dem anderen begangen: er ist eingeknickt gegenüber den Offiziellen Chinas, dann gegenüber den von ihm eingeladenen zwei Autoren Bei Ling und Dai Qing und hat damit diese und den P.E.N. beleidigt, anschließend ist er gegenüber dem P.E.N. eingeknickt und den beiden Autoren, was wiederum zum Affront gegenüber der offiziellen Delegation führte, bei denen er dann – völlig zurecht – wiederum einknickte. Ausreichende Gründe sich dann rundherum bei allen dezidiert für das jeweilige Fehlverhalten zu entschuldigen. Das hat Juergen Boos überzeugend hinbekommen. Wahrnehmung und Wirklichkeit.
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