Oppositionelle Demokraten, Demonstranten, internationale Beobachter und unabhängige Ärzte sprechen von weit über 1.500 zum Teil schwer Verletzten. 800 mußten stationär in Krankhäusern behandelt werden. Hunderte wurden direkt vor Ort, auf den Straßen und Plätzen in Kairo behandelt.
Die Schlacht um die Zukunft Ägyptens als ein autokratischer Vasallenstaat des "Westens" oder eines demokratischen Staates wird blutig, mit Fäusten und Steinen, mit Messern und Macheten auf den Straßen ausgetragen.
Dutzende Tote und Tausende Verletzte hat der Wind des Wandels, der in vielen arabischen Gesellschaften innerhalb weniger Wochen zum Orkan geworden ist, schon gekostet. Wieviele Tote wollen Barack Obama und David Cameron, Nicolas Sarkozy und Angela Merkel noch in Kauf nehmen? Wann wechseln sie ohne Wenn und Aber endlich die Seite?
Gegner und Getreue des Despoten stehen sich rund um den symbolträchtigen Tahrir-Platz im Zentrum Kairos weiter unversöhnlich gegenüber. Bis in die Morgenstunden waren in der Umgebung immer wieder Schüsse aus Maschinengewehren zu hören. Regime-Anhänger, die ein Weiterso wollen, und Pro-Demokraten, die den Rücktritt des Präsidenten und frei Wahlen fordern, bewarfen einander mit Molotow-Cocktails, Steinen und anderen Gegenständen.
Die Lage war eskaliert, nachdem Mubarak am Dienstag angekündigt hatte, bei der für September geplanten Präsidentschaftswahl nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, jedoch bis dahin im Amt zu bleiben. Alle Ägypten wissen um die Verlogenheit dieser Propaganda, denn ersten ist Mubarak 82 Jahre alt und zweitens hat er Krebs. Das Ende des „Alten“ ist seit Monaten ein offenes Geheimnis und die Opposition fürchtet, daß er seinen Sohn installieren könnte. Die Opposition, die seit dem 25. Januar protestiert und denen sich Millionen Menschen im ganzen Land angeschlossen haben, fordern daher den sofortigen Rücktritt und wollen bis zu den ersten freien Wahlen am Nil eine Übergangsregierung unter Friedensnobelpreisträger ElBaradai.
Der „Westen“ muß die erkaufte Ruhe, die für die arabischen Völker Unterdrückung und Folter bedeutet, endlich beenden. Der Wind des Wandels, das Aufbegehren gegen Autoritäten, gegen autoritäre Systeme, Regime in Tunesien, Ägypten, Jordanien und Jemen ist wie der Aufbruch Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts im Osten Europas: ein Kampf für Freiheit und Demokratie in Frieden und Wohlstand. Ein Mehr an Freiheit und Demokratie muß nämlich nicht Krieg (gegen Israel, Dichtmachen des Suez-Kanals und Ende von Ölimporten bedeuten), was zu viele „Führer“ des „Westen“ noch zu fürchten scheinen, sondern kann auch Frieden sein, allerdings ein Frieden, den der "Westen" nicht diktiert.
Dieses Restrisiko beim „Change“ zu Freiheit und Demokratie sollten der „Westen“ wagen.
Mit Material von Al Jazeera, dpa, Facebook, YouTube, Liveleak, Reuters, RIA Novost, Spiegel-Online und Twitter.