Dieses Jahr nun hatten wir Mühe, Wella inmitten des großen P & G – Standes in Halle 5.1., gesprochen Piändtschi, also Procter & Gamble, überhaupt zu finden, weil es nurmehr ein Produkt unter vielen ist. Wer aber Wella, die ehemals deutsche Traditionsfirma aus Darmstadt eben immer als Wella wahrgenommen hatte, hat nun Probleme, sie als kleinen Teil einer Weltfirma P&G zu sehen, die ihr Geld mit Produkten wie Pampers, Ariel oder Meister Proper verdient. Sehr viel mehr verdient als mit Friseurbedarf, muß man hinzufügen.
An der P&G Information fragten wir deshalb nach der Carvis. Aber dazu konnte keiner Auskunft geben und wir hatten uns nicht rechtzeitig vor der Messe an unsere Bezugspersonen vom letzten Jahr gewandt, weil wir nicht ahnen konnten, daß die Messeneuheit von gestern nun überhaupt keine Rolle mehr spielte. Kein eigener Stand mehr, ja, das wäre verständlich, aber, die Nachhaltigkeit im Blick, war uns dann völlig unverständlich, warum diese revolutionäre Haarschneidemaschine auch sonst nicht auftrat. Also waren wir mehr als froh, als wir an der P&G-Information Siggi Ebenhoch trafen, der uns als der Erfinder der Maschine im letzten Jahr am Carvis-Stand von den Wella-Verantwortlichen vorgestellt worden war.
Anna von Stillmark: Was ist das Besondere an Ihrer Carvis, der neuen Haarschneidemaschine, die letztes Jahr mit großem Aplomb auf einem eigenen Stand bei Wella vorgeführt wurde?
Siggi Ebenhoch: Also, Carvis hat einen ganz neuen Schneidewinkel und dieser bewirkt, daß man in ganz kurzer Zeit Haarschnitte machen kann, die aussehen, als ob sie mit der Schere geschnitten sind, was aber die mehrfache Zeit benötigt. Die klassische Haarschneidemaschine dagegen hatte einen ’klassischen Winkel, wodurch man versehentlich immer wieder Löcher und Stufen ins Haar schnitt. Mit der Carvis wird das vermieden, da kann man jetzt schneller, präziser und unglaublich innovativ Haare schneiden.
AvS: Das habe ich ja letztes Jahr genauso empfunden, mit welcher Schnelligkeit und Meisterschaft im Schnitt Sie diese Maschine an Perücken ausprobierten. Aber warum gibt es dieses Jahr keinen speziellen Stand?
S.E.: Ich habe keine Ahnung.
AvS: Vielleicht spreche ich ja mit dem Falschen. Ich hatte nämlich im Internet auch einen Florian Seifert als Entwickler der Maschine gefunden. Letztes Jahr wurden Sie aber hier auf der Messe herausgestellt. Wer ist Florian Seifert?
S.E.: Ich habe keine Ahnung.
AvS: Ich habe vom letzten Jahr an den Weg der Maschine im Internet nachverfolgt. Was ist denn da passiert? Da gibt es ein Bild, auf dem die Maschine ganz seltsam gehalten wird, eigentlich verkehrt herum, so daß man sich gar nicht vorstellen kann, daß man damit schneiden kann. Das ist doch keine Werbung für ein neues Produkt, das man seiner Innovation wegen verkaufen will? Man sieht auf dem Bild überhaupt nicht, was das Neue sein soll, worin der Vorteil liegt, der letztes Jahr mit dem Schneidewinkel propagiert wurde.
S.E.: Da muß ich mich entschuldigen, auch wenn ich nichts dafür kann. Da sind technische Fehler passiert, die existieren nun und sind auch im Internet und das ist sehr schwierig, die wieder herauszubekommen.
AvS: Auf mich wirkt das so, also ob die Firma Wella/P&G ihr eigenes Produkt nicht verstanden hat, denn das hat doch die Marketingabteilung zu verantworten, wenn hier das Besondere nicht herauskommt und die ganze Idee konterkariert wird?
S.E.: Ich habe das auch zum ersten Mal in Darmstadt gesehen bei der Vorführung und habe sofort reklamiert und da hieß es, es wird verändert. Aber es ist nichts daraus geworden.
AvS: Ich habe einzelne Friseure befragt, diejenigen, die die Maschine überhaupt kannten, sind hochzufrieden, aber ich habe mit vielen gesprochen, die keine Ahnung von der Carvis hatten. Was ist in diesem Jahr bei Wella gelaufen, damit die Friseure bei diesem neuen Produkt visuelle Unterstützung der geschickten Handhaltung erhalten?
S.E.: Wir waren bei den drei entsprechenden Messen, nämlich neben Frankfurt auch auf der Top Hair in Düsseldorf und Hair@Work in Mannheim.
AvS: Aber normalerweise wird ein neues Produkt doch eingeführt über Video und einen großen Werbeetat, damit die Leute überhaupt vom Neuen wissen, es langt doch nicht, daß die, die beispielsweise auf einer Messe sind, davon Kenntnis erhalten?
S.E.: Da gibt es wieder ein technisches Problem, nämlich die DVD zur Maschine zuzupacken.
AvS: Das verstehe ich nicht. Ist eine DVD mit den einzelnen Schritten des Haarschneidens mit der Carvis erstellt worden?
S.E.: Ja, wir haben einen Film gedreht, aber der liegt der Maschine nicht bei, sondern muß über das Internet angeklickt werden. Ich habe dann noch mit Frau Stolz eine ganz tolle Bedienungsanleitung für Carvis gemacht, um also ein junges Mädchen zu zeigen, das ich von ganz langen Haaren mit der Carvis auf flottes Kurzhaar geschnitten habe.
