„Hast Du schon gegessen?“ Schon wieder diese unerwartete Frage, an die sich der Reisende in Fernost erst gewöhnen muss. Wozu dieses außergewöhnliche Interesse auch außerhalb der normalen Essenszeiten? Doch irgendwann einmal hebt sich der Schleier des Geheimnisses. Und dahinter tritt die einfache Erkenntnis zutage, dass den Malaysiern ein gewöhnliches „Wie geht’s?“ viel zu banal wäre, um sich nach dem Wohlbefinden ihres Gesprächspartners zu erkundigen. Denn kulinarische Sinnlichkeit, so Stadtbegleiterin Saras aus Kuala Lumpur, ist hier jedem Einzelnen bereits in die Wiege gelegt.
Denn wo sonst könnte man genüsslich gleich auf drei hochkarätige Esskulturen zurück greifen? Deren verbindende Grundlage ist natürlich der Reis. Doch was das pikante Drumherum angeht, da haben die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen im Land der exotischen Gewürze ihre jeweils eigenen Gewohnheiten entwickelt. Vom malaiischen Satéspieß mit Erdnusssoße über das chinesische Nudelgericht Mee Goreng bis hin zum indischen Tandoori-Hühnchen mit Dal-Beilage. Ein ständiger schneller Wechsel von einer Küche in die andere, der sich für Saras wie für alle anderen Kulinariker hierzulande offenbar als eine genussvolle Bereicherung erweist.
Hauch von Bollywood
Unterschiedlich wie die Küche ist auch die Kultur des Landes. Noch heute halten die malaiischen Bewohner in dem kleinen Ort Bukit Katil die Tradition bunt bemalter Ochsenkarren aufrecht. Jeweils zwei Ochsen im Joch, die das großrädrige Fahrzeug mit ihrer Last gemächlich durch die Reisfelder ziehen. Behäbige Schwergewichte ohne die geringste Gefühlsregung, denen man nicht ansehen kann, was in ihren gehörnten Köpfen gerade vorgeht. So sind sie trotz des durch die Nase geführten Lenkseiles ihrem Ruf als unberechenbare Individuen treu geblieben, denen man lieber nicht zu nahe kommt.
Ganz anders, nur wenige Kilometer entfernt, das indische Lichterfest Deepavali, das alljährlich in der Millionenstadt Melaka, dem früheren Malakka, stilvoll und zugleich hingebungsvoll gefeiert wird. Ein Hauch von Bollywood liegt in der Luft, wenn die Tänzerinnen und Tänzer mit ihren farbenfrohen Kostümen in liturgisch anmutender Pose die Finsternis und damit das Böse beschwören, um sodann in einem Freudenfeuer das Licht und damit das Gute zu zelebrieren. In einem ekstatischen tänzerischen Finale, das mit den explodierenden Feuerwerkskörpern zu verschmelzen scheint.
Einheimische und Kolonialmächte
Welch andere Welt als die der Portugiesen, die hier im frühen Zeitalter der Entdeckungen vor der Westküste der malaiischen Halbinsel mit ihren Segelschiffen aufkreuzten und zur eigenen Sicherheit im Kern der heutigen Altstadt sogleich eine Festung errichteten. Doch schon bald vertrieben von den Holländern, die das Stadtbild mit ihren typischen Giebeln und dem auffälligen roten Rathaus prägten. Auch sie benutzten die Straße von Melaka zum maritimen Sprungbrett in den Fernen Osten. Zunächst nicht ahnend, dass die schon bald meist befahrene Wasserstraße der Welt natürlich auch scharenweise Piraten anlocken würde, die hier über die Jahrhunderte ihr Unwesen trieben.
Mit ihnen sollten sich auch noch die Engländer herumschlagen, die die Nachfolge der Holländer antraten.
Stets auf der Suche nach tropischen Gewürzen, die bei hohem Nachfrage in der nordeuropäischen Heimat sogar mit Edelmetall aufgewogen wurden. Eine bunte Welt, die sich da in Fernost im Miteinander von Einheimischen und Kolonialmächten auf der Malaiischen Halbinsel herausbildete.
