Berlin, BRD (Weltexpress). Einen Beleg für Trumps Behauptungen gibt es nicht. Allerdings hatte er ähnliche Behauptungen bereits zuvor gemacht; zuletzt im Oktober 2023 während seines Wahlkampfauftritts, was darauf hindeutet, dass er sich dabei auf Informationen aus einer Einweisung/ Einschätzung der US-Spionageabwehr aus seiner ersten Amtszeit bezogen haben könnte. Seine jüngste diesbezügliche Behauptung, drei Tage nach seinem Amtsantritt am 20. Januar 2025, wurde im Zusammenhang mit den militärischen Fähigkeiten der USA im Vergleich zu denen Russlands getätigt, wobei die Hyperschallwaffen-Technologie besondere Aufmerksamkeit fand.

Bereits frühere Behauptungen dieser Art hat der Kreml jedes Mal zurückgewiesen, und man hätte da auch nichts anderes erwartet. Aber tatsächlich deuten alle verfügbaren Quellen und Kommentare von global führenden Wissenschaftlern auf diesem Gebiet wie z. B. Prof. Ted Postol darauf hin, dass Russland seine Hyperschallraketen unabhängig von fremder „Hilfe“ bzw. Spionage eigenständig entwickelt hat.

Dmitri Peskow, der Sprecher von Präsident Putin, betonte, dass Russland „unsere eigene Rakete, eine ausgezeichnete“ habe, was darauf hinweist, dass die eigene Forschung und Entwicklung Russlands in diesem Bereich auf eine lange Geschichte vor und unabhängig von jedem angeblichen Diebstahl zurückgeht.

Auch US-Oberst a. D., Scott Ritter, unterstreicht die eigenständige Entwicklung dieser Technologie in Russland und geht dann auch noch einen Schritt weiter und behauptet, dass es die Amerikaner waren, die versucht haben, mit Spionage an die weiter fortgeschrittenen Ergebnisse der Russen zu kommen.

Auf seinem X-Profil (früher Twitter) schrieb Ritter am 24. Januar 2025, dass Russlands fortschrittlichste Hyperschallwaffe, der Stratosphäre-Gleiter Awangard, ausschließlich aus „Forschungs- und Entwicklungsprogrammen stammt, die bis in sowjetische Zeiten zurückreichen, aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Krieges aufgrund von Finanzierungsmangel und veränderten geopolitischen Realitäten eingestellt wurden“.

Unter Präsident Wladimir Putin nahm Russland die Entwicklung von Hyperschallfähigkeiten wieder auf, nachdem die USA im Jahr 2002 aus dem ABM(Anti-Ballistic Missiles)-Vertrag von 1972 ausgetreten waren. Die ersten Arbeiten sollen etwa 2005 begonnen haben. Allerdings zögerte Russland, diese Bemühungen vollständig zu finanzieren, in der Hoffnung, die ABM-Fragen erneut in den strategischen Rüstungskontroll- und Abrüstungsdialog einfließen lassen zu können, der nach dem „Reset“ zwischen den USA und Russland zu Beginn von Obamas erster Amtszeit stattfand. Als nach der Unterzeichnung und Ratifizierung des New START(Strategic Arms Reduction Treaty)-Vertrages im Jahr 2010 jedoch klar wurde, dass die Obama-Administration nicht die Absicht hatte, sich ernsthaft mit Fragen der Raketenabwehr zu befassen, entschied sich Russland, die Entwicklung von Hyperschallfähigkeiten voranzutreiben, um Waffen zu entwickeln, die alle bekannten und prognostizierten US-ABM-Fähigkeiten überwinden können. Und damit hatten sie einen umwerfenden Erfolg.

Für Trumps Behauptung über den Diebstahl von US-Hyperschallraketenplänen durch Russland gibt es weder Belege noch Plausibilität. Die Entwicklung der Hyperschalltechnologie in Russland geht dagegen nachweislich auf eine substanzielle Geschichte unabhängiger Forschung zurück. Dass es in diesen Bereichen auch beiderseitige Spionage gibt, gehört zum „Geschäft“, auch wenn es nur darum geht, zu erkunden, wie weit der Gegner ist.

Ein Problem, das Russland bei diesen Forschungen behinderte, war die Tatsache, dass viele Wissenschaftler, die an den Hyperschallprogrammen der Sowjetzeit beteiligt waren, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von ausländischen Geheimdiensten, die Zugang zu den Ergebnissen dieser Forschung suchten, um ihre eigenen Hyperschallwaffenprogramme voranzutreiben, entweder abgeworben oder zumindest angesprochen worden waren.

