Liebevoll nimmt Heidi Baumgartner (55) das Stück Leinen in die Hand, betrachtet es aufmerksam und durchsticht es mit Nadel und Faden. Schon mit zwölf Jahren stand ihr Berufswunsch fest: „Ich werde Stickerin!“ Damit trat sie in die Fußstapfen ihrer Großmutter. Heute ist Baumgartner selbständig und blickt auf eine Ausbildung in einem niederbayerischen Kloster, lange Gesellenjahre, die erfolgreiche Meisterprüfung und sogar den Meisterpreis der Bayerischen Staatsregierung zurück. Kurse gibt die weitgereiste Stickerin, die ihre Kunst schon in Indonesien und Südafrika gelehrt hat, jetzt auch im Lindner Parkhotel & Spa in Oberstaufen. „Dieses Hotel ist ideal weil die Gäste die Besonderheiten der Region in vielen kleinen Details erleben“, meint Baumgartner. Denn das im Allgäuer Stil erbaute Haus setzt mit seinem Bergwiesen Spa und der Kräuterküche auf heimische Produkte wie Salz und Molke und greift in allen Zimmern typische Elemente der Allgäuer Tracht auf. So sind die Kissen auf den Betten aus Leinen, dem Stoff der Dirndl-Schürzen, und die Überdecke und der Hockerbezug aus Wollfilz, wie er bei den Trachtenwesten üblich ist. Die Schreibtischauflage und der Papierkorb aus Kernleder führen das traditionelle Design fort. Den auch als Flachs bezeichneten Leinen-Stoff findet man als Dekoschals und Bezug der Zierkissen auf den Betten wieder. Ein besonderer Blickfang in den Zimmern ist die große Betthaupt-Stickerei als Hommage an den typischen Zierstich der Allgäuer Trachten. Dieser steht im Mittelpunkt von Baumgartners Workshop. Die Gäste des Lindner Parkhotel & Spa haben die Wahl zwischen Wochenend- und Wochenstickkursen ab fünf Teilnehmern. Neben Anekdoten rund um die Allgäuer Trachten und die Geschichte der Stickerei (Kardinal Richelieu und sein Kampf gegen Venedig, das Mieder und sein keltischer Ursprung) erlernen die Gäste auch die Kunst der Edelweißstickerei. Weitere Stickarten wie unter anderem die Nadelmalerei oder Hohlsaumstickerei können sie je nach Interesse und Vorwissen ebenfalls einüben. „Stickerei war schon immer ein großer Luxus und die Arbeit reicher, nicht armer Frauen“, erzählt die gebürtige Oberstdorferin. Gestickt wurde schon im alten China, Indien und Ägypten. Besonders gepflegt wurde sie in den Klöstern zur Herstellung geistlicher Gewänder. Seltene Beispiele, wie ein deutscher Kaiserkrönungsmantel, zeugen noch heute von der damaligen Stickereikunst. Mit der geistigen Bildung kam auch die Kunst des Stickens in weltliche Hände. Erst in England, später auch in Burgund erreichte sie im 14. Jahrhundert ihren Höhepunkt. „Durch die zwei Weltkriege ist jedoch das Gefühl dafür in der deutschen Bevölkerung etwas verloren gegangen.“ Trotzdem sind Stickerei und Trachten für Baumgartner wichtige Teile unserer Kulturgeschichte. „Auch mit der Tracht setzt man Signale. Man gehört zu einer Gruppe, einem Berufsstand oder man ist durch die Gilden miteinander verbunden. Kleidung wie zum Beispiel im Militär, Verein, Justiz oder Kirche signalisiert somit – hier gehöre ich hin!“
Renaissance von Tracht und Tradition
Ursprünglich verstand man unter „Tracht“ ganz allgemein das „Tragen von Kleidung“ oder die „getragene Kleidung“ selbst. Lederhosen und Dirndl, die heute als „Tracht“ bezeichnet werden, wurden in Bayern erstmals Ende des 15. Jahrhunderts angezogen. Damals schrieben die deutschen Herrscher die regional einheitliche und dem sozialen Status entsprechende Kleidung zunächst vor, um zu verhindern, dass sich die Untertanen durch Prunksucht verschuldeten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Trachten dann zur Stärkung des Nationalgefühls eingesetzt. Heute stehen Trachten für Heimatverbundenheit und Identität. Ebenso wie traditionelle Musik- und Tanzvereine erfreuen sie sich als Gegenbewegung von Globalisierung und technischer Revolution immer stärkerer Beliebtheit. Dabei sieht man heute im Allgäu meist eine weiterentwickelte Form der ursprünglichen Gebirgstracht. Die Männer tragen Lederhosen, schwarze Filzjacken mit Silberknöpfen und einen Gamsbarthut. Die Frauen erkennt man an einem Dirndl mit weißen Puffärmeln, schwarzem Mieder, langer, roter Seidenschürze und einer goldbestickten Radhaube.
