Fußballspiele finden immer und überall statt, es ist schon fast eine Seuche. Wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden, wird in Deutschlands Hallen aber auch Handball, Eishockey und Basketball gespielt. Diese Mannschaftssportarten gewinnen glücklicherweise weiter an Zulauf, auch wenn dieser in unseren Breiten an die Popularität des „Rundballtretens“ wohl nie heranreichen wird.
Da die deutsche Saison im American Football zu Ende ist, hatte ich Zeit, eine Einladung in die hauptstädtische O ²-World zu einem anderen Sportereignis anzunehmen: zum Spitzenspiel der BBL. In diesem gastierte der amtierende Basketballmeister EWE Baskets Oldenburg beim Pokalsieger und Rekordmeister ALBA Berlin. Im Vorverkauf wurden mehr als 10.000 Eintrittskarten abgesetzt und schon allein diese Tatsache wies auf die Bedeutung dieses Spiels hin. Mit etwas Grundwissen und TV-Erinnerungen an die amerikanischen College-„Schlachten“ der 80er Jahre im Kopf fand ich mich in der Arena ein.
Was ich erwartete, war vor allem eines: Basketball als Event – das Zelebrieren persönlicher Eitelkeiten und das „Spiel“ mit den Massen. Die Vorstellung, dass es nur um den Sport (und nicht um das Geld) gehen könnte, hatte ich beim Blick in das Roster beider Teams nicht mehr. Dieser Blick verriet mir, dass es sich nicht um eine „Leistungsschau“ einheimischer Spieler handelt. Von insgesamt 24 einsetzbaren Spielern kommen ganze 9 aus dem Inland, auch beide Cheftrainer sind keine gebürtigen Deutschen. Trotzdem war im Publikum eine Art Lokalpatriotismus zu spüren, welcher sich später hauptsächlich im Einsatz von Lärminstrumenten und dem Wedeln bunter Ballons bei Freiwürfen des Gegners zeigte. Und ich täuschte mich, weil es auch bei Basketballprofis vordergründig um Sport gehen kann. Dafür war das ganze Drumherum weniger als erwartet, die Cheerleader und das Danceteam der Berlin Adler z.B. müssen während eines Spieles sehr viel mehr leisten – das liegt aber wohl zuallererst an der Häufigkeit der Spielunterbrechungen.
Vor Ort war auch das Deutsche Sportfernsehen (DSF) und verlieh der Veranstaltung mit einer Direktübertragung zusätzliche Wichtigkeit. Das Gästeteam wurde namentlich vorgestellt, das Berliner Maskottchen und das ALBA-Danceteam liefen im Dunkeln bei gleichzeitigem Abspielen eines ALBA-Werbefilms ein und die Vorstellung der Hausherren „feierte“ das Publikum in den Unterrängen stehend. So in etwa ist der Ablauf beim American Football auch, nur da zollen die Zuschauer auch dem Gegner stehend Respekt – nicht das letzte Mal, wo ich mir abseits des Spielfeldes mehr Fairness gewünscht hätte, aber das lange nicht so zahlreiche Publikum bei meiner Sportart tickt offenbar anders.
Um 17:25 Uhr ging das Spiel endlich los und zu beantworten war vor allem die Frage, inwieweit sich der Gastgeber gedanklich von der nicht gerade geglückten Saisoneröffnung verabschiedet hatte. Diese stand zunächst im Zeichen der Euro-League. Das Ausscheiden in der Qualifikation dort war bitter und das sicher nicht nur finanziell, hatte aber ein Gutes: Man spart Kräfte und kann sich hauptsächlich auf die Bundesliga konzentrieren. Am vergangenen Freitag griff der achtmalige Meister und amtierende Pokalsieger ALBA Berlin dann in das nationale Geschehen ein. Mit dem 81:76 Auftaktsieg bei den LTi Giessen 46ers waren die Berliner letztendlich trotz Overtime wohl zufrieden – „a win is a win“.
Anfang des ersten Viertels sah es so aus, als wenn die Gäste mit dem Heimteam machen können, was sie wollen. Wenn nicht gepunktet wurde, eroberte man zumindest den Rebound – die Spieler des Gastgebers standen nicht nur dabei erschreckend weit weg von ihren Gegnern. Im Angriff mussten die Hausherren sehr oft die Geschwindigkeit aus dem Spiel nehmen, Spielaufbau und das ganze Zeitmanagement (24-Sekunden-Uhr) sahen beim Meister irgendwie professioneller aus. ALBAs Bank reagierte darauf verhältnismäßig schnell und brachte den (später zum MVP gekürten) 6er, Steffen Hamann und im Verlauf drei weitere Neue in das Spiel. Nun lief es sowohl in der Offensive, als auch in der Defensive sehr viel besser und mit Ende des ersten Viertels stellten die Albatrosse den 16:16 Ausgleich her.
