Doch als Reisejournalistin kann man sich schließlich diesem Thema nicht ganz verschließen. Aus verschiedenen Gründen wählte ich für meine Ersterfahrung die Aida – Insider berichteten, hier solle es nicht so stocksteif zugehen, hier sei die Kleiderordnung lockerer, und es würden Reisende aller Altersgruppen an Bord sein. Die Route war schnell gewählt: Der Orient sollte es sein – eine kompakte Reise, die in Dubai startet und endet.
Das Schiff, die Aidablu, „fasst“ 2588 Passagiere, die von einer 630-köpfigen Besatzung – einschließlich zweier Kapitäne und eines Clubdirektors – betreut, bedient, bespaßt und im Notfall hoffentlich auch gerettet werden. Über 2500 Leute sollen also an diesem Januartag in Dubai bis elf Uhr an Bord sein, mit Sack und Pack. Ich erwarte das blanke Chaos und auf keinen Fall, meine Kabine vor dem Abendessen zu Gesicht zu bekommen.
Mitnichten! Keine fünf Minuten dauert der Check-in, dann habe ich die Bordkarte, einen Cocktail-Gutschein und gute Wünsche für eine erholsame Reise bekommen – verbunden mit einem charmanten Aida-Lächeln. Und nein – es galt jetzt nicht, auf Deck sieben zur Kabine 7140 zu kraxeln. Ein vornehm gestylter Lift schwebt mit mir in die Höhe. Die Kabine hat bequeme Betten – wie unglaublich wichtig ist das! Außerdem einen Flachbildner mit ARD und ZDF und Aida-TV natürlich.
Im Bad ist nicht üppig, aber ausreichend Platz, die Dusche funktioniert perfekt, und an das aggressive Rülpsen des Vakuum-Klos gewöhnt man sich auch. Die stets eingeschaltete Klimaanlage nervt ab und zu. Doch ich habe erfahren, dass sie laufen muss, um die Luft im Schiff zu entfeuchten – sonst bestünden Gesundheitsgefahren. Ein echtes Highlight aber ist der Balkon: nicht groß, aber ein wunderbares Stück Freiheit jeden Morgen und jeden Abend. Hier sehe ich mich schon sitzen, bei einem Gläschen Prosecco, und entspannt über diese Reise schreiben. Ab und zu wird der Blick abschweifen – auf das glitzernde Wasser, zu den anderen Kreuzfahrern im Hafen, auf die Silhouette von Dubai, auf die schroffen Vulkan-Felsen des Oman…
Die Aidablu ist behindertengerecht gebaut, 253 Meter lang, 32 Meter breit, hat 15 Decks, zwölf Bars und sieben Restaurants, natürlich Shops, ein 4D-Kino, ein Casino sowie einen Kids-Club. Dort können erholungsbedürftige Eltern ihren Nachwuchs im Alter zwischen drei und 17 Jahren von zehn bis 20.30 Uhr parken. Doch das ist für die Kinder sicher abwechslungsreicher, als neben Erwachsenen, die stundenlang platt in der Sonne liegen, an Spielen, Basteln, Toben, Baden, Theaterspiel und Geschichtenhören nur denken zu können.
Im Kids-Club wird all das geboten – bis zu neun ausgebildete Erzieher mit tollen Ideen stehen dort bereit. Natürlich basteln die Größeren, die Teenies, nicht vordergründig. Ihnen werden verschiedene Workshops wie Kochen oder Hairstyling angeboten sowie eigene kleine Landausflüge zu Zielen, die junge Menschen interessieren – wie beispielsweise ein Trip zur Formel1-Rennstrecke in Bahrain.
Was vor allem an Seetagen wichtig ist: Auf drei Decks kann man am Pool liegen. Es gibt einen riesigen Wellnessbereich mit Saunen, Whirlpools und zig Angeboten für verwöhnende Gesichts- und Körperbehandlungen – die allerdings nicht eben preiswert sind. Ein riesiger Bereich ist der Fitness vorbehalten und mit allen nur denkbaren Foltergeräten dafür ausgestattet. Es gibt eine Bühne am Pool und ein Theater im Inneren mit Zuschauerplätzen auf drei Decks. Jeden Abend kann man sich hier von wirklichen Profis amüsieren lassen. Es werden Tanzkurse angeboten, aber auch Bingo, Scheffelbord und Volleyball.
