Allein bricht Sabine auf, allein erwacht sie am Neujahrsmorgen. Der Mann, der neben ihr liegt, ist ihr fremd. Obwohl sie die Nacht miteinander verbracht haben. Andere Menschen sind für Sabine immer Fremde, selbst wenn so ein anderer in ihrem Körper wächst. Doch davon ahnt Sabine noch nichts. Einen Partner hat sie am ersten Morgen des anbrechenden Jahres nicht gefunden. Der Partner kommt später, als sie von der Schwangerschaft weiß. Auch er findet sie, wie das Glück. Überraschend trifft Sabine ihren Bekannten Hannes (Stefan Rudolf) wieder. Zufall, eine „Glückliche Fügung“. Der Krankenhaushelfer freut sich auf das Baby. Mehr als es Sabine tut. Auch das ahnt sie nicht. Sie weiß es. Weiß es so sicher, wie sie ihr neue Zuhause hasst, die adrette bürgerliche Enge, das Beziehungsleben. Doch das Glück kennt kein Mitleid. Die „Glückliche Fügung“ ist unerbittlich.
Immer fester hält die „Glückliche Fügung“ Simone in ihrem Griff, bis die werdende Mutter daran zu ersticken droht. Zuerst wehrt sich Simone gegen die stillen Zwänge. Ihre achtlose Art sich zu kleiden, ihr unfrisiertes Haar verleihen ihrem Wesen etwas Widerspenstiges. Das tatsächliche Ausmaß der inneren Rastlosigkeit ihrer Figur verrät Annika Kuhl in nuancierten kleinen Gesten, die fast unsichtbar neben Simones Argwohn gegenüber der Nachbarin und ihren offenen Zweifeln an dem neuen Beziehungsleben sind.
Heimlich, still und leise tritt das Grauen in Simones Leben. Der Schrecken ist fast zärtlich in Isabelle Stevers nuanciertem Psychogramm. Zum zweiten mal nach ihrem Filmdebüt „Gisela“ verfilmt die Regisseurin einen Roman Anke Stellings, mit der sie das Drehbuch gemeinsam verfasste. Subtile Szenen enthüllen das Ideal eines beschaulichen Kleinfamilienlebens als spießbürgerliches Gefängnis. Das frisch renovierte Häuschen ist Simones Gruft, in welcher der professionelle Sterbebegleiter Hannes sie zutraulich in den emotionalen Tod wiegt wie die Patienten im Hospital. Ihre bis zur bitter zynischen Pointe konsequente Gesellschaftskritik macht Stevers Charakterporträt zu einer raren „Glücklichen Fügung“ im Kino.
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Titel: Glückliche Fügung
Land/ Jahr: Deutschland 2010
Genre: Drama
Kinostart: 20. Januar 2011
Regie: Isabelle Stever
Drehbuch: Isabelle Stever, Anke Stelling
Darsteller: Annika Kuhl, Stefan Rudolf, Arno Frisch, Maria Simon, Juan Carlos Lopez, Hanns Zischler, Jana Thies, Anne Weinknecht, Hans Christian Steyer, Lawrence Davies
Kamera: Bernhard Keller
Musik: Yoyo Röhm, Jupiter Moll, Louis Marioth
Schnitt: Bettina Böhler
Laufzeit: 90 Minuten
Verleih: Movienet Film GmbH
Homepage: www.movienetfilm.de