Das Ensemble des bis Mai 2008 fertigzustellenden Seewasseraqariums, größtes seiner Art in Europa, ist von Wasser umspülten Steinen nachempfunden. Der Entwurf stammt aus dem Hause Behnisch Architekten in Stuttgart. Er setzte sich 2002 in einem Wettbewerb durch. Eines der berühmtesten Objekte des renommierten Büros ist das Münchener Olympiastadion.
Die Ausstellungen und Aquarien zeigen den größten Lebensraum der Erde – das Meer. Der Schwerpunkt liegt dabei erstmals auf der ausführlichen Präsentation von Merkmalen und Besonderheiten heimischer Meere wie der Nord- und Ostsee. Das ist beispielhaft für die Bundesrepublik und den gesamten Ostseeraum und ein nicht zu überschätzenden Beitrag für das Umweltbewusstsein.
Das OZEANEUM bringt für Deutschland den Anschluss an die international stark expandierende publikumsnahe Meereskunde und ist zu einer strukturbestimmenden Institution für das ganze Land Mecklenburg-Vorpommern geworden: im wahrsten Sinne des Wortes zu einem „kulturellen Leuchtturm“ der Ostseeküste.
Zeitgenössischer Akzent
Am 11. Juli 2008 eröffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Stralsunds Hafeninsel mit dem OZEANEUM einen weiteren Standort des Deutschen Meeresmuseums und zugleich Deutschlands größten vom Bund geförderten Museumsneubau. Mit einer Million Besuchern nach rund zwölf Monaten seit der Eröffnung entwickelt sich das OZEANEUM Stralsund zu einem Besuchermagneten ersten Ranges. Das Hafenpanorama der UNESCO-Welterbestadt erhielt mit dem spektakulären Neubau einen deutlichen, zeitgenössischen Akzent.
Zum Teil riesige Meerwasseraquarien beschreiben eine europaweit einzigartige Reise durch die Unterwasserwelt der nördlichen Meere: Die Entdeckungstour im Ostseeaquarium beginnt mit dem Stralsunder Hafenbecken. Durch die Boddengewässer und Seegraswiesen vorbei an der Kreideküste und durch die Schärensee Skandinaviens erlebt der Besucher die vielfältige Flora und Fauna des Meeres vor unserer Haustür. Die größten Fische des Ostseerundganges sind die Störe, die im Lebensraum Flussmündung gezeigt werden.
Die Schaubecken im Gebäude „Nordseeaquarium“ zeigen die Lebensräume der Nordsee, des Nordatlantiks und des Polarmeeres. Helgoland, der einzigen Felseninsel Deutschlands, ist ein aufwändig gestaltetes Tunnelaquarium gewidmet. Ein Gezeitenbecken simuliert Ebbe und Flut und auch im Brandungsbecken herrscht rege Bewegung. Das größte Becken im OZEANEUM fasst 2,6 Mio. Liter Wasser und zeigt Schwarmfische, Rochen und zwei Mondfische im offenen Atlantik. Insgesamt enthalten die Aquarien im OZEANEUM 6 Mio. Liter, die mit über 150 Tonnen Salz aufbereitet wurden. Bei der Technik gelten strenge ökologische Kriterien und die Tiere werden artgerecht gehalten. Die beiden über 20 Tonnen schweren und mehr als 30 Zentimeter starken Acrylscheiben bieten auf zwei Ebenen zusammen über 80 m ² Sichtfläche.
Vielfalt des Lebens
Mit den neuen Aquarien zu den nördlichen Meeren im OZEANEUM und mit den farbenfrohen, tropischen Aquarien im traditionsreichen MEERESMUSEUM wird Stralsund Spitzenreiter der Meerwasseraquarien in Nordeuropa.
Im Konzept der Ausstellungsmacher sind die Aquarien die lebendige Ergänzung zu den Ausstellungen, die zahlreiche seltene Originale und von der hauseigenen Präparation gelieferte Tiere und Pflanzen zeigen. Das OZEANEUM zeigt die größte Ostseeausstellung in ganz Europa mit Planktoninstallation, interaktivem Ostseetisch, einem Relieftisch und großen, dreieckigen Vitrinen. Weitere Ausstellungen sind „Weltmeer – Die Vielfalt des Lebens“, ein „Meer für Kinder“, ein Bereich mit Großexponaten der Meeresforschung sowie Sonderausstellungen.