Die Dirndl-Schleife spricht Bände
Bei der Position der Schützenschleife hat sich folgende Symbolik etabliert: Befindet sich die Schleife auf der linken Seite, ist die Trägerin noch zu haben. Eine Schleife auf der rechten Seite zeigt, dass die Trägerin vergeben, verlobt oder verheiratet ist. Eine vorne gebundene Schleife symbolisiert, dass sie Jungfrau ist. Ist die Schleife am Rücken gebunden, ist sie Witwe. Anfänger starten in Baumgartners Stickkurse gerne mit einer Schürze bevor sie sich an eine Tischdecke wagen. „Sticken ist wie Wellness und Meditation“, betont Baumgartner. „Es fördert die seelische Ruhe und die innere Konzentration.“ Ziel sei Entschleunigung vom Alltag und Ankommen im Hier und Jetzt. Ihre Teilnehmerinnen sind in der Regel keine Hausfrauen, sondern Akademikerinnen und Therapeutinnen. „Sie wollen sehen, wie etwas wächst und bleibt.“
Feiern und essen auf „Allgäuerisch“
Als echten Allgäuer ist es auch für Eberhard Müller, Gastgeber des Lindner Parkhotel & Spa, eine Herzensangelegenheit, seinen Gästen das Allgäu und seine Traditionen näher zu bringen. So bietet er neben den Stickkursen „Hüttenabende“ an, bei denen sie in einer Almhütte zusammen mit Einheimischen und anderen Oberstaufen-Besuchern ein Allgäuer Vesper mit hausgemachten Käse- und Wurst-Spezialitäten genießen, der von regionalen Musikgruppen begleitet wird. Oder Eberhard Müller holt das Allgäu direkt ins Hotel: jeden Mittwoch begleitet ein Zithermusiker das Abendessen im Hotel und regelmäßig gibt es ein traditionelles Käsespatzenessen mit passender musikalischer Umrahmung. Hin und wieder finden dort Schuhplattler-Aufführungen des Jodler- und Trachtenvereins Oberstaufen statt oder ein Alphornbläser spielt beim wöchentlichen Gäste-Aperitif. Anschließend gibt es die legendären Löwenzahnspätzle oder Oberstaufener Brathändl an Petersilienpüree von Küchenchef Jürgen Wagenblast. Natürlich stehen ebenso die klassischen Oberstaufener Schrothkur sowie Heilfasten nach Buchinger auf der Speisekarte.
Molke-Bad im Bergwiesn Spa
Wer seinen Stickkurs mit einer typisch allgäuerischen Wellness-Anwendung abrunden möchte, wählt ein Molke-Bad im Bergwiesn Spa. Molke, das Überbleibsel der Käseherstellung, enthält Eiweiß, Mineralstoffe, Spurenelemente, Proteine und Vitamine. Mit Hilfe der molkeeigenen Milchsäure wird der Säureschutzmantel ausgeglichen und somit die Abwehrkräfte der Haut gestärkt. Molke gibt Feuchtigkeit, wirkt rückfettend und entzündungshemmend. „Ein Molkebad wird unter anderem zur Behandlung von Hautkrankheiten, Neurodermitis oder allergischen Reaktionen, aber auch zur Behandlung von Cellulite oder zur Unterstützung von Diäten und Fastenkuren wegen der entschlackenden und gewebestraffenden Wirkung empfohlen“, sagt Spa-Leiterin Sabrina Rebbe. Besonders beliebt ist ein Molkebad wegen seiner kühlenden Wirkung im Sommer und zur Linderung von Sonnenbrand. Seife und Shampoo darf während des Bades nicht benutzt werden, da sonst die Wirkung der Molke neutralisiert wird. Nach dem Molkebad sollte man die Haut nicht trocken reiben, sondern nur sanft abtupfen. Egal, wofür man sich entscheidet, ein Stickkurs im im Lindner Parkhotel & Spa in Oberstaufen eröffnet einem neue Dimensionen im Umgang mit Nadel und Faden.
Weitere Infos unter www.lindner.de und www.stickkurs.de