Cuxhaven, Deutschland (Weltexpress). Nordseewellen trekken fast überall am Mare Germanicum an den Strand, denn Mare Germanicum ist und bleibt die lateinische Bezeichnung für die Nordsee, die lange so und anders, nämlich: Deutsches Meer, genannt wurde. Dort, wo am Deutschen Meer noch deutsch gesprochen wird, jedenfalls die überwiegende Zahl für den Blick über den Deich zahlende Zweibeiner mit deutscher Zunge sie belagern, wird sie wenigstens noch Deutsche Bucht sowie hier in diesem Teil und heute Helgoländer Bucht genannt.
Eine Hafenstadt der Deutschen Bucht, die etwas unter eine Millionen Touristen im Jahr besuchen, ist Cuxhaven. Die Seestadt, wie Werbenutten sie nennen, liegt an der Mündung der Elbe in die Westsee, wie noch im letzten und vorletzten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung das Mare Germanicum genannt wurde und zwar analog zur Ostsee, die auch unter der Bezeichnung Baltische See oder Baltisches Meer, abgeleitet vom lateinischen Mare Balticum, bekannt ist.
Doch weg vom Brackwasser, das zwar nicht aus dem größten Fischereihafen der Berliner Republik verschwindet, aber vom Strand, der von der Kugelbaake, einem alten See- und immer noch Wahrzeichen der Stadt, und also von Döse bis Duhnen reicht, hin nach Sahlenburg, wo auch noch ein Stück Strand ist, zwar schmal wie Hans, aber an dem neben Urlaubern auch mitgereiste Vierbeinen willkommen sind.
In Sahlenburg, einer wie Döse und Duhnen politisch einkassierten Landgemeinde, steht achter de Diek dort, wo Jahre lang Abwasser geklärt wurde, nach neunmonatiger Bauzeit 2015 das neue UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer-Besucherzentrum, das am 21. Oktober 2015 offiziell eingeweiht wurde. Über den Dünenweg oder die Hans-Claussen-Straße ist das sachliche Gebäude im schlichten Schuhkartonformat bequem zu Fuß zu erreichen.
Der kantige Kasten besteht offensichtlich überwiegend aus Holz und bietet durch große Glasfronten gute Ausblicke auf das Wattenmeer zwischen Weser und Elbe bis raus zu den drei Hamburger Inseln Neuwerk, Nigehörn und Scharhörn.
Scharen von Besuchern laufen Tag für Tag von Sahlenburg los am Schlickwatt vorbei über Sand- und Mischwatt nach Neuwerk. Hunderttausende Menschen sollen es sein, die Jahr für Jahr im Cuxhavener Watt wandern.
Bei Sahlenburg kommen noch Hunde und Pferde hinzu. Die ziehen nicht nur bei Ebbe Kutschen übers Watt. Viele Reiter schreiten, traben und galoppieren mit ihren Rössern oder geliehenen Gäulen in den Sommermonaten die Küste bei Sahlenburg rauf und runter.
Über das Watt im Allgemeinen und das Cuxhavener beziehungsweise Sahlenburger Watt im Besonderen können Besucher im Wattenmeer-Besucherzentrum Wissen mehren, doch Geest wie das Geestkliff zwischen Sahlenburg und Duhnen mit der Duhner Küstenheide und Marsch kommen nicht zu kurz. Geest, Marsch und Watt, das ist der Dreiklang an der Küste und nicht das Nebelhorn. Zwar funktioniert die Klangerzeugung wie bei einer Klarinette, doch kann ein Nebelhorn mit der immensen Tonvielfalt und Klangfülle einer Klarinette nicht mithalten. Das kann man bei Dunst vorm Deich gut hören.
Neben dem Augenmerk auf Fische, die in Gefäßen aus Glas gehalten werden – wer mag, der darf sich die Nase an den Scheiben der Aquarien plattdrücken und Flundern finden, und allerlei anderer Salzwasser- und Wattbewohnern geraten unsere gefiederte Freunde nicht aus dem Blick. Die Vögel sind nicht wie die Fische eingesperrt sondern ausgestopft. Frei Vögel sind im „Duhner Anwachs“, eine Salzwiese und ein Hochwasserrastplatz, bestens zu beobachten.
Das Gute an den Kopfarbeitern im Besucherzentrum ist, dass sie mit ihren Gästen auch raus ins Watt. Allerdings sind die Wanderungen ins Sahlenburger Watt witterungs- und gezeitenabhängig. Im Sommer geht es auch in die Salzwiese und Heide.
Draußen und drinnen können Besucher bei einer Führung folgen. Allerdings bieten die Veranstalter der Dauerausstellung auch ein Audioguide genanntes Hörgerät. Einiges von dem, was Wattwurf Piet vom Diek einem auf dem Weg durch die 450 Quadratmeter große Ausstellung freundlich ins Ohr flüstert bleibt auch im Kopf. Und das ist gut so. Deswegen lohnt sich nicht nur bei Schietwetter das Reingehen ins Wattenmeer-Besucherzentrum bei der Hafenstadt Cuxhaven. Und beim Rausblicken auf die Nordseewellen, die an den Strand trekken, nicht das Rausgehen ins Sahlenburger Watt vergessen.