Die fidelen Festlichkeiten finden derweil im Leipziger Gewandhaus statt. Eingeladen sind bei der mehrfach gehäuteten ältesten Partei Deutschlands die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel und der gleichwohl bodenständige Bundespräsident Joachim Gauck – beide mit DDR-Vergangenheit unter der Knute des Kreuzes. Außerdem werden sich der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mit einer Rede an ihre Parteikollegen wenden.
Auch der französische Präsident François Hollande wird in Leipzig erwartet. Angesichts des belasteten Verhältnisses zu Merkel, nachdem sie seinen Vorgänger Nicolas Sarkozy beim vorjährigen Präsidentschaftswahlkampf offen unterstützt hatte, könnte Hollandes Aufwartung als Revanche betrachtet werden.
Die Sozialdemokraten begehen ihr Jubiläum in – wie so oft – politisch und ideologisch schwierigen Zeiten: Die SPD liegt bei den Umfragewerten deutlich hinter der CDU. Auch das Image als Kämpfer für Gerechtigkeit und Solidarität scheint den Sozialdemokraten abhanden gekommen zu sein. Die Partei zählt mittlerweile nur noch 475 000 Mitglieder. In den frühen 1990er-Jahren waren es fast eine Million. Die Zahl der Mitglieder mehr als halbiert, die Zahl der Wähler auch. Die alte Tante EsPeDe ist schon lange keine Volkspartei mehr, aber auch noch nicht am Ende.
Dennoch und immer noch gehört die SPD zu den stärksten politischen Kräften in Deutschland und hofft weiterhin auf einen Sieg bei der Bundestagswahl am 22. September.
Auch für die russische Politik spielte die deutsche Sozialdemokratie immer eine wichtige Rolle. Unter Willi Brandt begann mit dem Abschluss des Moskauer Vertrages von 1970 eine Annäherung zwischen der Sowjetunion und der damaligen BRD nach dem Zweiten Weltkrieg. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder leitet das von Russland initiierte Pipeline-Projekt Nord Stream. Auch die von beiden Seiten angestrebte Modernisierungspartnerschaft wurde vom ehemaligen Bundesaußenminister und heutigen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier auf den Weg gebracht. Keine Frage: Der Kniefall von Brandt als Bundeskanzler am 7. Dezember 1970 in Warschau war ein Türöner für die SPD nach Osten.
Zu den Festlichkeiten in Leipzig werden zehn Staatsoberhäupter, führende Vertreter von 30 verwandten Parteien und mehr als 300 Gäste aus 80 Ländern erwartet, darunter mehrere ehemalige Ministerpräsidenten und amtierende Außenminister sowie EU-Kommissare.
Die deutschen Sozialdemokraten bemühen sich offenbar um einen Ersatz für die Sozialistische Internationale (SI), die als korrupter Klüngelclub entlarvt wird und dem man Demokratiedefizite nachsagt. SPD-Chef Gabriel sprach sich gestern in einem Zeitungsartikel für eine engere Kooperation der Sozialdemokraten weltweit aus. Ihm zufolge hat sich die SI seit der Zeit von Willy Brandt und Olof Palme gewandelt. „Mit der ’Progressive Alliance’ wollen wir in Leipzig nun ein Netzwerk aufbauen, das leistet, was die SI leider nicht mehr kann: Eine Plattform sozialdemokratischer Debatten im globalen Rahmen zu bieten“, so Gabriel.
Für Jutta Ditfurth war die SPD "mit den Kriegskrediten von 1914 und dem Verrat der Novemberrevolution 1918/19 … als fortschrittliche Kraft am Ende". Sie verweist auf Bluthunde wie wie Noske und obrigkeitsstaatliche Kleinbürger wie Ebert. Für die Genossinnen und Genossen der SI ist sie es spätestens jetzt.
Andere, wie Oskar Lafontaine, gingen früher. Der einstige Vorsitzende der SPD notiert zum 150.: "Willy Brandt hat in seiner unvergessenen Friedensnobelpreis-Rede den Satz geprägt: "Krieg ist nicht die ultima ratio, sondern die ultima irratio." Seine Nachfolger haben diesen Satz nicht beherzigt. Die Zustimmung zu deutschen Kriegseinsätzen wie in Jugoslawien und Afghanistan war eine Abkehr von der Friedenspolitik Willy Brandts."
Er verweist darauf, daß durch die Zustimmung des Bundestags mit der SPD "zum Lissabon-Vertrag, zu den vielen Rettungsschirmen und zum Fiskalpakt, die ohne die SPD nicht möglich gewesen wäre", diese "die Völker Südeuropas ins Elend" treibe.
Sich aus dem Elend zu erlösen, das müssen die Belogenen und Betrogenen schon selber tun. Ohne die SPD!