Bundesligareife Baustelle dank Sportamt
Mit 36 Zählern rangiert der ambitionierte FFC wieder einen Punkt vor dem nicht untätig gebliebenen brandenburgerischen Rivalen Potsdam, der bereits unter der Woche mit einem 4:0-Erfolg in Duisburg vorgelegt hatte. "Die Mannschaft hat gezeigt, was in ihr steckt. Das war ein weiterer wesentlicher Schritt nach vorne", frohlockte der Strippenzieher des derzeitigen Erfolges in Frankfurt – Investor und "managender Kommunikator" Siegfried Dietrich. Es war vor 1.760 Zuschauern ein Spiel auf ein Tor im Stadion am Brentanobad, welches gerade unter städtischer Obhut eine neue Architektur verordnet bekommt. Das Frankfurter Sportamt unter Amtsleiter Georg Kemper, Arbeitgeber von FFC-Nationalspielerin Svenja Huth, sorgte wie immer in den letzten Monaten der Sanierung dafür, dass selbst eine hinderliche Baustelle trotzdem bundesligareif für Spielerinnen und Zuschauer zur Verfügung stand.
Frankfurts Feuerwerk bester Spielkultur
Da auch hessische Landesmittel im 12 Millionen Sanierungspaket des Stadions stecken, war es nicht überraschend, dass wieder einmal der alte und neue Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier den Weg ins Stadion fand. Sympathiewerte durch den Sport zu holen, das ist wohl legitim und für den Frauenfußball sogar sinnvoll. Der frühere DFB-Präsident und jetziger FIFA-Funktionär Dr. Theo Zwanziger gesellte sich hinzu. Dessen frauenfußballerisches Herz hatte schon zu seiner Amtszeit sehr hoch geschlagen. Im trauten Bunde der Prominenten fehlte Bundestrainerin Silvia Neid, die diesmal gen Norden gereist war, um sich wenige Stunden später das Champions League Viertelfinale in Wolfsburg gegen den FC Barcelona anzuschauen. Frankfurts Nationalspielerinnen hinterliessen an diesem Vormittag ein Feuerwerk bester Spielkultur. Sie begannen von Beginn an spielfreudig und ließen selbst nach der komfortablen Pausenführung nicht locker. Die Zuschauer kamen auf ihre Kosten. So hatte Simone Laudehr nach einer Ecke unbedrängt (3.) einschießen können. Anschließend orientierte sich der Außenseiter nach vorne und verlor die defensive Orientierung. Das sollte sich rächen.
Kapitänin Garefrekes erzielt neunten Saisontreffer
Die Japanerin Kozue Ando, die für die verletzte Lira Alushi auf der linken Offensivposition auflief, während ihre Landsmännin Asuna Tanaka in die Startelf rückte, legte für Kerstin Garerekes auf, die den Ball genau zwischen Cloppenburgs Torfrau Barbara Do Monte Barbosa und dem rechten Torpfosten platzierte (15.). Das war der neunte Saisontreffer für Frankfurts Kapitänin – und der zehnte hätte kurz darauf folgen können. Garefrekes, mittlerweile Beamtin beim Stadtkämmerer im Frankfurter Römer, tauchte nach Vorlage von Celia Sasic erneut frei vorm gegnerischen Gehäuse auf, zielte diesmal aber drüber (17.). Acht Minuten später unterlief BVC-Kapitänin Marta Stobba ein Fehlpass, den die japanische Weltmeisterin Kozue Ando (25.) als Vorlage aus zentraler Position zum 3:0 nutzte. Der 1. FFC Frankfurt bot seinen Fans ein tolles Heimspiel, auch wenn nicht jeder Schuss ein Treffer war.
Cloppenburgs Stimmung auf dem Tiefpunkt
So hämmerte Dzsenifer Marozsán den Ball nach einer schönen Kombination über Celia Sasic und Kerstin Garefrekes an die Unterkante der Latte (29.), ehe Celia Sasic an Cloppenburgs Keeperin Barbara Do Monte Barbosa vorbeizog, das Leder aber aus spitzem Winkel nicht im Kasten unterbrachte (30.).Der Torhunger des alten und neuen Tabellenführers war nicht gestillt: Celia Sasic (32.) und nochmals Kozue Ando (37.) erhöhten noch vor der Pause auf eine 5:0 Führung, die dafür sorgte, dass die Stimmung beim Erstligaaufsteiger auf den Tiefpunkt rutschte. Peggy Kuznik, Dzsenifer Marozsan, Melanie Behringer und allen voran Sasic ließen etliche weitere Chancen ungenutzt. Bis zur 57. Minute wurde Frankfurts Torhüterin Desirée Schumann nicht gefordert. Die Keeperin reagierte trotzdem hellwach. Mit einer tollen Parade lenkte die Nummer eins im FFC-Tor einen Freistoß von Marie-Louise Bagehorn über die Latte.
