Weil jedoch keine inszenierte Schau auf dem Programm stand, sondern schlicht die Partie Gastgeber Köpenicker SC versus Schwerin, war von all dem nichts zu sehen.
Zwar wurde Saskia Hippe überaus herzlich begrüßt. Verständlich, denn die 22-jährige hat hier ihre Karriere gestartet. War für den KSC mit 15 eine der jüngsten Bundesliga-Spielerinnen aller Zeiten und bekam mit 17 die erste Berufung in die Frauen-Nationalmannschaft. Wechselte 2008 zum Spitzenverein Dresdner SC, sammelte dann in Italien und Tschechien (Landesmeister mit Prostejov) internationale Erfahrungen. Half in der Nationalmannschaft, zweimal Rang zwei bei der Europameisterschaft (2011/2013) sowie WM-Rang sieben zu erkämpfen. Hat mittlerweile mehr als 100 Einsätze in der Nationalmannschaft absolviert.
Die Diagonal- und Hauptangreiferin unterschrieb vor Saisonbeginn einen Vertrag beim erfolgreichsten deutschen Frauenteam seit dem Mauerfall. Denn nach dem dritten nationalen Titel in Folge, plus Pokaltriumph und im europäischen Maßstab Einzug unter die Top 12 der Champions League hat es in Schwerin einen großen Umbruch gegeben. Nebst dem holländischen Trainer Teun Buijs war nahezu die komplette Startformation deutlich höher dotierten Angeboten aus dem Ausland – bis zum Vierfachen des Gehalts – gefolgt. In der Türkei, im ölreichen Aserbaidshan, auch in Russland oder Polen können Netz-Schmetterlinge deutlich mehr verdienen.
Diesen Stellen- und Marktwert hat Saskia Hippe (noch) nicht. So ist es verständlich, dass sie sich für Schwerin aus mancherlei Gründen entschied. Aus privaten und sportlichen. Denn da hat sie den Status der An- und Spielführerin auf dem Feld, ist derzeit prominenteste Protagonistin, quasi Gesicht und Aushängeschild des Vereins.
All diese Umstände haben nicht verhindert, dass ihre erste Rückkehr in die Hämmerlinghalle seit 2011 (mit Dresden) eine äußerst schmerzhafte war.
Denn gleich nach Anpfiff passierte ein Malheur. Vor knapp 600 Zuschauern stieg Saskia Hippe bei 11:9 aus Schweriner Sicht hoch und zog den Schmetterball kraftvoll zum 12:9 durch. „Sie ist dann nur auf einem Fuß gelandet und weggerutscht“, schilderte Libero Janine Völker die Situation. Die Angreiferin blieb liegen. Weinte hörbar. Dr. Oliver Miltner, Arzt des Männer-Meister BR Volleys, und andere kümmerten sich. Laura, die jüngere Schwester, sowie die Mutter eilten hinzu. Trugen die Verletzte in die Kabine. So erlebte sie nicht, wie der Favorit zunächst unbeeindruckt davon zog. Aber nach der Schock-Reaktion mit Verzögerung eine Acht-Punkte-Führung verspielte. Dann einen Satz der Gastgeberinnen abwehrte. Und dank der Entschlossenheit und Durchschlagskraft seiner Brasilianerin Lousiane Souza Ziegler den Satz 27:25 nach Hause brachte. Schwerin ließ ein 25:22 und ein 25:16 zum 3:0 folgen.
Ein standesgemäßer Erfolg darf man konstatieren, denn der Etat der Norddeutschen wird mit über einer Million Euro beziffert. Etwa das Dreifache des Berliner Kiezklubs, der sich trotz der Randlage erstaunlicherweise seit 2005 in der ersten Liga behauptet.
Die Verletzte hatte das gelungene sportliche Ende der Dienstfahrt in die heimatlichen Regionen wieder in der Halle verfolgt. Mit getaptem Knie, das gestreckt auf einem Stuhl lag. Nach Abpfiff eilten nicht nur ihre Mitspielerinnen heran, um Trost zu spenden. Auch Köpenicks Trainer Benedikt Frank sowie KSC-Angreiferin Patricia Grohmann bewiesen ihre Anteilnahme.
Die Rückfahrt im Bus hat Saskia Hippe nicht mitangetreten. Sondern bei den Eltern übernachtet. Montag soll in Berlin eine Kernspin-Untersuchung klären, welcher Art die Verletzung der Nationalspielerin ist. Ob es – wie befürchtet – ein Kreuzbandriss im Knie ist oder „nur“ eine Blessur der Patellasehne?
Dann lässt sich auch absehen, wie lange die Neu-Schwerinerin ihrer Mannschaft fehlen wird. Ob zwei Wochen oder mehrere Monate. So oder so – es bleibt auf jeden Fall ein Rückschlag nach der Schulter-OP der Schweriner Mittelblockerin Anja Brandt beim Bemühen, unter der Leitung des neuen Cheftrainers Felix Koslowski mit einer Neuformation an die Glanztaten der Vorsaison anknüpfen zu wollen.
Der gebürtige Schweriner Koslowski rang hinterher ein wenig um Fassung. Einserseits sei er stolz und froh, wie seine Schützlinge auf den Verletzungsausfall reagiert haben. Lobte den mannschaftlichen Zusammenhalt, den Einsatz der Finnin Vilponen oder der Wechselspielerinnen Carina Aulenbrock und Ivana Isailovic.
Bestätigte andererseits, dass der Ausfall „nur sehr schwer“ zu kompensieren sein werde. Fand dann den oft zitierten und gebrauchten Rettungsanker: „Es hilft nichts. Wir müssen positiv denken und hoffen natürlich, dass Saskia möglichst bald wieder zur Verfügung steht. Wenn nicht, müssen wir überlegen, wie wir einen Weg finden, die Mannschaft zu formieren und erfolgreich zu bleiben.“