AvS: Aber ich habe doch im Internet geschaut und bin nicht darauf gestoßen.
S.E.: Der Film ist versteckt im Internet und die Bedienungsanleitung ist mit vielen Fotos in der Fachzeitschrift „Friseurwelt“ erschienen, die immerhin 50 000 Friseure lesen könnten.
AvS: Das habe ich gesehen. Ich habe dann in einer weiteren Friseurzeitschrift „Top Hair“ etwas Merkwürdiges gesehen. Da war ein großer Kopf abgebildet und dann hatte ich ganz rechts unten und klein die Carvis gesehen. Was soll das, das bringt doch keiner zusammen?
S.E.: Interessant, daß Sie das sagen. Ich hatte das auch reklamiert, aber da gibt es Richtlinien, wo nicht das Produkt im Mittelpunkt stehen soll, sondern das Ergebnis des Produktes, also der Haarschnitt, der deshalb die ganze Seite einnimmt und die Maschine verdrängt. Das ist natürlich sehr unglücklich, wenn Richtlinien gemacht werden, die dem Geschäft schaden und am Ziel vorbeischießen.
AvS: Es ist vor allem für die Firma kontraproduktiv, wenn gar nicht Carvis als der Verursacher eines so schönen Schnittes dem Betrachter klar wird. Aber gucken wir mal nach vorne. Es ist ein Jahr vergangen, in dem wenig passierte, aber die Maschine ist nach wie vor da und sie ist nach wie vor exzellent, nach Aussage von vielen Friseuren. Was schlagen Sie vor, wie könnte man jetzt das nächste Jahr sinnvolle Werbung für diese Haarschneidemaschine machen.
S.E.: Die nächsten Schritte, diese Maschine zu pushen, wären unbedingt die DVD zur Maschine beizulegen. Entscheidend ist, an der Basis anzufangen. Wella hat soviel Verbindungen zu den namhaften Fachschulen. Da müßte man die Trainer auf die Carvis einschulen, in den Wella-Studios in Deutschland und Europa müßten die Fachtrainer auf diese Maschine geschult werden. Diese sind entscheidende Multiplikatoren. Aber ich habe noch eine ganz andere Idee!
AvS: Nämlich?
S.E.: Das große Problem, das ich generell sehe, ist, wenn irgend jemand eine Idee hineinbringt, das die im Sande verläuft, weil keiner sich zuständig fühlt, jeder schiebt es auf den nächsten, keiner hat Zeit. Deshalb sollte es jedes Mal einen Paten für ein Projekt geben. Dieser Pate müßte seine Hand darauf legen und alles, was in verschiedenen Abteilungen der Firma gemacht wird, müßte er absegnen. Dann würden sofort, wenn Fehler passieren, auch die Verantwortlichen von ihm zur Rechenschaft gezogen werden. Damit wäre der Firma und dem Produkt außerordentlich gedient. Der Streuverlust wäre verhindert. Allerdings müßte das ein Mitarbeiter sein, der am Platz bleibt und nicht ständig wechselt. Procter & Gamble hat so viel fähige Leute, die würden bestimmt jemanden finden, der zu jedem passenden Projekt den passenden Paten hat.
Soweit Siggi Ebenhoch, der Erfinder der Carvis. Wir fanden auf der Messe keinen, der die Carvis kannte, aber keine gute Meinung dazu hatte. Wohl aber gab es sehr viele Friseure, die von nichts wußten. Wer also die Carvis kannte, war voll des Lobes, wie Mario Leibold aus Neustadt / Aisch:“Carvis ist genial, sie erlaubt eine gute Handhabung – leichter als mit herkömmliche Haarschneidemaschine; sie schneidet super gut und ist einfacher zu bedienen.“
Thomas Montino aus Mainz meint: „Würde Carvis auf jeden Fall weiter empfehlen, weil sie im modischen Bereich weiche Konturen und Verbindungen im Haar ermöglicht.“ Und Erhard Sänger aus Bad Schwalbach geht noch einmal auf das Innovative der Carvis ein: „Weil sie das Abstechen (Begrenzen) der Konturen ohne die – bei anderen Maschinen erforderliche – Drehung des Geräts erlaubt und weil mir ihre Handhabung und Position in der Hand sehr gut gefällt.“
Schließlich Heinz Reuter, Promi-Friseur aus der Schweiz: „Ich bin begeistert. Ich kann die Maschine in die Hand nehmen und habe in 8-10 Minuten einen Haarschnitt – schneller und müheloser als von Hand. Ich habe auch noch nie eine Maschine gesehen, deren Handhabung so sicher war. Andere haben immer wieder geklemmt.“
AvS: „Was raten Sie Ihren Kollegen?“
Heinz Reuter: „Sofort eine Carvis kaufen!“.
P.S. Die Firma P&G hat dem Vernehmen nach auf der diesjährigen „Hair & Beauty“ nur die neuesten Produkte vorgestellt und sich strikt an die Fort- und Weiterbildung als Messethema gehalten. Es gab keine Neuheit im Bereich der Schneidemaschinen. Da wäre natürlich diese Maschine, die ja Weiterbildung braucht, gut als Modell geeignet gewesen, meinen wir.
Florian Seifert ist der Designer der Maschine. Siggi Ebenhoch ist ihr Erfinder und derjenige, den Wella im letzten Jahr groß herausbrachte. Wir fragten eben unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, was daraus geworden ist. Der Spielraum für die Zukunft der Carvis ist also noch groß.