In der aktuellen Saison führten die Hauptstädter durch zwei Auswärtserfolge 2:1. Freitag gab es auch hier den 2:2-Ausgleich. Zudem liefen die Gäste als Tabellenzweiter mit einem Punktepolster von acht Zählern auf’s Eis – die Eisbären als Deutscher Meister und Titelverteidiger rangierten nach einer Achterbahn-Tour durch die bisherigen 38 Auftritte auf Platz vier.
Zudem traf die Mannschaft mit den meisten Toren – Berlin – auf eine Formation mit der zweitbesten (und stabilsten) Abwehr – Köln. Und in Vergleichen zweier Teams auf Augenhöhe, hat zumeist jenes mit der solideren Defense die Nase vorn!
Auch der aktuelle Gesundheits-Rapport sprach zugunsten der Schützlinge von Trainer Uwe Krupp, einer nationalen Eishockey-Legende mit NHL-Meriten wie kein anderer deutscher Akteur: Den Berlinern fehlten drei verletzte Spieler. Bei vier weiteren hieß die Aussicht vor Anpfiff: Einsatz fraglich.
Das Quartett mit Kapitän Andre Rankel, Frank Hördler und Laurin Braun, allesamt schon im Nationaltrikot über Eis gekurvt, sowie dem jungen Vincent Schlenker trat dann aber doch in Aktion. Vermutlich mit verabreichten Schmerztabletten und unübersehbar eingeschränkt in seiner Wirkungsweise!
Der Kölner Drei-Punkte-Coup war allein unter diesen Vorzeichen folgerichtig!
Er hat aber durchaus Aspekte, die mit einer gelungenen und weitsichtigen Personalplanung der Kölner zu tun haben.
Während das Management der Berliner seinen Focus fast ausschließlich auf den nordamerikanischen Mark ausrichtet, ist die Scouting-Abteilung der Domstädter breiter ausgerichtet. „Das stimmt“, sagt Cheftrainer Krupp. „Wir haben auch den europäischen Raum im Blick“. Das brachte u.a. neben den beiden Slowenen Rok Ticar (Torschütze gegen Berlin) und Ales Kranjc sowie das schwedische Tre-Kronors-Trio Andreas Falk, Daniel Tjernqvist und Andreas Holmqvist in den 32-er Kader.
„Dass wir die drei bekommen haben, war ein Glücksgriff“, erklärt Krupp. Der frühere schwedische Trainer Hardy Nilsson gab Köln diesen Tipp, als deren Klub Djugarden Stockholm Insolvenz anmelden musste.
„Wir haben die drei dann schon frühzeitig im Juli geholt, weil wir eingespielt in die Saison gehen und nicht noch nachverpflichten wollten. Das bringt Unruhe und braucht Zeit zur Integration.“
Die Eisbären haben auch drei Neue – aus Kanada – geholt: Jamie Arniel, Mark Katic, Matt Foy. Aber keiner hat bislang so sehr der Mannschaft Impulse verleihen können wie auf der Gegenseite das Verteidiger-Duo Holmqvist (sensationell sein Pass vom eigenen Tor an die blaue Linie zum 1:0-Schützen Robinson)/Tjernqvist (36 Jahre/ NHL/ Russland/ Djugarden). Im Sinne der Stabilität haben die Kölner – durch den jüngsten Erfolg wieder an der Tabellenspitze – auf spektakuläre Interims-Gastspiele von NHL-Stars (bei Berlin Briere und Giroux) verzichtet.
Die generellen Abwehrdefizite der Eisbären im aktuellen Geschehen scheinen nicht zufällig. Mit Deron Quint (nach Russland), Derrick Walser (Russland/ jetzt Schweiz) und zuletzt Richie Regehr (derzeit Schweden) hat man in der Vergangenheit immer wieder überragende Defensivkräfte ziehen lassen oder nicht halten können, die maßgeblich Anteil an eingefahrenen Meisterschaften besaßen.
Im Ergebnis der Eisbären-Philosophie – wir wollen den Zuschauern Offensiv-Spektakel und sportliche Unterhaltung bieten – hat man nach Ende des NHL-Lockouts Corey Locke geholt. Einen kanadischen Spielmacher aus Finnland, der vor allem wegen athletischer Nachteile den Sprung in die NHL nicht geschafft hat. Im dritten DEL-Spiel gegen Köln konnte er – logischerweise – kaum Akzente setzen.
Berlins Cheftrainer Don Jackson, seit einigen Tagen mit Wechsel-Gerüchten nach München konfrontiert (Es gäbe keine Gespräche „und über persönliche Dinge rede ich nicht in der Öffentlichkeit“), meint zu Locke: „Ich glaube, Spielverständnis und Passqualitäten sind bereits zu erkennen. Auch in der Defensivarbeit weiß er, was zu tun ist. Er wird uns – wie andere – helfen, wenn er richtig fit ist.“
Kehrt man zur Binsen-Weisheit zurück „Mit der Offensive gewinnst du Spiele – mit der Defensive Meisterschaften“ und fragt den Defensiv-Strategen Krupp, ob dieser Teil seines Aufgebots schon titelreif sei, dann antwortet er: „Das werden wir erst nach den Play-offs sehen. Ich denke insgesamt, dass etwa sechs Mannschaften dafür infrage kommen. Doch Bester der Vorrunde garantiert keine Meisterschaft. Die Eisbären waren im Vorjahr auch nicht die Nummer eins nach der Hauptrunde, waren dann aber in den Play-offs die Stärksten.“
Was indirekt die Anhänger der Berliner hoffen lässt, die 13 Partien vor Abschluss der 52-er Normalrunde bestenfalls noch Dritter hinter Köln und Mannheim werden könnten.