Als Förderer des Fortschritts und als Ausbildungsstätte für die Generation von morgen haben Hochschulen einen wichtigen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung. In Sachen Nachhaltigkeit kommt ihnen deshalb eine Vorreiter-Rolle zu. Dazu gehören die Förderung sozialer Belange wie die Gleichstellung, Integration von Schwer-Behinderten und Arbeitssicherheit sowie der Umwelt- und Klimaschutz. Die UNO hat denn auch vor vier Jahren die Dekade „Bildung für die nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen, die noch bis 2014 dauert.
Viele Universitäten haben in den letzten Jahren eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt und umgesetzt. Auf eigenen Extra-Homepages weisen sie detailliert darauf hin, welche Maßnahmen sie umgesetzt haben und welche Studienmöglichkeiten es für Studenten im Bereich nachhaltiger Entwicklung gibt.
Zu den Musterschülern in Sachen Nachhaltigkeit zählt die Universität Lausanne EPFL. Sie gehört zu den „grünsten“ Unis der Welt. Schon vor 40 Jahren setzte die EPFL bei der Wärmeversorgung der Gebäude umweltfreundliche Maßstäbe: Für die Beheizung der Gebäude wurde das Wasser aus dem Genfer See genutzt. Künftig wird ein Teil der auf dem Campus benötigten Energie auch aus der Sonne kommen. Auf dem Dach der Gebäude entsteht die größte Photovoltaik-Anlage der Schweiz. Ab 2011 soll die Anlage zwei Millionen Kilowattstunden produzieren. Francis-Luc Perret, Vizepräsident der EPFL, spricht von „Labors unter freiem Himmel“. Denn zusätzlich zur Anlage wird ein Forschungsschwerpunkt zur Photovoltaik eingerichtet.
Gleichzeitig wurde an der EPFL die umweltfreundliche Mobilität vorangetrieben. Seit Ende 2008 verbindet die neue Metro den Campus mit der Stadt. Innerhalb von 20 Minuten gelangen die Studierenden aus der engen Innenstadt Lausannes auf das weiträumige Gelände. Auf dem Campus stehen zusätzlich Fahrräder zur Verfügung.
Für ihr Engagement erhielt die EPFL auf der Konferenz „International Sustainable Campus Network“ (ISCN) den „Ersten Internationalen Preis der nachhaltigen Hochschulen“. Im Rahmen dieser Konferenz lud die EPFL Nachhaltigkeitsmanager von Hochschulen aus aller Welt zum Best-Practice-Erfahrungsaustausch ein. Viele wiesen stolz auf die erreichten Fortschritte hin, beklagten aber teilweise immer noch mangelnde Unterstützung in den Universitätsgremien. „Es wird mitunter gezweifelt, ob sich die Projekte wirklich rechnen“, erzählte ein Vertreter aus den USA. Auf quälend langen Workshops berichteten die Sustainability-Manager über die Schwierigkeiten, ihre Konzepte zu implementieren, und debattierten über Strategien, wie sie die Nachhaltigkeit populärer machen können. Ein langer Weg!
Bei der Gründung der meist interdisziplinären Studiengänge und -module zur Nachhaltigkeit gebe es oft noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten, stöhnten sie. „Da gilt es, viele Vorbehalte auszuräumen“, verriet Leith Sharp von der Harvard University. Die Elite-Uni hat sich unter der Leitung von John D. Sprengler den Schwerpunkt „Sustainability & Environmental Management“ geschaffen. Vor kurzem wurde das Programm ausgeweitet. Zusammen mit dem Greenhouse Gas Management Institute bietet die Harvard University Extension School Kurse/ Seminare zum Klimaschutz an. „Studenten, die an einer Nachhaltigkeitskarriere interessiert sind, müssen das neue Paradigma der Klimaveränderung verstehen“, sagt John D. Sprengler.
Die schwedische Universität Göteborg ist ebenfalls sehr aktiv in der nachhaltigen Entwicklung. Für 20 Millionen Schwedische Kronen hat die Uni nun ein Institut für Nachhaltigkeit und Gesundheit geschaffen. 24 Forschungsprojekte werden dort durchgeführt. Im Nachhaltigkeitsbericht der Uni Göteborg werden zahlreiche Ziele aufgelistet und mit dem Ist-Zustand verglichen. So konnte die Forschung in nachhaltige Entwicklung erhöht werden: die Dissertationen in diesem Bereich stiegen um fünf Prozent. Dagegen ist das Ziel, die Kohlendioxid-Emissionen um vier Prozent von 2007 bis 2012 zu senken, in weite Ferne gerückt. 2008 legte der CO2-Ausstoß der Uni um sieben Prozent zu.
Neue Maßstäbe setzte auch die Uni Hokkaido in Japan mit ihrem nachhaltigen Campus, der auf einem mehrere Hektar großen Gelände im Süden der Insel entsteht. Der Masterplan für die Universität sieht grüne Gebäude, autofreie Zonen und große Naturschutz-Flächen vor.
Dass auch in Schwellenländern Nachhaltigkeit bei Hochschulen eine zunehmend wichtige Rolle spielt, bewies die ITT (Indian Institute of Technology) aus dem indischen Chennai (vormals Madras). So wird auf dem Gelände der Uni das Regenwasser gesammelt und wiedergenutzt, die Küchenabfälle werden über eine Biogas-Anlage energetisch verwertet, und die Festabfälle werden mithilfe einer studentischen Initiative rückgewonnen. In allen neuen Studenten-Wohnungen wird das Wasser mit Hilfe von Solarenergie (Solarkollektoren) erwärmt. Ineffiziente Klimaanlagen schließlich werden entfernt.
Die Maßnahmen zahlen sich aus: „Der Energie- und Wasserverbrauch ist stark gesunken“, erzählte M.S. Ananth, Präsident des ITT Madras, bei einer feierlichen Abendgala im Château de Bavois bei Lausanne. Und strahlte.
Internet-Links:
ISCN http://www.international-sustainable-campus-network.org/index.php?id=74