Und nur selten hat man den Eindruck, von den Menschenmassen eingekesselt zu sein. Das kann höchstens passieren, wenn prompt jeder eine Liege am Pool haben will oder auch mal abends im Restaurant, wenn viele Leute auf einmal von organisierten Ausflügen zurückkommen. Doch ansonsten fühle ich mich rundum wohl und genieße die Stunden an Bord, esse und trinke vorzüglich, schlafe hervorragend und entspanne zusehends.
Irgendwie ist das Leben auf diesem Schiff wie das in einer der gehobenen Clubanlagen dieser Welt, nur dass sich dieser genialerweise mit Tempo 30 bewegt. Wache ich morgens auf und schaue vom Balkon, ist der Club verrückt! Heute Dubai, morgen Muscat, übermorgen Abu Dhabi, zwei Tage später Manama, danach wieder Dubai. Ein wahres Kreuzen ist das! Und überall dort, wo der Club Halt macht, gibt es Interessantes zu entdecken – schließlich hat man ja dafür eigens diese und keine andere Route gewählt.
Doch was ist interessant? Das ist wohl eine sehr individuelle Frage. Deshalb gibt es auch die verschiedensten Ausflugs-Angebote, wenn das Schiff im Hafen liegt. Es ist bequem, einen solchen Ausflug zu buchen und dann ein paar Stunden sachkundig (wenn man Glück hat) geführt zu werden. Doch eines muss man sagen: Preiswert ist das nicht. Ich habe mir lieber ein Taxi gechartert und mich an die Orte bringen lassen, die ich mir in Vorbereitung meiner Reise schon ausgesucht habe. Übrigens wurden hochinteressante Einblicke in die Geschichte, die Politik und den Alltag der Emirate an Bord vermittelt – in verschiedenen Vorträgen der Lektorin Dorine Ali-Khan, einer absoluten Orient-Kennerin.
So beispielsweise die große Moschee in Abu Dhabi, die schneeweiße „Sheikh Zayed Grand Mosque“, die zu Ehren des Staatsgründers, der in einem angrenzenden Mausoleum beigesetzt ist, errichtet wurde. Außerdem wichtig: Ein Kaffee im Emirates Palace, einem der luxuriösesten Hotels der Welt. In Manama, der Hauptstadt des Königsreichs Bahrain, habe ich den riesigen Souk – einen historischen Markt der Stadt – durchstreift und wunderbare handgefertigte Tücher aus feinstem Kaschmir gekauft. Im Oman habe ich mich vor allem für den Sultanspalast al-Alam-al-Amer, das prächtigste Gebäude der Stadt, interessiert. Für seinen Bau ließ Sultan Qaboos 1971 ein Drittel der Altstadt einebnen – so kann es zugehen in einem Sultanat.
In Dubai, dieser erstaunlichen Retorten-Stadt, waren es natürlich Ziele wie die künstlich angelegte Insel Palm Jumeirah – inzwischen wieder oder noch mit einigem Leerstand. Die Krone der Palme markiert das mondäne Hotel Atlantis mit Wasserpark, mystischen Ruinen des legendären Atlantis und einer gigantischen Unterwasserwelt mit rund 65 000 „Bewohnern“. Um einen Blick ins Sieben-Sterne-Hotel Burj Al Arab werfen zu können, muss man lange vorher einen Tisch in einem der Restaurants reservieren und im Voraus ein sagenhaft teures Frühstück bezahlen. Also schenken wir uns das.
Dann eher ein Trip auf den Burj Khalifa, das mit 828 Metern und 163 Stockwerken höchste Gebäude der Welt mit Hotels, Restaurants, Büros, 900 Wohnungen – die meisten stehen allerdings immer noch leer. Wochen vorher habe ich per Internet ein Ticket für den Aufstieg gebucht. Zu einer genauen Uhrzeit hatte man sich dann an der „Bodenstation“ dieses Molochs einzufinden – und die liegt inmitten der Dubai Mall, einem großen Einkaufszentrum mit einem der größten Aquarien der Welt und einer Eislaufhalle. Irgendwann ist der Fuß des Berges gefunden, und der Lift schießt nach oben, aber nicht etwa ganz bis zur Spitze: Die Besucherplattform liegt in 452 Metern Höhe. Doch auch von dort aus bietet sich ein imposanter Blick über diese Stadt, die sich so erst in den letzten 20 Jahren entwickelt hat.