Wahrlich atemberaubend ist die gemeinsam mit Greenpeace umgesetzte Ausstellung „1:1 – Riesen der Meere“: Über die gesamte Raumhöhe schweben Nachbildungen von Walen in Originalgröße. Das größte Exponat ist die Nachbildung eines Blauwals mit einer Länge von 26 Metern. Außerdem sind ein abtauchender Pottwal im Kampf mit einem Riesenkalmar, ein Schwertwal sowie ein Buckelwal mit Jungtier zu sehen. Dramaturgisches Highlight ist eine Multimedia-Inszenierung mit den tiefen, Hunderte von Kilometer reichenden Tönen des Blauwals, den Gesängen des Buckelwals oder den Klicks der Pottwale, anhand derer sie ihre Beute in bis zu 3.000 Meter Tiefe aufspüren.
Die Sonderausstellung „SEAMORE“ von Betty Schöner ist noch bis November 2009 im OZEANEUM zu sehen. Großformatige Aufnahmen zeigen beeindruckende und überraschende Details und Perspektiven von Meeresbewohnern und Pflanzen, die in der Natur häufig übersehen werden.
Geschichte
Die Geschichte des Deutschen Meeresmuseums (dmm) reicht über ein halbes Jahrhundert zurück. 1951 bezog eine kleine Sammlung als städtisches Naturkundemuseum das ehemalige Katharinenkloster in Stralsund, das bis dato als Gymnasium genutzt wurde. Das Haus entwickelte sich zu dem international anerkannten Museum der Meereskunde und Fischerei der DDR. Mit der Wanderausstellung „Meer und Museum“ im Jahre 1981 konnte das meistbesuchte Museum Ostdeutschlands auch im damaligen Westdeutschland sowie in Dänemark auf sich aufmerksam machen. Nach der Wende wurde das Haus in eine Stiftung überführt und umbenannt in Deutsches Meeresmuseum (dmm).
Neben dem Hauptstandort in der Stralsunder Altstadt verfügte Deutschlands einziges Museum für Meereskunde und Fischerei bislang über zwei weitere Standorte. Im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, am Darßer Ort, informiert das NATUREUM seit 1991 über Landschaft und Tierwelt des Darß. 1999 öffnete auf der Insel Dänholm das NAUTINEUM als Ausstellungszentrum für Fischerei, Meeresforschung, Hydrografie und Seewasserstraßen. Seit dem Sommer 2008 werden im OZEANEUM Stralsund die Unterwasserwelten der nördlichen Meere sowie Exponate der Meereserforschung gezeigt. Mit 600.000 Besuchern im Jahr war das dmm bereits das meistbesuchte Museum Norddeutschlands. Am 4. Dezember 2008 wurde erstmalig die Grenze von einer Million Besuchen überschritten, davon entfielen über die Hälfte auf das OZEANEUM nach nur vier Monaten seit seiner Eröffnung.
Hafenblick und RotBARsch
Die Nutzungsmöglichkeiten am Standort Katharinenkloster sind bereits seit Jahren ausgereizt, sodass eine Erweiterung nötig war, um dem Anspruch des Hauses, zu den führenden Museen zu gehören, auch in Zukunft gerecht zu werden. Ende der 90er Jahre nahm der Gedanke an einen Neubau konkrete Formen an, woraufhin im Januar 2001 ein internationaler Architekturwettbewerb ausgelobt wurde. Die Stadt Stralsund stellte für den Neubau ein Grundstück auf der nördlichen Hafeninsel zur Verfügung.
Der Gewinner des Wettbewerbs, das renommierte Büro Behnisch & Partner, entwarf einen aus vier Baukörpern bestehenden Gebäudekomplex. Die vier Gebäude beinhalten:
Gebäude 1: Familienrestaurant „Hafenblick“, Ausstellungen „Weltmeer – Die Vielfalt des Lebens“, „Die Ostsee“, Ausstellungsbereich „Erforschung und Nutzung der Meere“ sowie Kapazitäten für Sonderausstellungen
Gebäude 2: Ostseeaquarium
Gebäude 3: Nordseeaquarium mit 2,6 Mio-Liter-Becken „Offener Atlantik“, Tunnelaquarium, Nordpolaraquarium und Ausstellung „Ein Meer für Kinder“, Dachterrasse
Gebäude 4: Ausstellung „1:1 – Riesen der Meere“
Im historischen Speicher neben dem OZEANEUM befinden sich die Verwaltung, Funktionsräume der Museumspädagogik, ein Kongresszentrum sowie Bereiche des Familienrestaurants „Hafenblick“ und die Bar „RotBARsch“.