Abstiegsgespenst geistert nun in Cloppenburg
Es sollte die einzige wahre Torchance der Niedersächsinnen bleiben. Nach einem absichtlichen Handspiel von Vanessa Bernauer im Strafraum erhöhte Melanie Behringer mit dem fälligen Elfmeter auf 6:0 (74.). Immerhin nach der Pause zwei hatte Schulte Aylin Yaren und Annabel Jäger für Stobba und Löwenberg. Es lief zwar etwas besser, aber zum Tore schiessen muss man an die 16 Meter Linie des Gegners gelangen. Den Schlusspunkt des Feuerwerks setzte Sasic nur zwei Minuten später (76.). Dabei blieb es. Frankfurts Supervorstellung überzeugte. Sowohl in Meisterschaft und Pokal ist der 1. FFC Frankfurt der Topfavorit der Saison. Cloppenburg hingegen trennt das rettende Ufer jetzt schon fünf Punkte, da Mitaufsteiger TSG 1899 Hoffenheim zu Hause 5:3 (2:2) gegen Bayer 04 Leverkusen gewann und damit sogar den badischen Konkurrenten SC Freiburg überflügelte. Das Abstiegsgespenst ist in Cloppenburg angekommen und wird wohl bis Ende der Saison zu bekämpfen sein.
Trainerstimmen nach dem Spiel:
Tanja Schulte (BV Cloppenburg): „Von unserer Zielsetzung, so lange wie möglich die Null zu halten, mussten wir uns bereits nach wenigen Minuten verabschieden. Wie in den letzten Wochen, haben wir uns krasse individuelle Fehler erlaubt, die der 1. FFC Frankfurt sehr effektiv ausgenutzt hat. Wir werden nun alles daransetzen, in den ’Wochen der Wahrheit“ nach der Länderspielpause die nötigen Punkte zu holen, um unsere Chancen im Kampf um den Verbleib in der Frauen-Bundesliga zu wahren.“
Colin Bell (1. FFC Frankfurt): „Nach dem spannenden Spiel in Essen haben wir heute mit großer Konsequenz im Abschluss agiert und unsere zahlreichen Fans mit herzerfrischendem Fußball und schön herausgespielten Toren begeistert. Dass wir diese Partie unbedingt gewinnen mussten, um wieder am 1. FFC Turbine Potsdam vorbeizuziehen, hat keine Rolle gespielt. Unabhängig von der Tabellensituation haben wir uns intensiv und konzentriert auf diese Partie vorbereitet, die wir unbedingt erfolgreich gestalten wollten. Nun richten wir unseren Fokus auf das schwere Auswärtsspiel gegen Bayer 04 Leverkusen am kommenden Samstag.“
So spielten sie im Frankfurter Stadion am Brentanobad:
1. FFC Frankfurt vs. BV Cloppenburg 7:0 (5:0)
1. FFC Frankfurt: Schumann – Schmidt (61. Weber), Laudehr, Kuznik, Crnogorcevic – Behringer – Tanaka (80. Peter), Marozsán – Garefrekes, Sasic, Ando (75. Wich).- Trainer Colin Bell
BV Cloppenburg: Do Monte Barbosa – Löwenberg (46. Jäger), Brüggemann, Kirchberger, Aschauer – Dos Santos – Jakobsson, Bernauer, Bagehorn, Stobba (46. Yaren) – Islacker (84. Eckermann) – Trainerin Tanja Schulte
Tore: 1:0 Laudehr (3.), 2:0 Garefrekes (15.), 3:0, 5:0 Ando (25., 37.), 4:0, 7:0 Sasic (32., 76.), 6:0 Behringer (74./Handelfmeter)
Schiedsrichterin: Marija Kurtes (Düsseldorf)
Zuschauer: 1.760