Berlin, Deutschland (Weltexpress). Eine der immer wieder in Jüngers Werk irgendwie auftauchenden Figuren, ist der Karl-May-Held Old Shatterhand. Er ist meist eine jugendliche Erinnerungsfigur, die in brenzligen Situationen über den Berg hilft, bzw. eine sensible Leseratte mit dem Hang zum Abenteuer Glück in einsamen Lesenächten verschafft. In Jüngers Titelgeschichte taucht er auch wieder auf, um dem „schwierigen“ Knaben Lebenshilfe zu erteilen. Die drei sehr unterschiedlichen Erzählungen geben einen guten Einblick in Jüngers Themenwelt. Abenteuer und das Drama der Vereinzelung, Flucht in die Zukunft und die geheimnisvolle Pracht archaischer Kopflandschaften. Dazu hat Thomas Hettche ein einfühlsames Essay verfasst, worin er die Bedeutung des Schriftstellers und Sprachsüchtigen Jünger für die deutsche Literatur festhält.
Auch wenn Jünger heute manchmal recht antiquiert erscheint, spürt man doch immer wieder diese sensible Nuancierung von Themen und Problematiken in seiner Literatur. Ohne die Dinge klar zu benennen, schafft er es durch den Anriss, seine Leser in einen eigenartigen Lese=Sog zu ziehen.
Prädikat: kann man lesen!
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Ernst Jünger, Späte Rache, Erzählungen, mit einem Essay von Thomas Hettche, 125 Seiten, Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2017, ISBN: 3-608-96074-7, Preis: 20 Euro