Ein Beispiel dafür war ein Programm, das angeblich vom Karman Institut für Thermodynamik (VKI) unter der Bezeichnung FPV-7 Space verwaltet wurde. VKI arbeitete dabei mit sechs russischen Forschungsinstituten zusammen, darunter einige, die sowohl an der früheren sowjetischen Hyperschallforschung als auch an aktueller Forschung und Entwicklung an modernen Hyperschallgleitfahrzeugen wie dem Awangard – zuvor als Projekt 4202 bekannt – beteiligt waren.

Das VKI ist in Belgien als nichtstaatliche Organisation registriert und steht in engem Kontakt mit der NATO-Beratergruppe für Luft- und Raumfahrtentwicklung (AGARD) und der Defense Research Group (DRG). Die Wissenschafts- und Technologiekomponente der US-Geheimdienstgemeinschaft unterhält durch ihre NATO-Zugehörigkeit eine stete Verbindung zu dem Karman-Institut.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die US-Geheimdienstgemeinschaft das FPV-7 Space-Programm nutzte, um Zugang zu russischen Wissenschaftlern zu erhalten, die an vergangener und aktueller Hyperschallforschung beteiligt waren, und die Interaktion zwischen VKI und diesen Wissenschaftlern lenkte, um an Daten zu gelangen, die für Russlands laufende Forschung und Entwicklung an Awangard und anderen Hyperschallwaffen relevant sind.

Mehrere russische Wissenschaftler, die am FPV-7 Space-Programm beteiligt waren, wurden von der russischen Gegenspionage verhaftet und beschuldigt, Staatsgeheimnisse an ausländische Geheimdienste weitergegeben zu haben. Zu ihrer Verteidigung behaupten die Anwälte dieser Wissenschaftler, dass alle diesbezüglich relevanten Informationen, die von den russischen Forschern weiter gegeben worden waren, aus Vorträgen und Fachartikeln bestanden, deren Freigabe zum Austausch mit Ausländern zuvor durch die russischen Behörden erfolgt sei.

Vor diesem Hintergrund gab Scott Ritter in Bezug auf die von Trump gemachten Behauptungen zu bedenken: Falls es tatsächlich eine russische Spionageoperation zur Erkundung von US-Hyperschallplänen gegeben haben sollte, dann höchstwahrscheinlich nicht, um mehr über den nicht existierenden Vorsprung der USA auf dem Gebiet der Hyperschalltechnologie zu erfahren, sondern um festzustellen, wie weit die Amerikaner zurückliegen und in welchem Maß die einzigartigen Daten, die von den verhafteten russischen Wissenschaftlern stammen, die an dem vom VKI geleiteten FPV-7 Space-Projekt beteiligt gewesen waren, in die US-Entwicklungsprogramme für Hyperschallwaffen eingegangen sind.

Darüber hinaus zeigt die Verhaftung und Verfolgung dieser russischen Wissenschaftler durch die russische Spionageabwehr, dass nicht von einem russischen „Diebstahl“ US-amerikanischer Hyperschallpläne die Rede sein kann, um russische Hyperschallwaffenfähigkeiten zu fördern, sondern dass das Gegenteil der Fall ist: Es waren die USA, die ihre Geheimdienste nutzten, um Zugang zu geheimen russischen Informationen zu erlangen, um ihre eigene Waffenforschung und -entwicklung voranzutreiben.

An dieser Stelle sollte auch erwähnt werden, dass nach dem Maidan-Umsturz 2014 in Kiew und der Übernahme des ukrainischen Geheimdienstes SBU durch die CIA Tonnen von Bauplänen von Komponenten russischer Waffen aus der Ukraine in die USA wanderten. Denn vor dem Maidan hatte die Ukraine in Kooperation mit Russland einen großen Prozentsatz geheimer russischer Waffenkomponenten in den Industriezentren des Donbass produziert.

Fazit: Für Trumps Behauptung, Russland habe US-Pläne für Hyperschallraketen gestohlen, gibt es weder Belege noch jegliche Plausibilität.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Rainer Rupp wurde unter dem Titel „USA-Russland – Wer hat von wem Hyperschalltechnologie gestohlen?“ am 25.1.2025 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.

Siehe auch die Beiträge

im WELTEXPRESS.

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