Die Gesamtkosten für den Bau des OZEANEUMs beliefen sich auf 60 Mio. €. Davon trug die Bundesrepublik Deutschland 30 Mio. €, das Land Mecklenburg-Vorpommern 17 Mio. €, die Stadt Stralsund 5,5 Mio. € und die Stiftung Deutsches Meeresmuseum 7,5 Mio. €.
Einzigartige Ziele
Das Museum ist durch seinen Erlebnischarakter für ein breites Publikum konzipiert und lädt zur lebendigen Auseinandersetzung mit den Unterwasserwelten ein. Das Original-Exponat steht dabei im Mittelpunkt des Museumskonzeptes – die Vielfalt an Originalen im OZEANEUM ist einzigartig. Veranstaltungen und Symposien vervollständigen das breite Angebot des OZEANEUMs.
Die wissenschaftliche Arbeit des Museums und das Engagement für die Erforschung der Meere bilden die Basis für die Konzeption der Ausstellung. Diese fundierte Grundlagenarbeit stellt sicher, dass die Ausstellung aktuellen Erkenntnissen entspricht und weit mehr ist als bloße Unterhaltung. Hier wird deutlich, dass wissenschaftlicher Austausch und weltweite Zusammenarbeit zur Einzigartigkeit dieses Projektes beitragen. Die herausragende Architektur des Hauses bildet neben den Ausstellungen einen optischen Höhepunkt des OZEANEUMs.
Überblick: Ausstellungen und Aquarien
– insgesamt 39 Aquarien (detaillierte Angaben zu den Großbecken siehe Anhang)
– Wassermenge: insgesamt 6 Mio. Liter, für die ca. 150 Tonnen Salz benötigt werden, davon 2,6 Mio. Liter im größten Becken
– Wassertemperatur: von 12 ° C im Ostseebecken bis 0 ° C im Polarmeerbecken
– größtes Aquarium: „Offener Atlantik“ mit einer Grundfläche von ca. 300 m2, geschwungene Panoramascheibe aus Acryl, 5 m x 10 m groß, ca. 30 cm dick
– Anzahl lebende Tiere: ca. 7.000, überwiegend Fische
– 4 Ausstellungen zu den Themen: „Weltmeer – Die Vielfalt des Lebens“, „Die Ostsee“, Erforschung und Nutzung der Meere“ mit raumhohen, dreieckigen Glasvitrinen mit zahlreichen präparierten Tieren und „1:1 – Riesen der Meere“
– wechselnde Sonderausstellungen (bis November 2009 „SeAmore“ von Betty Schöner)
Aquarien-Technik
Die gesamte Technik befindet sich im Techniksockel unter dem Ostsee- und dem Nordseeaquarium. Die Aquarien selbst sind um einen Wärterraum angeordnet, der für den Besucher nicht einsehbar ist. Von hier aus werden die Becken gereinigt, die Tiere gefüttert und gepflegt.
Gebäude
– Entwurf: Behnisch & Partner, Stuttgart, 1. Preis Architekturwettbewerb 2002
– Gebäudenutzfläche: 8.700 qm
– 4 Baukörper mit 4 Ebenen
– weitgehend barrierefreies Gebäude
– offen gestaltetes Foyer mit Glasfassade und Glasdach
– Familienrestaurant, Museumsshop
– längste, freitragende Rolltreppe Europas mit einer Länge von 31 m
– Fassadengestaltung: helle Stahltafeln, wie sie im Schiffsbau verwendet werden, Größe bis 16 x 3 m
Daten
– Auslobung des Architekturwettbewerbs am 02.01.2001
– Preisverleihung zum Architekturwettbewerb am 16.05.2002
– Übergabe der Fördermittelbescheide am 10.08.2005
– 1. Spatenstich am 06.09.2005
– Baubeginn am 04.10.2005
– Grundsteinlegung am 15.09.2006
– Feierliche Eröffnung am 11.07.2008
– Eröffnungswochenende für das Publikum am 12. & 13. Juli 2008
– Geburtstagswochenende zum einjährigen Bestehen des OZEANEUMs am 11.07.2009
Ökologie groß geschrieben
Mit der Ausstellung „1:1 Riesen der Meere“ haben das Deutsche Meeresmuseum und die Umweltorganisation Greenpeace eines der Highlights des OZEANEUMs geschaffen. Doch ihre Zusammenarbeit geht weit darüber hinaus. Greenpeace war von Anfang an in das Großprojekt OZEANEUM eingebunden und trug maßgeblich dazu bei, dass das Haus umweltfreundlich gebaut und auch betrieben wird.