Überquellende Fruchtbarkeit
Erst relativ spät entdeckten die Engländer vor knapp einhundert Jahren das unter tropischem Regenurwald verborgene Hinterland für sich. Ein Gottesgeschenk, wie sich bald herausstellte. Denn das nach ihrem Entdecker Cameron benannte Hochland nahe der thailändischen Grenze erwies sich, wie bereits die Anfahrt von der Westküste her zeigt, voll von überquellender Fruchtbarkeit. Für Gemüse, Blumen und Früchte aufgrund des tropischen Klimas und der nicht zu übertreffenden Bodenbeschaffenheit bis heute hervorragend geeignet.
In dieser Umgebung wird ein Dschungelausflug mit Ranger Balan, einem bodenständigen und zugleich knorrigen Einheimischen, zum puren Vergnügen. In seinem betagten Landrover vorbei an Erdbeerplantagen, Gewächshäusern und Bienenfarmen bis zu den vor Feuchtigkeit triefenden mit Moos behangenen Baumriesen im ältesten noch erhaltenen Urwald der Welt.
Seele des Hochlandes
Doch die eigentliche Seele des Hochlandes, das betont Balan in immer neuen Variationen, ist eingeflossen in das hellblättrige Grün der ausgedehnten Teeplantagen, die von überall her herauf schimmern. In schmalen parallelen Streifen aus Teesträuchern erstrecken sie sich über das hügelige Bergland und scheinen irgendwo in der Ferne sogar mit dem Dunst des Horizonts zu verschmelzen. Gruppen von Teepflückern, speziell auf der Suche nach den frischesten Teeblättern, mühen sich in Konkurrenz mit den etwas gröber zupackenden modernen Pflückmaschinen, um zügig die Kiepen auf ihren Rücken zu füllen. Deren kostbarer Inhalt ist bestimmt für die nahe Teefabrik, in der sogleich bei hocharomatischer Duftkulisse der Fermentierungsprozess eingeleitet wird.
Voraussetzung für einen der weltweit höchsten Teegenüsse, den „High Tea“. Stilvoll zelebriert im Smokehouse Hotel, einem malerischen Anwesen im Tudor-Stil. Hier lebt es sich in Gästezimmern wie dem „Squire“ oder dem „Windemere“ wie einst zur Zeit Heinrichs VIII. Dieser jedoch verfügte damals noch nicht über das Privileg, den mit zartem Teegebäck, Erdbeermarmelade und angedickter Sahne servierten „High Tea“ zu genießen, da dieser erst lange nach seiner Zeit im heimischen England erfunden wurde.
Bezaubernde Bootsanlegestelle
Selbst auf der weiter nördlich gelegenen Insel Penang haben die Engländer ihre Spuren hinterlassen. Noch vor wenigen Jahren nur im Fährverkehr erreichbar, ist sie inzwischen über eine langgezogene Brücke von der Westküste aus zu erreichen. Als „very british“ präsentiert sich daher auch das Zentrum der Inselhauptstadt Georgetown. Gepflegt und ansehnlich zugleich hat sie, so wie auch das repräsentative Melaka, inzwischen längst einen festen Platz im UNESCO-Weltkulturerbe eingenommen.
Bezaubernd der Spaziergang vorbei an dem weiß leuchtenden alten Uhrenturm hinunter zu den Clan Jetties. Noch heute eine von Holzstegen über der Wasseroberfläche durchzogene Fischersiedlung, in der sich inzwischen auch Cafés und Souvenirläden eingerichtet haben. Treffpunkt all derer, die das bunte Gewimmel an den Bootsanlegestellen zu schätzen wissen, um sodann beim Blick über das Meer im Spiel der Wolken ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen.
