Feldkirch, Vorarlberg, Österreich (Weltexpress). Beim regulären Konzertbetrieb wird immer mehr gespart. Derweil entstehen allerorten Festivals, deren wachsende Anzahl jedoch zu austauschbaren Programmen führt. Die Montforter Zwischentöne im österreichischen Feldkirch setzen dagegen auf maßgeschneiderte Veranstaltungen mit Regionalbezug.
Das Festival in Feldkirch, der westlichsten Stadt Österreichs, geht drei Mal jährlich über die Bühne. Und zwar außerhalb der gängigen Festival-Hochsaison: im Februar, Juli und November. Stets wird ein anderer Themenschwerpunkt beleuchtet; mittels Musik, Literatur, Psychologie oder bildender Kunst. Benannt ist das Festival nach den Grafen von Montfort, die einst in einer trutzigen Burg über dem Ortskern lebten.
„Es handelt sich nicht um ein Musikfestival im engen Sinne“, sagt Folkert Uhde, einer der beiden künstlerischen Leiter. „Wir wollen Alltagskultur und Musik in neuartigen Formaten verbinden, die unmittelbare ästhetische Erfahrungen ermöglichen.“ Konkret wurde dieser Ansatz im Programm der neunten Montforter Zwischentöne, die an zwei November-Wochenenden unter dem Motto „Vollenden“ stattfanden: Zur Eröffnung gab es eine Filmpremiere über die schönsten Schlussszenen der Filmgeschichte. Ein Gerontologe sprach, begleitet von Bachs Klaviermusik, über das erfüllte Altern. Zwei Plattensammler stellten ihre liebsten Schluss-Stücke vor. Der Begriff „Vollenden“ ist vage genug, um dazu in alle möglichen Richtungen zu assoziieren.
Zusammengezurrt werden die interdisziplinären Abende von Folkert Uhde und Hans-Joachim Gögl. Uhde nennt sich „Konzertdesigner“ und verantwortet auch die Programmgestaltung von Berliner Radialsystem, Orgelwoche Nürnberg und den Köthener Bachfesttagen. Gögl, geborener Vorarlberger, erprobt neue Formate vor allem im Kongressbereich.
Bei den Zwischentönen gibt es ausschließlich maßgeschneiderte Programme. Künstler, die mit ein- und denselben Stücken von Festival zu Festival tingeln, trifft man hier nicht. Stattdessen sucht das Festival Anschluss an die Region, das „Ländle“, das sich traditionell nach Westen ausrichtet und geprägt ist von der Nähe zu Schweiz und Liechtenstein.
Eng arbeitet man mit einheimischen Künstlern und Institutionen zusammen. Vor allem mit dem Konservatorium, das den riesigen Prunkbau des einstigen Feldkircher Jesuitenkollegs bezogen hat.
Am Konservatorium unterrichten mehrere Mitglieder des Epos Ensemble, das bei den Zwischentönen Schuberts C-Dur-Streichquintett aufführte. Bei dieser Veranstaltung überzeugte das 2015 gemeinsam mit den ersten Zwischentönen eröffnete Montforthaus durch tadellose Akustik.
Der helle Neubau mit seiner breiten Glasfront fügt sich organisch in die mittelalterliche, von der rauschenden Ill geteilten Stadtkulisse. „Das Haus ist ein großes Geschenk für die gesamte Region“, sagt Festivalleiter Uhde. „Wir profitieren vor allem von seiner großen Flexibilität. Den Saal können wir für jede Veranstaltung anders einrichten.“
Die Zwischentöne erkunden jedoch auch andere Orte in Feldkirch, eine Jugendstil-Turnhalle etwa, das noch von einer Handvoll Mönchen bewohnte Kapuzinerkloster, oder eine ehemalige Schwimmhalle.
Den Abschluss der Neunten Zwischentöne machte ein Gesprächskonzert unter dem Paulus-Motto „Ich habe den Kampf gekämpft, den Lauf vollendet“. John Dowlands „Lachrimae“ wurden sanftmütig-melancholisch dargeboten von den Gambisten des Hathor Consort. Zwischendurch diskutierten die Äbtissin Maria Hildegard Brem, die Psychoanalytikerin Ute Karin Höllrigl und der Soziologe Reimer Gronemeyer über das Vollenden des eigenen Lebensentwurfes.
Die kommenden Zwischentöne im Februar 2018 sind ein Beitrag zur 800-Jahrfeier Feldkirchs. „Wie nimmt sich Feldkirch wahr? Wohin geht die Stadt?“, will Festivalleiter Folkert Uhde fragen, indem er sich unter dem Motto „aufbrechen, heimkehren“ in die Diskussion zur weiteren Stadtentwicklung einmischt.
„Ausgehend von der Tradition der legendären Feldkircher Lateinschule, die im 14. Jahrhundert viele einflussreiche Persönlichkeiten hervorbrachte, laden wir sieben Experten aus ganz verschiedenen Bereichen ein“, stellt Uhde in Aussicht. „Sie stammen alle aus Feldkirch.“
Neue Formate und Aufführungsorte, die Einbindung der Region, Beiträge zur Stadtentwicklung – die Montforter Zwischentöne stellen eine echte Alternative zum Starrummel auf den angesagten Groß-Festivals dar.