Polit-Striptease vor aller Augen …
Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat es eine Partei fertiggebracht, auf offener Bühne einen solch eindrucksvollen Polit-Striptease hinzulegen. Und die gesamten Medien haben sich daran aufgegeilt.
”¦ und die anderen Parteien?
Die Freude am Zustand der Linken hat natürlich auch die anderen Parteien ergriffen, die allerdings ähnliche Situationen gerne unter den Teppich kehren. Es sei daran erinnert, dass die SPD auf geradezu ekelhafte Weise Kurt Beck aus dem Amt des Parteivorsitzenden gefeuert hat. Es sei daran erinnert, dass auch der Umgangston innerhalb der CDU Straßenköter-Niveau hat. Man erinnere sich nur daran, als Profalla zu Bosbach sagte: „Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen!“ Und mit welchem Hass die CDU-Abweichler bei der Euro-Abstimmung abgestraft wurden. Auch der Umgang von Merkel mit Röttgen war eine Ohrfeige für Sitte und Anstand durch eine von Macht besessene Kanzlerin. In der FDP gingen vor dem Parteitag in Rostock üble Grabenkämpfe voraus – mit dem Ergebnis, Westerwelle als Bauernopfer zu präsentieren und mit Rösler einen Mann an die Spitze zu wählen, der eher als Pausenclown Schlagzeilen machte und aus reiner Profilierungssucht fast 20.000 Schleckerfrauen in die Arbeitslosigkeit getrieben hat.
Die Linke und die Transparenz
Zieht man ein Resümee, war es eigentlich ein mutiger Schritt der Linken, Macht- und Grabenkämpfe auf offener Bühne auszutragen. Was aber noch spannender war: Wer den Parteitag verfolgt hat, konnte auch ein Lehrstück gelebter Demokratie bei den Abstimmungen bestaunen: Man zerfleischte sich vor großem Publikum (im Livestream waren oft bis zu 3700 Zuschauer dabei). Gysi explodierte und malte die Spaltung an die Wand, und sein einstiger Partner einer Männerfreundschaft griff ihn offen an. Man hat Tacheles geredet – ohne Rücksicht auf Verluste. Ob das erkannt wird, darf aber bezweifelt werden – die Medien haben sich eingeschossen. Auch sie können nicht mit radikaler Transparenz umgehen – noch nicht!
Dies alles soll kein Plädoyer für die Linken sein, aber zeigen, dass man in den anderen Parteien auch nicht besser miteinander umgeht. Anständige Umgangsformen fehlen in allen Parteien, sie sollten deshalb keine Häme über die Linken ausschütten und sich an der eigenen Nase fassen.