Berlin, Deutschland (Weltexpress). Zwei Gesichtspunkte sind aufschlußreich, wenn es um Afghanistan geht. Die Berliner Diskussion über die Verlängerung eines Mandates für die Bundeswehr ist eine Farce. Als wäre es jemals darauf angekommen, was Deutschland in Afghanistan eigentlich will? So ist das eben mit den NATO-Hintersassen: wenn Washington es will, gehen wir mit der Bundeswehr raus. Wenn Washington es nicht will, bleiben wir mit unseren Soldaten dort. Ziemlich ungewisses Schicksal, wenn man nur Durchlauferhitzer spielen kann.
Dabei war die Dimension Afghanistan schon einmal eine andere. Davon zeugen am berühmten Khyber-Paß die endlosen, in den Fels gehauenen Kavernen, wenn man aus Afghanistan über den Paß in Richtung Peschawar fährt, auf der linken Seite der Serpentinenabfahrt. Hier wartete das Empire auf den erwarteten Marsch deutscher Panzerdivisionen auf dem Weg nach Indien, wo nicht nur die Indische Nationalarmee unter Führung von Herrn Bose auf die Verbündeten wartete.
Afghanistan war immer in den letzten Jahrhunderten Geo-Politik. Das ist heute nicht anders. Gerade nach dem Ende der jetzigen Trump-Präsidentschaft in den USA ist das gut zu beobachten. Trump war die personifizierte Atempause für die seit mehr als einem Jahrhundert ausgreifende amerikanische Weltherrschaftspolitik. Man hatte sich übernommen und Trump sollte es wieder richten. Deshalb das Herausziehen amerikanischer Truppen aus den von den Vereinigten Staaten angezettelten Konflikten. Kaum ist Präsident Joe Biden im Weißen Haus, geht es wieder zur Sache, wie die Bilder von Norwegen über Syrien, dem Irak, Afghanistan, Myanmar und die vor Chinas Küsten aufmarschierten Flugzeugträger-Gruppen deutlich machen. Da darf und kann Afghanistan nicht fehlen, denn damit sind China, Rußland und Indien als Feinde oder Verbündete gemeint.
Die Panzerdivisionen am Khyber-Paß werden heuer von anderen gestellt, die Geschwader der Drohnen und Star-Wars-Krieger auch. In den Annalen der paschtunischen Grenzbrigade wird man die Historie nachlesen können, tapfere Krieger allesamt. Das erste Ziel des weiteren Verbleibs in Afghanistan dürfte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, weit entfernt von Kabul sein. Wir hatten nicht nur mehr als 150.000 Soldaten im Lauf der Jahre in Afghanistan. Die wissen auch darum, in welchem Umfang von den mit Bomben ausgelöschten Hochzeitsgesellschaften bis zu den in Lumpen gekleideten, armen Bauern die Zivilisten in Afghanistan abgeknallt worden sind.
Der deutsche Generalbundesanwalt verweigerte jede Ahndung dieser Untaten unter Hinweis darauf, daß das Land, dessen Soldaten derartiges verübte, ein funktionierendes Rechtssystem habe. Jetzt wird man es bei einem Präsidenten Joe Biden, der bislang für jeden Krieg zu haben war, sehen, ob die USA dem Statut zum Internationalen Strafgerichtshof so beitreten, wie Bill Clinton es einmal in Aussicht stellte, bevor Washington drohte, Den Haag anzugreifen, wenn amerikanische Täter vor Gericht gestellt werden sollten.
Australien geht derzeit durch diesen schmerzhaften Prozeß. Heute hat das zuständige europäische Gericht in Sachen Kundus und die mehr als einhundert toten Zivilisten geurteilt, die durch den von deutscher Seite bewirkten Luftangriff und die Explosion der Tankwagen ums Leben gekommen waren. Dieser Angriff erfolgte kurz nachdem die deutsche Bundesregierung deutlich gemacht hatte, mit harten Bandagen künftig vorzugehen. Dafür gab es Gründe, wie die inzwischen gefallenen deutschen Soldaten zeigen. Dabei hatte der deutsche Einsatz im Norden Afghanistans mit einer wahrnehmbaren Aufbaumission begonnen. Die endete bei Brunnenbau und Schuleröffnung, als ohne jede Nachricht an die deutschen Truppen verbündete Kontingente im Rücken der betont zivil auftretenden deutschen Verbände Krieg führten. Die üblichen Einpeitscher in Berlin werden alles tun, sich in Washington lieb Kind zu machen. Wie immer werden andere den Preis dafür zahlen.