Tropische Sinnlichkeit
Auch die tropischen Gärten in der Stadt und ihrer Umgebung versprühen in ihrer floralen Fülle ihre duftenden Reize. Dabei besonders attraktiv der tropische Gewürzgarten mit seiner weit bis ins Blätterdach ausschwingenden Schaukel im Geäst eines Urwaldriesen. Oder aber die bereits legendäre tropische Früchtefarm, in der alle Früchte Südostasiens süß und aromatisch heranreifen. Aufgespürt und erklärt von Farmführer Salim, dem die Sinnlichkeit aus den Augen spricht, als er den fachgerechten Verzehr einer Passionsfrucht vorführt. Gerade rechtzeitig, um auf die Vitaminbombe eines bereits wartenden tropischen Früchtebuffets vorbereitet zu sein. Ein fruchtiger Tropenmix aus Mangos, Guavas und Drachenfrüchten, in denen zweifellos die Sonnenstrahlen der Tropen konkrete Gestalt angenommen haben.
Den abschließenden Höhepunkt bildet dann die rasante Fahrt mit der Bergbahn hinauf auf den Penang Hill zum Sonnenuntergang. Heraus aus dem feuchtwarmen Tropenklima hinein in die frische Bergluft, die zur Abendstunde merklich für Abkühlung sorgt. Stärker noch als der sternbedeckte Abendhimmel glitzert nun das Lichtermeer Georgetowns in leuchtender Strahlkraft herauf.
Glitzernde Zwillingstürme
Nur noch übertroffen von dem Blick aus den Petronas Twin Towers in Kuala Lumpur. Der höchsten Doppelturm-Konstruktion der Welt, die aus ihrer Aussichtsplattform heraus den Blick freigibt über den gesamten inneren Bereich der malaysischen Hauptstadt. Wie Zwerge erscheinen demgegenüber aus dieser Vogelperspektive Hotels und Bürogebäude der Umgebung, den Beweisstücken für die in stetigem Wachstum begriffene malaysische Hauptstadt.
Nicht weniger attraktiv ist der entgegengesetzte Ausblick von der Sky Bar des Traders Hotels mit ihrem zentralen Wasserbecken im ständigen Wechsel der Lichtreflexionen. Von hier aus fällt, nirgendwo eindrucksvoller als an dieser Stelle, der Blick durch die großen Glasscheiben hinauf auf die silbrig im Scheinwerfer- und Mondlicht glitzernden Zwillingstürme, die eine zierlich wirkende Brücke aus Glas und Metall auf halber Höhe miteinander verbindet. Genau der richtige Ort, um innerlich abzuheben und bei einem guten Tropfen einen beflügelnden Abend zu erleben.
Wandel zur Moderne
Inzwischen haben sich die Attraktionen Malaysias in ganz Asien herumgesprochen. Immer mehr zieht es nun auch europäische Besucher zurück zu den Spuren jener Vorfahren, die hier ihre kolonialen Duftspuren hinterließen. Dabei jedoch stellen sie fest, dass das heutige Malaysia in seiner Vitalität und seiner bunten Vielfalt längst die europäischen Wurzeln überwuchert hat. Und sich nun versteht als ein Land im Wandel zur Moderne, voller freundlicher Menschen, einladender Strände und kulinarischer Abenteuer. Und damit zweifellos einer der Spitzenreiter eines der angesagtesten Reiseländer in Fernost.
Reiseinformationen „Malaysia“:
Anreise: Günstig mit Malaysia Airlines, Direktflug Frankfurt – Kuala Lumpur, www.malaysiaairlines.comoder Turkish Airlines über Istanbul, www.turkishairlines.com; daneben Lufthansa, KLM, Emirates u.a.
Einreise: Es genügt der noch mind. 6 Monate gültige Reisepass für 3 Monate Aufenthalt. Kein Visum erforderlich.
Reisezeit: Günstig von März bis Oktober; von Oktober/November bis Februar Monsun mit tlw. starken Gewittern.
Reiseveranstalter: Malaysia-Spezialisten: Airways Travel, Asian Dreams, Explorer Fernreisen, Suntrips, buchbar in allen Reisebüros
Reiseführer: Mischa Loose u.a., Malaysia, mit Reiseatlas und Insidertipps, Marco Polo Reiseführer, 7. akt. Aufl. 2014, ISBN 978-3-8297-2536-1, Euro 11,99
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Unterstützungshinweis:
Die Recherche wurde unterstützt von Tourism Malaysia.