Die Viertelpause war Gift für die Gäste. Was sich Ende des ersten Viertels schon andeutete, zeigte sich jetzt noch deutlicher. ALBA war in der Verteidigung jetzt sehr viel aggressiver (ohne unfair zu sein) und schnelle Balleroberungen, sei es durch erfolgreiche Blocks, Steals und Rebounds führten in der Umkehrbewegung durch die schnellen, nun oftmals freien Angreifer zwangsläufig zu Punkten. Wenn es läuft, dann läuft es halt ”¦ 16 aufeinanderfolgende Punkte der Heimmannschaft zum zwischenzeitlichen 26:16 waren die Folge. Mit verbleibenden sieben Minuten auf der Uhr setzte dann auf Berliner Seite unerklärlicherweise ein leichter Schlendrian ein, der aber ohne Konsequenzen blieb, weil es den Gästen gerade in der Genauigkeit beim Zuspiel und Abschluss offenbar an Konzentration mangelte. Mit 34:29 aus hauptstädtischer Sicht trennten sich beide Teams in die Halbzeit.
Im 3.Viertel plätscherte das Spiel so vor sich hin, was aber nicht heißt, das nicht hart gearbeitet wurde. Freunde des Verteidigens kamen voll auf ihre Kosten. Für die optischen Highlights sorgten aber die erfolgreichen 3-Punkt-Würfe der Spieler in den gelben Trikots. ALBA hatte das Spiel im Griff, Oldenburg leistete sich einfach zu viele so genannte „Leichtsinnsfehler“. Die Berliner bauten die Führung auf 53:44 aus – 9 Punkte Vorsprung (und auch mehr) sind nicht viel im Basketball, wie ich später erfahren durfte.
Zwei Spieler auf Berliner Seite prägten den abschließenden Durchgang. Steffen Hamann wurde nun durch seine Fähigkeit Mitspieler zu motivieren endgültig zum Spielführer und Neuverpflichtung Kenan Bajramovic (#15) sicherte wichtige Rebounds unter dem eigenen Korb. Beide konnten aber nicht verhindern, dass es zum Ende hin nochmal richtig eng wurde. Ein Grund dafür war, dass der Topscorer der Hauptstädter über die gesamte Spielzeit hinweg die Bälle nicht wie gewohnt versenkte. Bei einer 32 minütigen Spielzeit mit nur 5 erzielten Punkten vom Platz zu gehen, ist nicht unbedingt normal für Julius Jenkins. Für die Punkte sorgten an diesem Tag andere. Glücklicherweise toppte ihn der Kapitän der Oldenburger (im negativen Sinn) noch, Jason Gardner versuchte sich gar erfolglos am Berliner Korb. Überhaupt fiel auf, dass sich auf Seiten der Gäste nicht so viele Spieler in die Scorerliste eintragen konnten.
Bei verbleibenden 4:30 min. mit 13 Punkten Vorsprung schien alles klar zu sein. Die Berliner Anhänger blickten aber in der Folgezeit immer sorgenvoller zur Uhr, denn ALBA suchte unerklärlicherweise den schnellen Abschluss und scheiterte mehrfach, während auf Gästeseite Rickey Paulding und Marko Scekic einen Punkt an den anderen reihten. So kämpfte sich der Meister immer weiter heran, bei verbleibenden 13 Sekunden waren es noch 2 Punkte. Die Gäste erhielten den Ball und die Spannung, ob diese in die Verlängerung gehen wollten oder die Entscheidung suchen würden, war nur von kurzer Dauer. Der die Begegnung abschließende, für mein Spielverständnis nicht nachvollziehbare, Wurfversuch aus großer Entfernung geriet zu kurz und ALBA gewann das Spiel mit 69:67. Es war ein ausgeglichenes Spiel, welches meiner Meinung nach keinen Sieger verdient hatte – aber im Basketball gibt es kein Unentschieden. Ohne großartig zu feiern, verließen beide Teams nach dem obligatorischen Abklatschen und den Interviews die Halle. Auch die Begeisterung des Publikums hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen, lediglich die Hardcorefans engagierten sich für die schnell aus der Halle strömenden Zuschauern gleich mit. Das kenne ich dann doch etwas anders ”¦
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei den Verantwortlichen von ALBA Berlin für die Möglichkeit, das Geschehen ziemlich nah am Spielfeldrand verfolgen zu können und den immer freundlichen und hilfsbereiten Ordnern.