Hinter den Kulissen eines modernen Museums mit Aquarium steckt ein enormer Technikapparat, der viel Energie benötigt. Dafür bezieht das Deutsche Meeresmuseum für das Stammhaus im Katharinenkloster und den Neubau Ökostrom aus Wasserkraft. Und wo es nur geht, wird Energie gespart: unter anderem durch den Einsatz moderner LED-Leuchten, die 60 Prozent weniger verbrauchen als normale Leuchten. Den Wäldern zuliebe stammen alle Bau- und Schmuckhölzer im OZEANEUM aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Und in den Büros sowie bei der Werbemittelproduktion wird mit Recycling-Papier gearbeitet.
„Viele umweltfreundliche Elemente des Gebäudes sind versteckt, aber von erheblicher Bedeutung“, sagt Angela Pieske, Referentin für Kooperationen bei Greenpeace. So arbeiten die Wasserkühlanlagen des Aquariums mit FKW- und H-FCKW-freien Kältemitteln: ohne die ozon- und klimaschädlichen Stoffe Fluor und Chlor. Und bei den rund 40 Kilometern Elektro-Kabel in Wänden, Böden und Decken wurde auf das Material Polyvinylchlorid (PVC) verzichtet, ebenso bei allen Rohrleitungen und Bodenbelägen.
Warum? Zum einen ist die Herstellung und Entsorgung dieses Kunststoffs enorm energieaufwändig, zum anderen enthält PVC giftige Weichmacher sowie schwermetallhaltige Stabilisatoren. Noch dazu werden im Falle eines Brands hochgiftige Dioxine und Salzsäure freigesetzt.
Bei der Auswahl und Haltung von Aquariumtieren ist viel Wissen und Erfahrung gefragt. Damit sich Fisch, Krebs und Co. wohlfühlen, ist die Beckengestaltung im OZEANEUM an deren natürlicher Umgebung orientiert. Die zierlichen Seenadeln etwa lieben Seegraswiesen, in denen sie sich verstecken können. Und Aale brauchen Rückzugsmöglichkeiten: Im „Stralsunder Hafenbecken“ verkriechen sie sich bevorzugt unter alten Tonrohren.
Fisch auf der Karte
Meeressäuger wie Robben und Schweinswale sowie größere Raubfische wie Hammerhaie sind im OZEANEUM tabu. Denn diese Tierarten legen von Natur aus große Strecken in den Meeren zurück und brauchen viel Freiraum. Auch vom Aussterben bedrohte Tiere und Exoten sucht man vergebens. Stattdessen sind Bewohner aus Ostsee, Nordsee und dem Nordatlantik zu bewundern. „Unter den Tropenfischen sind viele gefährdete Arten, und der Transportweg ist zu lang, viele Tiere würden die Tour nicht überleben“, erklärt Angela Pieske. Aber noch aus einem anderen Grund mache es Sinn, den Museumsgästen die nördlichen Meere vor ihrer Haustür näher zu bringen. „Viele Menschen kennen Kabeljau, Scholle und Makrele wahrscheinlich nur als Tellergericht“, sagt die Greenpeace-Mitarbeiterin. Wer die Fische seiner Heimat lebendig im Aquarium erlebt, wird seinen Konsum vielleicht überdenken und selbst etwas zum Schutz der Meere beitragen.“
Im Restaurant des OZEANEUMs steht zwar Fisch auf der Karte. Doch das Angebot umfasst nur Arten aus heimischen Gewässern, die noch reichlich vorhanden sind und schonend gefangen werden. Nach diesen Kriterien gibt es momentan nicht viel Auswahl. Hauptsächlich Hering ist in allen Variationen zu genießen.